Nach Geständnis

Josef Martinz tritt als Kärntner ÖVP-Obmann zurück

Österreich
25.07.2012 19:53
Nächster Knalleffekt in der "Causa Birnbacher": Josef Martinz tritt als Kärntner ÖVP-Obmann zurück, wie er am Mittwoch nach seinem Geständnis im Strafprozess zu dem Fall erklärte. Außerdem werde er aus der Partei austreten. Zuvor hatte er vor Gericht gestanden, er und der ehemalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hätten nach der Abwicklung des Hypo-Verkaufes die Idee entwickelt, "dass etwas an die Parteien gehen soll".

Zu Beginn der Verhandlung hatte der Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher sein am 11. Juli im Prozess getätigtes Geständnis erweitert und Martinz damit weiter belastet. Mit seiner Stellungnahme vor dem Landesgericht Klagenfurt wolle er "einen Beitrag zur angeklagten Tat" sowie eine Wiedergutmachung und nun "vielleicht wirklich einen Dienst am Land leisten", erklärte Birnbacher gegenüber Richter Manfred Herrnhofer. Er bereue es, "dass ich bei dieser Verschleierung mitgemacht habe, und bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen".

"Drittellösung mit Martinz vereinbart"
Birnbacher belastete verschiedene ÖVP- und FPK-Politiker schwer. Mit Martinz sei bereits im Jahr 2007 ausgemacht gewesen, dass es für das damalige Honorar von zwölf Millionen Euro eine "Drittellösung" geben solle. Also ein Drittel für Birnbacher, ein Drittel für die ÖVP und ein Drittel für die Freiheitlichen. Später wurde das Zwölf-Millionen-Honorar, das Birnbacher für seine Beratertätigkeit beim Verkauf der Kärntner Hypo an die BayernLB kassieren sollte, auf sechs Millionen Euro halbiert. Die Forderungen an Birnbacher blieben aber aufrecht.

Auf die Frage, wie er denn das Geld an die ÖVP überweisen solle, habe Martinz geantwortet, dass er Personalkosten übernehmen und Rechnungen für die Partei bezahlen könne, so Birnbacher. "Martinz hat gesagt, dass er sich in Wien kundig gemacht habe, welche Möglichkeiten es da gibt", erklärte der Steuerberater. Konkret habe Martinz mit Ex-Innenminister Ernst Strasser gesprochen, denn der habe "das entsprechende Know-how gehabt", so Birnbacher. Strassers Anwalt Thomas Kralik dementiert das am Nachmittag. "Es hat ein derartiges Gespräch, wie von Birnbacher behauptet, nie gegeben", sagte der Jurist. Strasser habe kein derartiges Wissen.

"Haider forderte eine Million Euro"
Auch der inzwischen verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider habe von Birnbacher Geld - nämlich eine Million Euro - gefordert. "Eine Million wird wohl drinnen sein für die Partei", soll Haider bei einem Gespräch im Jänner 2008 gesagt haben, erklärte der Steuerberater. Die technische Abwicklung der Zahlungen hätte gleich laufen sollen wie bei der ÖVP.

Im Sommer 2008 hatte Martinz dann Birnbacher angekündigt, dass er ihm "etwas herunterreißen" werde. In der Folge bezahlte Birnbacher eine Rechnung über 35.000 Euro plus Umsatzsteuer. Die Rechnung legte die Anwältin von Martinz, Astrid Wutte-Lang, und zwar für "Rechtsberatung im Zusammenhang mit Medienberichterstattung". Weitere 65.000 Euro übergab Birnbacher an Martinz bei einer Weihnachtsfeier in Villach in einem Kuvert.

Im Jahr 2009 seien schließlich Landesrat Harald Dobernig (FPK) und FPK-Parteichef Uwe Scheuch an ihn herangetreten. Dobernig habe erklärt, von der Abmachung über eine Million Euro mit Haider zu wissen, meinte Birnbacher. Letztlich hätten die FPK-Politiker 500.000 Euro verlangt, geflossen sei aber nichts mehr. "Haider war ja schon tot", erklärte Birnbacher.

Martinz bestätigte Birnbachers Angaben teilweise
"Die Angaben von Birnbacher stimmen", erklärte Martinz nach dem Geständnis des Steuerberaters. Er bestätigte vor Gericht auch, von Birnbacher bei der Weihnachtsfeier in Villach 65.000 Euro in einem Kuvert übernommen zu haben. Dass weitere 35.000 Euro der ÖVP über eine Rechnung, die just die Verteidigerin von Martinz gestellt hatte, zugutegekommen seien, daran konnte Martinz sich angeblich nicht erinnern, genauso wenig wie daran, dass er sein Know-how, wie solche Geschäfte abzuwickeln seien, von Strasser bekommen haben soll.

Während sich Birnbacher unaufgefordert für seine Handlungen entschuldigt hatte, musste Martinz dazu erst vom Richter aufgefordert werden, erklärte aber schlussendlich: "Ich bin im Ursprung des Geschäftes mit Haider nicht unter einer Decke gesteckt, es war aber ein Fehler, sich auf diese Machenschaften einzulassen."

Nach den neuerlichen Geständnissen wurde der Prozess vertagt und soll am 6. August fortgesetzt werden. Da Anwältin Wutte-Lang von Birnbacher belastet wurde, muss sich Martinz eine neue Verteidigung suchen. Wutte-Lang erklärte aber noch im Gerichtssaal, dass sie nichts mit der Parteienfinanzierung zu tun habe.

"Persönlich und politisch ein Fehler, den ich zutiefst bereue"
In einer Stellungnahme nach der Verhandlung gab Martinz dann bekannt: "Es tut mir leid, dass ich mich auf das System Haider eingelassen habe. Es war persönlich und politisch ein Fehler, den ich zutiefst bereue. Ich habe innerhalb der ÖVP alleine gehandelt und übernehme auch die alleinige Verantwortung dafür. Ich stand unter dem enormen Druck, die Parteifinanzen sanieren zu müssen."

Spindelegger: "Parteiaustritt einzig richtige Konsequenz"
ÖVP-Bundesparteiobmann Michael Spindelegger erklärte, dass Martinz' Rücktritt "richtig und notwendig war". "Mit dem umgehenden Parteiaustritt wird der Weg endgültig frei für einen Neustart in der Kärntner ÖVP", so Spindelegger. "Persönlich bin ich zutiefst enttäuscht von Josef Martinz. Aufgabe der Politik ist es, den Menschen zu dienen. In meiner ÖVP dulde ich kein solches Fehlverhalten. Unsere vielen Funktionärinnen und Funktionäre, die tagtäglich für unsere Gesinnungsgemeinschaft arbeiten, verdienen eine Parteispitze, die für Ehrlichkeit und Anstand in unseren Reihen sorgt."

SPÖ, Grüne und BZÖ fordern Neuwahlen in Kärnten
Die Kärntner SPÖ und die Grünen forderten umgehend die Auflösung des Landtages und Neuwahlen, auch BZÖ-Chef Josef Bucher hält diese für unumgänglich. "Dieses ÖVP/FPK-Syndikat ist eine massive Belastung für Kärnten und für Österreich. Das haben sich die Kärntnerinnen und Kärntner sicher nicht verdient", so Bucher.

Ähnliche Worte kamen von der Kärntner SPÖ: "Es ist unvorstellbar, welche dubiosen Geschäfte Martinz, Haider und - wie Birnbacher behauptet - auch FPK-Dobernig und FPK-Obmann Scheuch auf Kosten der Steuerzahler abgezogen haben", hieß es in einer Aussendung. "Dörflers FPK/ÖVP-Regierung ist kläglich gescheitert. Alles muss bis ins letzte Detail aufgeklärt werden", forderte SPÖ-Parteichef Peter Kaiser.

Am Freitag um 17 Uhr wird der Kärntner Landtag auf Betreiben der SPÖ zu einer Sondersitzung zusammentreten. Dort wollen die Sozialdemokraten einen Dringlichkeitsantrag zu einem seit 2009 bestehenden Neuwahlantrag stellen. Dieser Antrag hatte es bis dato nie auf die Tagesordnung geschafft, weil die FPK-ÖVP-Koalition dagegen war. Ein Sprecher der SPÖ sagte, man hoffe, dass nun auch der eine oder andere FPK- bzw. ÖVP-Abgeordnete dem Antrag nun zustimmen werde. 

Für die Grünen sind "die Tage der Regierungskoalition gezählt": "Dieser Parteienfinanzierungsskandal übersteigt jedes Maß. Beide Koalitionsparteien haben sich am Steuergeld der Kärntner Bevölkerung vergangen", so der Landtagsabgeordnete Rolf Holub, der auch die Rücktritte der Landesräte Achill Rumpold, Scheuch, Dobernig sowie von Landeshauptmann Dörfler forderte.

Obernosterer wird Martinz-Nachfolger
Am Abend kürte die ÖVP dann den Nationalratsabgeordneten Gabriel Obernosterer zum geschäftsführenden Parteiobmann der Kärntner ÖVP. Der 57-Jährige ist Hotelier im Lesachtal (Bezirk Hermagor) und gilt als umgänglicher Zeitgenosse. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder sowie vier Enkelkinder. Politisch ist er für die ÖVP seit 1985 aktiv. Damals begann er seine Karriere im Gemeinderat von Lesachtal. Seit 2006 ist er Abgeordneter zum Nationalrat.

Vor Journalisten entschuldigte er sich umgehend bei allen "Gutgesinnten und Funktionären. Ich möchte allen vermitteln, dass sie der ÖVP wieder vertrauen können." Er wisse zwar nicht, wo die 65.000 Euro sind, die Martinz von Birnbacher kassiert haben soll. "Sollte irgendetwas damit gezahlt worden sein, werden wir es zurückzahlen", sagte Obernosterer. Das Vertrauen der ÖVP-Sympathisanten wolle er mit seiner "Geradlinigkeit" zurückgewinnen.

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