Er sorgt nicht nur für verärgerte Landwirte und politische Debatten in Kärnten - auch in Brüssel, dem Hauptsitz der EU, ist der Wolf Thema. Weniger, weil die belgische Hauptstadt von dem Großraubtier heimgesucht wird, sondern mehr, weil diskutiert wird, wie mit ihm umzugehen ist.
Spannend, wie so eine Diskussion im Ausschuss der Regionen (AdR) abläuft: Mehr als 300 Politikerinnen und Politiker aus rund 200 Regionen der Europäischen Union sitzen da im großen Plenarsaal, vorne am Podium – neben zwei riesigen Flaggen: EU und Ukraine – leitet der Portugiese Vasco Alves Cordeiro, seines Zeichens Präsident des AdR, die Debatten und die Abstimmungen, ruft zwischendurch zu Ruhe auf.
Alles ist hektisch, schnell und teils wird es sehr laut; Fotografinnen und Kamerateams huschen durch die Sitzreihen, jeder spricht seine eigene Sprache, eine ganze Schar an Dolmetschern übersetzt die Beiträge der Mitglieder. Und da geht‘s um ganz Unterschiedliches – zum Beispiel Kinderschutz (wir haben berichtet) oder neue EU-Mitgliedsstaaten, natürlich ist die Europawahl Thema und, ja tatsächlich, auch der Wolf.
Genauer gesagt: der Schutz der biologischen Vielfalt und Koexistenz mit Großraubtieren in Europa und die Herausforderungen und Chancen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.
„Ängste nehme ich sehr ernst“
Die Politiker – darunter übrigens auch solche, die aus eigener Erfahrung wissen, welche Probleme durch den Wolf entstehen können, etwa Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) oder Vorarlbergs LH Markus Wallner (ÖVP) – sind sich einig, dass das Tier mithilft, ein gesundes Ökosystem zu erhalten, die Sicherheit von Menschen und Landwirtschaft aber im Vordergrund steht.
„Der Wolf sorgt bei uns und auch in anderen Bundesländern und Regionen für immer mehr Schäden und für steigende Verunsicherung. Diese Sorgen und Ängste der Menschen nehme ich sehr ernst“, betont Kaiser am Rande der AdR-Sitzung und fügt hinzu: „Das erwarte ich mir auch von Vertretern von EU-Institutionen und anderen. Und das habe ich auch in den Gesprächen in Brüssel deutlich gemacht.“
Es brauche eine Neubewertung und flexiblere Handhabe des Schutzstatus des Wolfes, so Kaiser – schließlich habe sich die Population seit der Erlassung dieses Status und Verordnung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie auch verändert. Denn dass sich in den letzten Jahren immer mehr Wölfe in Europa angesiedelt und vermehrt haben, ist kein Geheimnis – auch die EU-Kommission empfiehlt daher, den Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ herabzusetzen.
Von Zäunen und Konflikten
Ähnlich ging die Abstimmung im AdR aus: Der Schutzstatus bestimmter Arten, zum Beispiel eben der des Wolfes, solle regelmäßig neu bewertet werden. Und die Kosten zur Verhinderung von Schäden bzw. zur Entschädigung von Schäden solle zur Gänze die EU tragen. Diesen Antrag, für den sich die österreichische Delegation in der aktuellen Sitzung ausgesprochen hat, wurde einstimmig angenommen!
Das „könnte dazu beitragen, Konflikte zwischen Menschen und Großraubtieren zu vermeiden bzw. verringern“, ist sich Wallner sicher. Er schlägt vor: „Die Maßnahmen könnten beispielsweise die Bereitstellung sicherer Zäune für Weidetiere oder die Entschädigung von Landwirten für Verluste durch Raubtiere umfassen. Entschädigungen sollten auch indirekte wirtschaftliche Auswirkungen abdecken.“
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