Nachdem zuvor bereits die Grünen und die NEOS einen parlamentarischen U-Ausschuss zur mutmaßlichen Spionage-Causa um Egisto Ott gefordert hatten, sprachen sich am Dienstag auch die Freiheitlichen dafür aus. Alle Fraktionen mögen darüber verhandeln, einen eigenen U-Ausschuss einzusetzen, denn der aktuelle zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ sei dafür nicht geeignet, sondern reine „Wahlkampfshow“, meinte FPÖ-Chef Herbert Kickl.
„Im Interesse tatsächlicher Aufklärung anstatt einer Wahlkampfshow schlage ich daher allen anderen Fraktionen, denen es ernsthaft um die Aufarbeitung der Verbindungen österreichischer Politik mit Russland geht, vor, in Gespräche über einen eigenen umfassenden Ausschuss in dieser Sache einzutreten und eine entsprechende Vereinbarung für die Einsetzung sofort nach Beginn der nächsten Legislaturperiode zu treffen“, schrieb Kickl in einer Aussendung konkret.
Jahrzehntelange Verstrickungen
Dazu bedürfe es auch der im Rahmen eines U-Ausschusses maximal möglichen Zeit, weil beispielsweise die Kontakte mit Russland etwa im Bereich der Energieversorgung über Jahrzehnte gewachsen seien und die wirtschaftlichen Verbindungen der Firma Wirecard mit dem Innenministerium bereits zwanzig Jahre zurückreichten. Ebenso erstrecke sich der Einfluss der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft auf Politik und Wirtschaft bereits über beinahe 25 Jahre, so Kickl.
Kickl will Aufarbeitung „knapp nach Nationalratswahl“
„Wer es mit einem solchen Projekt ehrlich meint, muss sich der eigenen Vergangenheit vorbehaltlos stellen“, sieht Kickl die Verantwortung breit gestreut. „Wir Freiheitliche sind dazu bereit und erwarten das auch von den anderen Parteien.“ Die Aufarbeitung solle – und dafür sei ein Zeitpunkt knapp nach der Nationalratswahl „optimal“ – „nicht in eine Schlammschlacht ausarten, sondern dem Ziel untergeordnet sein, Richtlinien für den Umgang mit ausländischem Einfluss und insbesondere Ausspähversuchen zu erarbeiten und die Verantwortungsträger in die Lage zu versetzen, diese Machenschaften leichter zu enttarnen“.
Ein wesentlicher Aspekt dabei wäre für Kickl jedenfalls eine „proaktive Informationsarbeit der Nachrichtendienste, die ich in Zusammenhang mit den jetzigen Vorwürfen gänzlich vermisse“.
Kritik von der SPÖ
Kritik kam von der SPÖ, die Kickls Forderung nach einem U-Ausschuss zu Russland nach den Wahlen „sehr lustig“ fand. Die Aufklärung müsse jetzt sofort beginnen und nicht erst nach der Wahl, sagte die stellvertretende Klubobfrau Julia Herr im Rahmen einer Pressekonferenz. Die SPÖ stehe allen Kontrollinstanzen offen gegenüber, ein U-Ausschuss vor der Wahl werde sich aber nicht ausgehen.
Die bekannt gewordenen Chats von Ex-FPÖ-Mandatar Hans-Jörg Jenewein würden offenbaren, „dass es nicht um Einzelpersonen geht, sondern dass da ein System dahintersteht“, so Herr. In der Verantwortung sieht sie dabei aber auch die ÖVP, die jahrelang das Innenministerium geführt hat: „ÖVP und FPÖ haben es jetzt wirklich eindrücklich verbockt.“
Eine Ausweitung der Befugnisse zur Überwachung mittels Bundestrojaner lehnt die SPÖ ab. Es wäre „doch wirklich absurd“, einem Geheimdienst, der infiltriert worden sei und aus dem Informationen nach Russland geflossen seien, mehr Befugnisse zu geben, argumentiert Herr.
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