Geflüchtete suchen ihr Glück meist in Wien. Tausende Syrer holen jetzt ihre Familien nach, der Großteil kommt nach Wien. Doch was bedeutet das für die Ausgaben zur Mindestsicherung?
Wien versorgt fast doppelt so viele Asylwerber, wie die Quoten-Vereinbarung vorsieht. Nicht weil sich die Bundeshauptstadt besonders darum bemüht. Sondern weil die anderen Bundesländer schlicht ihrer Verpflichtung nicht nachkommen.
Drei von vier gehen sofort nach Wien
Für Wien bedeutet das eine enorme Belastung – fürs Budget wie auch für die Bevölkerung. Zudem ist Wien auch Magnet für Asylberechtigte. Wird der Bescheid erteilt, ziehen laut aktuellen Zahlen drei von vier nach Wien. Zuletzt hatte sich daher Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) für eine „Solidaritätsabgabe“ der anderen Bundesländer ausgesprochen.
Ludwig: „Erwarten von Bund und Ländern auch Solidarität“
Und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) legt nach der Landeshauptleutekonferenz auf „Krone“-Anfrage nach. Ludwig: „Es ist richtig, dass Wien hier eine überproportional starke Herausforderung zu meistern hat, der wir uns allerdings auch stellen. Aber so wie wir uns solidarisch gegenüber dem Bund verhalten, erwarten wir uns auch ein solidarisches Handeln der Bundesregierung. Das gilt auch gegenüber den Bundesländern.“
Bundesländer wenig attraktiv
Deshalb sei es wichtig, die Attraktivität mancher Standorte in den Bundesländern speziell bei Arbeitsmöglichkeiten zu heben, um den Zulauf in die Städte abzuschwächen. Generell sieht Ludwig aber den Bund – und hier vor allem das Innen-, Außen und Integrationsministerium – in der Pflicht, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Die Bilanz der letzten Jahre in der Integrationspolitik des Bundes zeigt, dass die Zeit des Asylverfahrens von Inaktivität geprägt ist.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)
Bild: APA/ROBERT JAEGER
„Asylverfahren von Inaktivität geprägt“
Ludwig: „Die Bilanz der letzten Jahre in der Integrationspolitik des Bundes zeigt, dass die Zeit des Asylverfahrens von Inaktivität geprägt ist. Durch mangelhaftes Deutsch- und Bildungsangebot in den Bundesländern sowie Hürden am Weg in den Arbeitsmarkt geht wertvolle Zeit verloren, was sich natürlich auch negativ auf das Budget auswirkt.“
Familienzuzug belastet Budget
Anerkannte Flüchtlinge können unter bestimmten Bedingungen ihre Familienmitglieder, wie Ehepartner oder Kinder nachholen. Zwischen Jänner 2023 und Februar 2024 kamen so mehr als 4000 Kinder und Jugendliche nach Wien, der Großteil aus Syrien. Jeden Monat kommen weitere 350 dazu, in ganz Österreich sind es 500. Das zeigt, Wien hat die größte Last zu tragen. Die Schulen haben bereits Alarm geschlagen.
Doch nicht nur auf die Schulen wirkt sich der Familiennachzug aus, sondern auch auf das Budget.
Tausende Kinder in Mindestsicherung
Im Jahr 2022 gab die Stadt fast 20 Milliarden Euro aus, 755 Millionen Euro davon für die Wiener Mindestsicherung (WMS). Seit 2011 stiegen die Ausgaben dafür sowie im Gesamten fast kontinuierlich an (siehe Grafik). Von den im Februar dieses Jahres 139.295 Mindestsicherungsbeziehern waren 48.207 Kinder und Jugendliche.
In Wien werden die Bezüge pro Kind nicht gestaffelt, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, wie Tirol. Auch die Höhe der Auszahlung unterscheidet sich, so zahlt die Stadt 312 Euro pro Kind, im Burgenland gibt es nur 202 Euro. „Eine Staffelung ist in Wien nicht vorgesehen, da jedes Kind gleich viel wert ist, und es gilt der Grundsatz, Kinderarmut zu verhindern“, heißt es aus dem Büro von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Bessere Integrationsangebote
Etwas weniger als die Hälfte (46 Prozent, Stand Dezember 2023) aller WMS-Bezieher sind Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigte. „Ballungsräume sind immer Anziehungspunkte für Zuwanderer. Wien als Großstadt ist nicht zuletzt wegen der hier lebenden Communitys und den besseren Jobchancen attraktiv“, erklärt der Sprecher von Hacker, der sich für bundesweit bessere Integrationsangebote ausspricht, damit die Asylberechtigten in den Bundesländern an den Arbeitsmarkt andocken.
Die Aufwendungen für die Mindestsicherung am Gesamtbudget ist in den letzten Jahren sogar gesunken.
Sprecher von Stadtrat Peter Hacker
Wird die Milliarde reichen?
Für die Jahre 2024 und 2025 hat die Stadt fast eine Milliarde pro Jahr für die Auszahlung der Mindestsicherung veranschlagt. Wird das im Hinblick auf den Familiennachzug reichen? Denn laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) an die Neos, sind mit Stichtag 31. August 2023 4452 Einreiseanträge im Zusammenhang mit Familiennachzügen anhängig. Der Großteil kommt aus Syrien, gefolgt von Somalia und Afghanistan. Zwei Drittel davon sind minderjährig.
„Das Budget basiert auf Schätzungen. Ob es reicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Teuerung“, so der Stadtratssprecher. Aber: Seit dem Höchststand im Jahr 2017 (7,9 Prozent) ging der Anteil der WMS-Bezieher an allen Wienern kontinuierlich zurück, 2022 lag er bei 6,8 Prozent.
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