Vertrauensverlust

Wird Jenewein für die FPÖ zum Thomas Schmid?

Politik
16.04.2024 22:30

FPÖ-Chef Herbert Kickl ergreift die Flucht nach vorne, er will nun auch einen U-Ausschuss zum Spionagefall Egisto Ott. Dieser ist freilich erst nach der Nationalratswahl im Herbst 2024 einsetzbar. Welche Rolle spielte der blaue Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein im Spionagethriller?

Im Herbst 2021 – wenige Tage nach der Hausdurchsuchung – hat der blaue Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein sofort einen Verdacht, wer hinter der Razzia steckt: „Das ist ein türkiser Racheakt“, wettert er damals im Interview. Fast drei Jahre später steht fest, diese Verteidigungslinie lässt sich nicht halten und war ein typisches politisches Ablenkmanöver. Zu tief lassen seine Chats blicken, wie eng der Kontakt mit dem mutmaßlichen Spion Egisto Ott war. Aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: Es gibt noch weitere 2500 Chats von Jenewein, auf die man im U-Ausschuss noch wartet. Die Szenerie erinnert stark an das Chat-Gate von Thomas Schmid. Da wurde die ÖVP auch fast im Wochentakt von neuen Chats erschüttert.

Wer ist Hans-Jörg Jenewein?
Wenn man FPÖ-Chef Herbert Kickl nach der Rolle von Jenewein fragt, dann verneint er stets, dass sein Parteikollege „seine rechte Hand“ oder „sein Mann fürs Grobe“ war. Doch ist das tatsächlich so? Warum pflegte Jenewein, der außerdem der Bruder der Kickl-Vertrauten Dagmar Belakowitsch ist, dann Kontakt zum Spion Ott, als Kickl Innenminister und Jenewein im BVT-U-Ausschuss Fraktionsführer war? 2019 wurde der Abgeordnete dann sogar zum Sicherheitssprecher befördert.

Warum befindet sich auf der Preisliste von Ott eine Position mit einem verräterischen Kürzel „laufende Unterstützung für HJJ“? Die Vermutung liegt nahe, dass mit „HJJ“ Hans-Jörg Jenewein gemeint ist. Insgesamt belaufen sich die Forderungen des Spions auf 18.500 Euro.

Eine Frage wird die Freiheitlichen noch länger beschäftigen: Was wusste Parteichef Herbert Kickl von den Machenschaften und Politik-Methoden von FPÖ-Mandatar Hans-Jörg Jenewein? (Bild: APA/Hans Punz)
Eine Frage wird die Freiheitlichen noch länger beschäftigen: Was wusste Parteichef Herbert Kickl von den Machenschaften und Politik-Methoden von FPÖ-Mandatar Hans-Jörg Jenewein?

Zu keiner Zeit habe es Geldflüsse oder sonstige Zuwendungen an Ott, den Jenewein im Sommer 2018 kennengelernt habe, gegeben, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme der Rechtsvertreter von Ott. Auch die FPÖ dementiert, dass es Geldflüsse gegeben habe.

Gegenseitige Job-Angebote
Nur „lose“ sei der Kontakt laut Jenewein zwischen ihm und dem Doppelagenten Ott gewesen. Jedoch: Nach dem Ausscheiden von Jenewein aus der Politik, bekam er von Ott ein Job-Angebot beim ehemaligen deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard. Dieses Angebot dementiert Jenewein gar nicht. Zum Zeitpunkt des Vorschlags Otts im Herbst 2019 sei über Wirecard jedoch nur bekannt gewesen, „dass es sich um einen ,Finanzdienstleister‘ handeln würde“, so die Anwälte.

Umgekehrt hatte Jenewein Ott angeboten, bei einer Neustrukturierung des BVT (nach der Hausdurchsuchung) einen mächtigen Job zu bekommen. „Für die FPÖ stehen vor allem die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen am Spiel. Denn auch wenn die Causa sehr verworren ist, bleibt am Ende übrig: Die BVT-Hausdurchsuchung wurde gemacht, um Unliebsame hinauszubefördern und die Jobs wurden auch gegenseitig zugeschanzt“, so Politik-Insiderin Kathrin Stainer-Hämmerle.

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