Aufmärsche am 1. Mai in Graz: Die SPÖ will mit Andreas Babler den Bundeskanzler und mit Anton Lang den steirischen Landeshauptmann stellen – und fühlt sich dem Wahljahr gewachsen. Bei der KPÖ-Demo wehten Palästina-Flaggen, man rief zu „Frieden und Neutralität“ auf.
Die Uhr zeigt 9.18 Uhr, die Jungen Paldauer stimmen „Ein Bett im Kornfeld“ an, die Bierbänke am Grazer Hauptplatz sind gut gefüllt. Direkt vor der Bühne haben die Granden Platz genommen, die gerade noch den Aufmarsch durch die Innenstadt angeführt haben: der oberste Rote, Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang, neben Soziallandesrätin Doris Kampus und EU-Spitzenkandidatin Elisabeth Grossmann sowie AK-Wahl-Sieger Josef Pesserl. Beim Marsch las man hinter ihnen am großen, roten Banner in weißen Lettern: „Reiche besteuern statt beschenken!“
Die SPÖ sieht sich gestärkt: Die jüngsten Umfragen und das gute Kammer-Wahlergebnis geben Rückenwind. Der Machtkampf des vergangenen Jahres scheint wie weggeblasen, die Stimmung ist so ausgelassen, dass manch eine Spitzenfunktionärin sogar ein Tänzchen wagt. „Wir haben heute eine so hohe Beteiligung bei unseren 100 Veranstaltungen wie seit Jahren nicht mehr“, sagt Lang zur „Krone“. Zumindest in Graz scheint das zu stimmen.
Manche trinken schon Bier, andere noch Kaffee, als der Leobener Vize-Landeshauptmann die Bühne betritt. Programmatisch bleibt er in seiner Rede oberflächlich. Er schimpft gegen „grausame Tiertransporte“, „Steuerschlupflöcher für Milliardäre“ und plädiert für „mehr Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen“. „Für Hass und Hetze ist bei uns kein Platz“, sagt er in Richtung der FPÖ.
SPÖ hat die Opposition satt
Deklariertes Ziel: Andi Babler zum Bundeskanzler machen, bei der Steiermark-Wahl im November selbst den ersten Platz holen und Landeshauptmann werden. Und wenn das nicht gelingt? Lang weicht auf die Frage aus. „Das kommt auf das Ergebnis drauf an. Wichtig ist, dass wir in der Regierung sind. In der Opposition können wir nichts umsetzen.“
KPÖ legt Fokus auf Ideologie und Außenpolitik
In Graz sind die Genossen gewöhnt, die Wähler und den 1. Mai mit der KPÖ teilen zu müssen. Das Volksfest am Hauptplatz ist noch im Gange, als die Dunkelroten mit buntem Trara durch die Herrengasse ziehen. Die Themen sind dennoch ganz andere: Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr führt die Demo mit einer hellblauen Flagge mit Friedenstaube an und verteilt Flyer. „Für Frieden und Gerechtigkeit“ steht auf dem Banner, das Landtagsklub-Chefin Claudia Klimt-Weithaler und andere tragen.
Nazi morden, der Staat schiebt ab, das ist das Gleiche.
Parole bei der 1. Mai-Demo der steirischen KPÖ
Weiter hinten sieht man, was viele damit meinen: „Free Palestine“ steht da, Flaggen, Palästinenser-Schals. Die „Steirische Friedensplattform“ marschiert mit. Pro-Palästina-Demos, die die Plattform organisiert hat, sind im Herbst untersagt worden. Die KPÖ hat sich damals zudem geweigert, eine Israel-Fahne am Rathaus zu hissen. Man hat sich schließlich auf weiß-blaue Beleuchtung geeinigt. Die jüdische Gemeinde hat die KPÖ von einer Gedenkfeier zum 8. November ausgeladen.
Bei der Abschluss-Rede am Eisernen Tor spricht Klimt-Weithaler den Krieg im Nahen Osten nun am Rande an. „Mich schmerzt, dass österreichische Politiker nicht den Traum vom Frieden träumen, sondern den Traum einer Armee eines vereinten Europas. Die Bundesregierung will die Militärausgaben um 85 Prozent steigern. Dazu sagen wir laut und deutlich Nein.“
Kapitalismus „in der Krise“
Die steirische KPÖ-Frontfrau greift auch die jüngsten Entlassungen bei Auto-Bauer Magna auf – und nimmt Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Vize Lang in die Pflicht. Magna habe Millionengewinne erwirtschaftet, „zum Dank setzt man dann 500 Leute vor die Tür. Das ist Kapitalismus.“
Das Wahlziel lautet für die KPÖ: vergrößern. „Stellt euch vor, was wir erreichen könnten, wenn wir eine große Oppositionspartei im steirischen Landtag wären“, sagt Klimt-Weithaler. Danach stimmen alle gemeinsam die „Internationale“ an.
ÖVP und FPÖ sagen „Danke“
Auch die Volkspartei und die Freiheitlichen nutzten den „Tag der Arbeit“ für politischen Aktivismus: LH Drexler und VP-Funktionäre im ganzen Land brachten Menschen an ihrem Arbeitsplatz Jause und Frühstück. „Ich möchte mich stellvertretend ganz besonders bei jenen bedanken, die auch an diesem Feiertag wichtige Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen und arbeiten“, sagt Drexler.
Mario Kunasek und andere Freiheitliche verteilten Merci-Pralinen an „steirischen Leistungsträger wie etwa Pflegekräfte, Polizisten oder Arbeitnehmer im Verkehrssektor“.
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