Fast fünf Millionen reine Überstunden leisteten heimische Polizisten im Vorjahr. Während die Arbeitsbelastung immer höher wird, halten die Neuanwerbungen nicht mit den Pensionierungen Schritt, warnt die SPÖ. Zudem wird der Job der Polizisten immer gefährlicher, die Zahl der Verletzungen im Dienst steigt.
Die Personaloffensive der Bundespolizei wird auch im heurigen Jahr konsequent fortgesetzt. Ziel ist es, 2500 Polizisten in die Grundausbildung aufzunehmen, kündigten Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Bundespolizeidirektor Michael Takács im Jänner an. Als Gründe für den durchaus positiven Trend bei den Bewerbungen wurden unter anderem ein besseres Einstiegsgehalt, Gratis-Klimaticket für Polizeischüler, Kostenersatz beim Führerschein und auch lockerere Tattoo-Regeln genannt.
So gut wie keine „Work-Life-Balance“
Allerdings hat die Medaille auch noch eine andere Seite: Denn eine „Work-Life-Balance“ – immerhin ein wichtiger Faktor bei den jüngeren Semestern – gibt es im Polizeidienst so gut wie nicht. Der Personalmangel und die Überstundenschinderei sind enorm. Eine regelrechte Anfragen-Serie von SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner deckt nun auf: Fast fünf Millionen Überstunden (siehe Grafik unten) leisteten Österreichs Polizeikräfte im Vorjahr ab.
Vereinfacht dargestellt heißt das, dass die Beamten mittlerweile fast einen ganzen Monat zusätzliche Arbeitszeit an der Dienststelle und auf der Straße verrichten. Zwar waren es im Jahr 2016 sogar noch 6,7 Millionen Überstunden, für Einwallner dennoch unhaltbare Zustände: „Fünf Millionen Überstunden im Jahr sind eine enorme zusätzliche Arbeitslast. Druck, Stress, Frust und Resignation halten so Einzug und gesundheitliche Beschwerden häufen sich. Unsere Polizisten haben sich einen klaren Fahrplan vom Innenminister verdient, um ihre Arbeitslast zu senken“, mahnt Einwallner.
Überstunden sind aber nur „Spitze des Eisbergs“
Mit den Überstunden ist aber noch nicht das ganze Ausmaß der Mehrarbeit in der Exekutive erfasst. Was in der Überstundenstatistik keinen Niederschlag findet, aber über die geregelte Normalarbeitszeit hinausgeht, sind die berüchtigten Journaldienststunden. Diese fallen für Beamte im sogenannten Wechseldienst an. Rechnet man diese mit den Überstunden zusammen, kommt man auf mehr als zehn Millionen Stunden, die Österreichs Polizisten außerhalb ihrer „Normalarbeitszeit“ leisten. Ausreichend Zeit für die Liebsten bleibt da also nur in den seltensten Fällen.
Vor allem für den negativen Spitzenreiter Wien muss man sich laut SPÖ bald etwas einfallen lassen. Die wiederholten Aufrufe der Hauptstadt an die Bundesregierung, die Personalstände der Polizei endlich zu verbessern, brachten noch nicht das gewünschte Ergebnis. Der Personalstand sei untragbar, so der Tenor.
Gefährliche Einsätze: 1200 Verletzungen bei Beamten
Der Dienst am Nächsten ist für die heimischen Polizistinnen und Polizisten nicht nur mit horrenden Überstunden, sondern auch mit einer Unzahl an leichten und schweren Verletzungen gepflastert. Allein im Vorjahr registrierte das Innenministerium exakt 1200 Verletzungen – 53 davon wurden sogar als „schwere Verletzung“ klassifiziert – durch Fremdeinwirkung.
Im Vergleich zu den Jahren 2022 (1121 Blessuren) und 2021 (1017) ist das ein neuer trauriger Rekord. Bei den zuständigen Stellen verweist man zwar darauf, dass eben Verletzungen und nicht verletzte Beamte gezählt werden und mittlerweile mehr Exekutivorgane ihren Dienst im Land versehen würden, doch grundlegend besser wird die entsprechende Statistik deshalb auch wieder nicht. Fakt ist, die Gewaltbereitschaft zwischen Boden- und Neusiedler See steigt, und das spüren die engagierten Beamten der Exekutive am eigenen Leib.
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