Der vom Innenministerium ausgearbeitete Gesetzesentwurf für eine Überwachung von Messengerdiensten wie WhatsApp oder Telegram sorgt für Kritik. Die Neos sprachen vom „nächsten untauglichen Vorschlag“ von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Die Datenschutzorganisation „epicenter.works“ warnte einmal mehr davor, dass das Wissen um Sicherheitslücken zum Hacken von Mobiltelefonen auch von Kriminellen ausgenutzt werden könnte. Ähnlich argumentieren die Grünen bisher auch.
„Alle Expertinnen und Experten sind sich einig, dass es technisch nicht möglich ist, Messenger-Dienste zu überwachen, ohne auf das gesamte System zuzugreifen“, sagte NEOS-Datenschutzsprecher Niki Scherak und verwies auch auf die Verfassungsgerichtshof-Entscheidung gegen einen „Bundestrojaner“ aus dem Jahr 2019.
Entweder kennt der Innenminister weder die Rechtslage noch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, oder es ist ihm beides einfach egal.
NEOS-Datenschutzsprecher Niki Scherak
„Entweder kennt der Innenminister weder die Rechtslage noch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, oder es ist ihm beides einfach egal“, kritisierte er. Überwachungsmaßnahmen müssten auf Grundlage eines spezifischen, begründeten und individuellen Verdachts erfolgen und dürften keinesfalls dazu eingesetzt werden, die gesamte individuelle Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger zu überwachen. Zudem dürfe es nie im Sinne eines Rechtsstaates sein, dass Sicherheitslücken bewusst offengelassen werden.
Datenschützer warnt vor Sicherheitslücken
Kritik kam auch von epicenter.works-Geschäftsführer Thomas Lohninger. Er warnte im „Ö1“-Mittagsjournal davor, dass kritische Sicherheitslücken auf Betreiben von Staaten nicht geschlossen würden und diese dann von kriminellen oder auch staatlichen Akteuren ausgenutzt werden könnten, um sehr großen Schaden anzurichten. Das Argument, dass in anderen Ländern die Überwachung von Messenger-Diensten möglich ist, ließ er nicht gelten und verwies auf zahlreiche Menschenrechtsverletzungen etwa in Polen.
Auch in Bezug auf die im Gesetzesentwurf vorgesehene notwendige Anordnung durch das Bundesverwaltungsgericht und die Einbeziehung des Rechtsschutzbeauftragten bleibt er skeptisch. Bei einer so hochtechnischen Maßnahme wie dem Hacken von Handys gehe es um technische Kompetenz, bei der unabhängige Kontrolle gewahrt sein müsse.
Karner will WhatsApp, Signal, Telegram überwachen
Gemäß dem vom Innenministerium ausgearbeiteten Gesetzesentwurf sollen bei einer konkreten Verdachtslage in Richtung terroristischer Straftaten bzw. geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs bestehende Sicherheitslücken bei Handys zukünftig genutzt werden können, um mittels einer Software die Geräte von Verdächtigen auf Inhalte zu überprüfen, die über Messenger wie WhatsApp oder Signal ausgetauscht werden. Dabei geht es um keine Online-Durchsuchung der gesamten am Handy abgespeicherten Daten. Das Ausspähen soll sich auf die am Gerät installierten Messenger-Dienste beschränken.
Mehrheiten findet das Vorhaben bislang nicht: Das Grün geführte Justizministerium lehnte ein Aufspielen von Schadsoftware und das Offenlassen von Sicherheitslücken auf Geräten wegen verfassungsrechtlicher Bedenken bisher ab.
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