Nur etwa jedes zweite Kind hat im Kindergarten eine Betreuung, die den Eltern eine Vollzeit-Berufstätigkeit ermöglicht. Das geht aus dem am Dienstag präsentierten ersten Monitoring-Bericht der Statistik Austria zur elementaren Bildung hervor. Dabei gibt es große Unterschiede nach dem Alter der Kinder bzw. nach Bundesländern.
Damit Eltern auch Vollzeit arbeiten können, sollen laut dem Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF) Einrichtungen wöchentlich mindestens 45 Stunden, werktags von Montag bis Freitag sowie an vier Tagen davon zumindest 9,5 Stunden geöffnet haben. Ganzjährig sollen sie mindestens an 47 Wochen geöffnet haben, die Kinder müssen außerdem mit einem Mittagessen versorgt sein.
Viel getan hat sich bisher nicht
Das erfüllen derzeit bei den (recht selten in Anspruch genommenen) Plätzen für Unter-Einjährige rund drei Viertel der Plätze, bei den Einjährigen rund zwei Drittel, bei den Zweijährigen 54 Prozent und ab den Dreijährigen jeweils etwa die Hälfte. Viel getan hat sich zuletzt dabei nicht. Im Vergleich mit dem Vorjahr sind die Werte in etwa gleich geblieben – in manchen Bundesländern wie Niederösterreich, das mit Oberösterreich zu den Nachzüglern zählt, ist der Anteil der VIF-konformen Plätze zuletzt sogar gesunken.
Konkret sind in Wien 91 Prozent der Plätze für Drei- bis Fünfjährige VIF-konform. Im Burgenland sind es 73 Prozent, in Salzburg 48 Prozent, in der Steiermark 47 Prozent, in Tirol 46 Prozent, in Vorarlberg 45 Prozent, in Kärnten 39 Prozent, in Oberösterreich 28 Prozent und in Niederösterreich 26 Prozent.
Zahlen noch ein wenig detaillierter
Neu sind diese Zahlen grundsätzlich nicht – sie wurden schon bisher in der Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria ausgewiesen. Mit dem neuen Monitoring werden aber die Daten bis auf die Bezirksebene sowie auch Zeitverläufe dargestellt. Außerdem werden die Zahlen nicht nur nach Altersgruppen aggregiert, sondern für jedes Alter auch gesondert ausgewiesen, so Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
Milliarden zur Verbesserung
Raab verwies auf die von der Regierung zur Verfügung gestellten 4,5 Milliarden Euro bis 2030 für den Ausbau bzw. die Verbesserung der Kinderbetreuung. Diese sei von der Kompetenz her aber Länder- bzw. Gemeindesache. Bereits in den vergangenen Jahren habe sich hier viel getan – als Beispiel nannte sie Oberösterreich, das zuletzt die Gehälter für das Kindergartenpersonal erhöht habe.
Allerdings bestehe derzeit für viele Eltern noch keine echte Wahlfreiheit, ob sie ihr Kind in einen Kindergarten geben oder eben nicht, so Raab. „Es geht nicht darum, dass jedes Kind so schnell wie möglich in Betreuung muss. Eltern sollen aber die Möglichkeit haben, darauf zurückzugreifen.“ Diese Wahlfreiheit wolle man nun erreichen.
Ob echte Wahlfreiheit besteht, hängt entscheidend davon ab, ob Einrichtungen eine Vollzeittätigkeit der Eltern erlauben.
Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas
„Ob echte Wahlfreiheit besteht, hängt entscheidend davon ab, ob Einrichtungen eine Vollzeittätigkeit der Eltern erlauben“, meinte Thomas. Vielfach scheitere die VIF-Konformität von Einrichtungen an zu vielen Schließtagen, so Raab. An diesem Punkt könnten die Bundesländer etwa ansetzen.
Viel Kritik von Gewerkschaft, SPÖ und NEOS
Die Gewerkschaft hält die Pläne Raabs für ein „Schönreden“ der Lage. „Es fehlt nach wie vor ein Gesamtkonzept für die Kinderbildung, das einerseits die Beschäftigten in den Kindergärten und Horten entlastet und andererseits Frauen Wahlfreiheit bringt, wenn es um die Vereinbarkeit von Job und Familie geht“, so ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann. Im Moment sei man „näher dran, Kindergartengruppen schließen zu müssen, weil das Personal fehlt, anstatt am Ausbau der Kinderbildung.“
Wie auch die SPÖ, der Frauenring und die SPÖ-nahen Kinderfreunde fordert der ÖGB einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Geburtstag. SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer verwies wiederum darauf, dass in rot-regierten Bundesländern die Plätze in einem höheren Ausmaß mit dem Beruf vereinbar sind.
Die NEOS fordern mehr Tempo beim Ausbau bzw. der Qualitätsverbesserung der Plätze. „Bessere Statistiken allein vergrößern noch lange nicht das vorhandene Angebot“, so Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.
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