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Zitierverbot: Harter Kampf um die Pressefreiheit

Medien
25.03.2024 15:30

Im Juni muss die Regierung eine Reform zur Datenverwendung bei Medien schaffen. Es geht u.a. um den Streit in der Politik um das Zitierverbot.

Diskussionen um das Zitierverbot aus Akten zu laufenden Verfahren. Ein heißes Thema. Da brennen auch großkoalitionäre Finger an und Sicherungen durch. Es geht um viel. Chats und deren Veröffentlichung aus Ermittlungsakten beeinflussten nachhaltig die Innenpolitik der letzten Jahre. Es gab Rücktritte, neue Regierungen, es gibt Ausschüsse und Ermittlungen, Prozesse. Vor allem betroffen: die Kanzlerpartei ÖVP.

Schutz der Privatsphäre
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) brachte zusätzliche Dynamik ins politische Spiel. Im Bereich des Redaktionsgeheimnisses für Medien verlangen die Höchstrichter Änderungen. Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken dürfen demnach nicht prinzipiell von den Bestimmungen des Datenschutzes ausgenommen werden. Das könnte weitreichende Konsequenzen haben. Etwa beim Quellen- und Informantenschutz. Der Gesetzgeber muss bis Juni 2024 für eine Neuregelung sorgen. Das sorgt für Unruhe nicht nur in der Koalition.

Neben zahlreichen Medienvertretern und Juristen fürchten die Grünen, dass Medien in ihrer wichtigen Funktion des Aufdeckens von Missständen behindert werden könnten. Die ÖVP indes sehnt sich nach dem deutschen Modell - dort darf nicht wörtlich aus Ermittlungsakten zitiert werden. Sondern lediglich interpretativ abgeleitet publiziert werden. Das erhöhe den Schutz der Privatsphäre und verhindere, dass – wie in Österreich – oftmals Beschuldigte aus Medien über ihre Chats erfahren und sich eben jahrelang am medialen Pranger wiederfinden würden.

Es spießt sich zwischen Türkis und Grün. Die ÖVP sei nur bereit, bei einer Reform des Medienprivilegs, wenn die Grünen dem Zitierverbot zustimmen, hört man vom kleinen Koalitionspartner. Letzteres ist eine klare und schon länger formulierte Forderung von ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Hier hat sie wichtige Unterstützer, vor allem aus Anwalts- und Juristenkreisen, aber auch Gegner. Die Staatsanwaltschaft müsste nach der Reform jeden Artikel prüfen nach strafrechtlichen Problemen, heißt es. Das wäre ein Riesenaufwand. Und ein Einschnitt in die Pressefreiheit.

Fragwürdiges deutsches Modell
Es könnte zu permanenten rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, was Medien von eben diesen Recherchen abschrecken könnte. „Wenn ich immer die Strafdrohung im Raum stehen habe, werde ich es mir doppelt überlegen, wie ich vorgehe“, sagt eine hochrangige Juristin.

Und das deutsche Modell? Die grüne Justizministerin hat sich stets klar dagegen und somit gegen die ÖVP positioniert. Argument: In Deutschland sei dies totes Recht. Mehr Symbolik denn Realität. Das Umschreiben von Sachverhalten statt Zitierung sei problematisch. Zur aktuellen Problematik äußert sich Justizsprecherin Agnes Prammer: „Wir halten Einschränkungen der Pressefreiheit oder gar einen Maulkorb für Journalisten für den völlig falschen Weg – und für brandgefährlich.“

Auch der neue Präsident des Obersten Gerichtshofs (OGH), Georg Kodek, meinte in der „ZiB 2“ des ORF recht süffisant, er vermisse kein Zitierverbot.

Doch was sagen die Rechtsanwälte dazu? Armenak Utudjian, Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammer, zur „Krone“: „Einem generellen Zitierverbot stehen wir nach wie vor sehr skeptisch gegenüber, weil dieses zu Einschränkungen nicht nur für die Tätigkeit von Journalisten, sondern auch zur Beschneidung von Beschuldigtenrechten führen kann. Höchstpersönliche Rechte (v.a. der Privatsphäre) sollten aber stärker als bisher abgesichert werden.“ Auch wenn Datenschutz wichtig sei, dürfe eine Aufweichung des „Medien-Privilegs“ nicht zu Einschränkungen oder gar Aushöhlung der Medienfreiheit führen.

Änderung im Medienrecht
Utudijan ist jedoch strikt für eine Reform der StPO bei Auswertung von Handys und Schutz der Privatsphäre. Ein Aspekt, der letztlich auch mit der Zitierproblematik zusammenhängt.

Norbert Wess ist einer der renommiertesten Strafverteidiger des Landes. Er warnt einerseits vor medialer Vorverurteilung durch Berichterstattung bei laufenden, vor allem clamorosen Verfahren, betont jedoch auch gleichzeitig die Bedeutung der „Vierten Macht im Staat“ zur Kontrolle der Mächtigen. Er plädiert für eine Änderung im Medienrecht, wo das Problem auch thematisch korrekterweise zu verorten sei. Man müsse eine Verschärfung bei Verletzung von persönlichen und sensiblen Inhalten und Daten andenken. Ein zentraler Punkt in der Debatte um veröffentlichte Chats der letzten Jahre. Was ist privat, was „abstrakt“ relevant? Was wird veröffentlicht?

Fest steht: Laut mehreren Beteiligten sei der erste Entwurf aus dem Justizministerium – höflich formuliert – ausbaufähig bzw. überarbeitungswürdig. Die Zeit drängt. Bis Mitte April muss ein konkreter Entwurf da sein, um noch rechtzeitig im Parlament zu landen. Das klingt sportlich, angesichts der an Blockaden reichen jüngeren Vergangenheit. Um auf einen türkis-grünen Zweig zu kommen, braucht es einer ordentlichen Kraftanstrengung.

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