Der Trend zu E-Bike und E-Scooter bringt immer mehr Todesopfer mit sich: Im Vorjahr kamen in der Steiermark acht E-Biker bei Unfällen ums Leben – allesamt Senioren. Experten meinen, E-Bike fahren muss gelernt sein. Die „Krone“ hat Tipps für mehr Sicherheit im Radverkehr gesammelt.
Gab es 2020 und 2021 in der Steiermark noch keine tödlichen Verkehrsunfälle mit dem E-Bike, waren es im vergangenen Jahr bereits acht an der Zahl. Dem zugrunde liegt ein Trend zum mehr oder weniger selbstfahrenden Rad. So wurden 2023 erstmals mehr E-Bikes als reguläre Räder gekauft. „Vor allem ältere Menschen nützen die Alternative“, weiß Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich.
Das zentrale Problem: Vielerorts fehlt eine entsprechend sichere Radinfrastruktur. Kaum Verkehrsberuhigung, zu wenig baulich getrennte Radspuren. „Gerade Senioren brauchen gesicherte Radwege“, appelliert Gratzer. Denn trotz vorsichtiger Fahrweise sei die Sturzgefahr im Alter höher – und Unfälle enden öfter mit tödlichen Verletzungen. Statistiken des VCÖ zeigen: In der Steiermark kommen immer mehr Senioren bei Unfällen ums Leben. Seit 2020 sind die Zahlen von zwölf auf 30 Todesopfer gestiegen – jeder dritte Verkehrstote war 2023 älter als 65 Jahre.
„E-Bikes fahren und bremsen sich anders, es braucht eine gewisse Fahrtechnik. Man sollte unter anderem die Reaktionszeit trainieren“, erklärt Heidi Schmitt von der Radlobby Steiermark. Als Vertretung der steirischen Radfahrer, weiß sie, dass Gefahrensituationen und Geschwindigkeit oft unterschätzt werden. Zudem seien Radler in brenzligen Situationen meist die Schwächeren. Allerdings zieht sie bei selbstfahrenden Rädern, die ganz ohne Treten betrieben werden, eine rote Linie: „Wir vertreten nur die aktive Mobilität, dazu zählen weder Selbstfahrer noch E-Scooter“, sagt Schmitt.
Warum E-Scooter besonders gefährlich sind
Wenn man selbst mittritt, merke man besser, wann man bremsen muss, ergänzt sie. Regelmäßig seien außerdem zwei Personen gemeinsam am Scooter unterwegs, auch illegale Selbstfahrer über 25 km/h finden sich auf den Straßen. Erst seit dem Vorjahr werden E-Scooter entsprechend ihrer Gefahr unabhängig von E-Bikes in der Statistik erfasst. Österreichweit gab es 2023 zwei tote Scooter-Fahrer, 6000 mussten aufgrund eines Sturzes ins Krankenhaus gebracht werden.
Man muss bei E-Scootern zwischen privaten Fahrzeugen und Scooter-Sharing unterscheiden. Zweitere dienen oft als „Spaßfahrzeug“ bei Nacht.
Christian Gratzer, Verkehrsclub Österreich
„Man muss bei E-Scootern zwischen privaten Fahrzeugen und Scooter-Sharing unterscheiden“, sagt Gratzer. Zweitere werden oft als „Spaßfahrzeug“ verwendet – viele seien bei Nacht oder alkoholisiert unterwegs. „Es kommt immer darauf an, wie sie genützt werden, nicht auf das Fahrzeug an sich“, meint Gratzer. Selbes gilt für E-Bikes: „Gerade ältere Menschen mit mangelnder Erfahrung, die aufs E-Bike umsteigen, sollten Fahrkurse machen“, empfiehlt der Experte. Auch Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit rät zum Üben vor der allerersten Ausfahrt. Alle seine Tipps lesen Sie unten.
1. Das passende E-Bike wählen
Wichtig ist es, bereits vor dem Kauf, sich ausreichend informieren. Auf dem Markt gibt es unzählige Modelle – von Kinderrädern über „Pedelecs“ bis zu selbstfahrenden Rädern. „Lassen Sie sich im Fachhandel beraten“, sagt Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Als E-Bike gelten alle Räder bis 250 Watt Nenndauerleistung und einer Geschwindigkeitszulassung bis 25 km/h – „das ist international genormt“, weiß der Experte. Für stärkere Fahrzeuge sind Führerschein, Nummerntafel und Helm verpflichtend.
2. So banal es klingt: Helm tragen
„Der Helm ist besonders wichtig“, sagt Robatsch. Doch etwa ein Drittel fährt ohne Kopfschutz auf Österreichs Straßen herum, das sorgt für 10.000 Krankenhauseinweisungen nach E-Bike-Unfällen pro Jahr. „Die Wahrscheinlichkeit für Schädel-Hirn-Trauma ist ohne Helm siebenmal höher“, erklärt Robatsch.
3. Erst üben, dann durchstarten
Es wird empfohlen, vor der ersten Ausfahrt im verkehrsfreien Raum zu üben. Man solle sich anschauen, welche Unterstützungsstufen sich wie anfühlen und ein Gefühl für die Beschleunigung bekommen, meint Robatsch. So ist die „Turbo“-Stufe nicht zum Losfahren und nur im Ausnahmefall sinnvoll. Auch das Bremsverhalten muss geübt sein – gewisse E-Bikes verfügen gar schon über eine ABS-Funktion.
4. Selbsteinschätzung ist das A und O
Beim Thema Selbsteinschätzung bilden sich zwei unterschiedliche Gruppen nach Alter: Während ältere Menschen eher übervorsichtig und teils überfordert sind, schätzen jüngere oft ihr Können falsch ein. Vor allem junge Männer übernehmen sich oft, erklärt Robatsch. Gefahrensituationen ergeben sich unter anderem durch überhöhte Geschwindigkeiten, auf Straßen mit Schienen und im Kreuzungsbereich.
5. E-Scooter bedacht nützen
Durch den E-Scooter-Boom seit dem Jahr 2019 hat sich die Anzahl der im Spital behandelten Verletzten in Österreich von 1200 auf 6000 im Jahr 2023 verfünffacht. Besonders alarmierend ist laut Kuratorium für Verkehrssicherheit, dass bei zwölf Prozent der Unfälle Alkohol im Spiel war. Häufig kommt es aber weniger auf das Fahrzeug als auf den Lenker an, wie Gratzer bereits betonte. Der E-Scooter an sich bedeutet noch keine Gefährdung.
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