Kritik von den Grünen

Ministerin Raab lud zur „Leitkultur“-Expertenrunde

Politik
28.03.2024 13:44

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) beginnt mit der Ausgestaltung einer österreichischen „Leitkultur“ und lud dazu für Donnerstag zur Expertenrunde. Thema sei, wie der Grundkonsens des Zusammenlebens gestärkt werden könne, sagte Raab zuvor mit Verweis auf Zuwanderer aus anderen Kulturen. Grüne und SPÖ kritisierten die Besetzung der Runde.

Dass man sich im Zuwanderungsprozess mit Werten auseinandersetze, sei mittlerweile akzeptiert und gewünscht, sprach Raab die Wertekurse an. Denn hierzulande selbstverständliche Werte wie der Rechtsstaat, die Demokratie, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie die Pressefreiheit seien etwa für jene, die nach Österreich flüchten, nicht immer selbstverständlich. Schließlich kämen sie aus Kulturen, in denen Frauen weniger wert seien und in denen in Österreich verbotene Praktiken wie Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat vorherrschten.

„Inakzeptables Verhalten auf dem Rücken der Frauen“
Die österreichische Identität sei aber mehr als die Gesetze des Landes – „es geht eben auch um einen klaren Grundkonsens im Zusammenleben“. Dieser soll verhindern, dass es statt einem „Miteinander“ ein „Nebeneinander“ gibt. Für die überwiegende Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund sei es kein Widerspruch, die österreichischen Identität zu leben, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen, betonte die Ministerin. Dass es den von ihr gewünschten Grundkonsens aber noch nicht überall gibt, zeige sich etwa in Beschwerden von Ärztinnen oder Lehrerinnen: Manche Männer würden in Krankenhäusern nach männlichen Ärzten verlangen, manche Burschen hätten keinen Respekt gegenüber Lehrerinnen. Das sei inakzeptables Verhalten, „meistens auf dem Rücken der Frauen und Mädchen“.

Als Integrationsministerin soll Susanne Raab eine „Leitkultur“ erarbeiten, wie sie sich ihre ÖVP in ihrem Wahlkampfprogramm zum Ziel gesetzt hat. (Bild: APA/BUNDESKANZLERAMT/CHRISTOPHER DUNKER)
Als Integrationsministerin soll Susanne Raab eine „Leitkultur“ erarbeiten, wie sie sich ihre ÖVP in ihrem Wahlkampfprogramm zum Ziel gesetzt hat.

Bei Unwillen Sozialleistungen kürzen?
Man wolle überlegen, wie der Grundkonsens gestärkt werden könne, in der Integrationsarbeit, aber auch andernorts. Besprechen will Raab in der Runde außerdem, wie man Lehrerinnen, Ärztinnen und Polizistinnen den Rücken stärken und welche Hebel man bei Familien- und Sozialleistungen sowie bei der Schulpflicht und Mitwirkungspflichten der Eltern nutzen könne.

Kritik kam vom kleinen Koalitionspartner, den Grünen, und der SPÖ. Besonders an einer Teilnehmerin der Expertenrunde erhitzten sich die Gemüter. Die Rechtswissenschaftlerin Katharina Pabel sei eine Abtreibungsgegnerin, meinten die Frauensprecherinnen der Parteien, Meri Disoski (Grüne) und Eva-Maria Holzleitner (SPÖ). Pabel ist im Herausgeberbeirat der „Zeitschrift für Lebensrecht“ vertreten.

„Antifeminismus als Politik der Mitte?“
„Gehören Antifeminismus und Queer-Feindlichkeit zur ,Politik der Mitte‘, die sich die ÖVP zuletzt litaneiartig auf die Fahnen heftet?“, schrieb Disoski auf X. Raab nehme sich Anleihen an reaktionären Politikern wie Donald Trump und Viktor Orban, beklagte Holzleitner in einer Aussendung. Die Ministerin bezeichnete die Vorwürfe auf Nachfrage als „absurd“. Neben Pabel nahmen laut Bundeskanzleramt unter anderem die Integrationsexpertin Emina Saric, Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz, Integrationsexperte Kenan Güngör und Sozialrechtsexperte Wolfgang Mazal am Gespräch teil.

Aus der entgegengesetzten Richtung kam die Kritik der FPÖ: Generalsekretär Michael Schnedlitz warf der „Nehammer-ÖVP“ in einer Aussendung vor, unter anderem für „Regenbogen- und Genderideologie statt traditionelle Werte wie Familie, Anbiederung an den politischen Islam und dessen Vereine“ zu stehen. Diese würde „rechts blinken, aber links abbiegen“.

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