1. Mai und die Politik

Rot-blaue Schlammschlacht mitten im Wahlkampf

Wien
01.05.2024 17:56

Zehntausende feierten am Wiener Rathausplatz die SPÖ-Granden. Die teilten auch in einer Nachanalyse mit der „Krone“ gegen die Konkurrenz gewaltig aus. Die ging in Stellung. Es war der emotionale Auftakt für den Wahlkampf.   

Rockkonzertstimmung am Rathausplatz. Inszeniert von der SPÖ am 1. Mai. Ein Tag für die Roten. Die Tausenden, die da waren, waren begeistert. Keine Misstöne, keine Pfiffe. Den Anheizer gibt Bürgermeister Michael Ludwig. Mit klassenkämpferischen Parolen. Vermögenssteuern her, Finger weg von Pensionen, leistbares Leben für alle, weniger Arbeit, Gleichberechtigung – auch bei Verteilung von Asylwerbern.

Reizthema Residenzpflicht
Wien stemmt die größte Last, übererfüllt die Quote, die anderen Ländern sind säumig. Missstimmung. ÖVP-regierte Bundesländer und FPÖ sind empört über die Forderung nach Asylpflicht bzw. „Residenzpflicht“ für alle der Roten. Wien solle lieber seine Hausaufgaben erledigen und seinen Laden in den Griff bekommen, so der Tenor.

Andreas Babler in seinem Element: als Hauptakt vor seinen SPÖ-Fans in Wien (Bild: Zwefo)
Andreas Babler in seinem Element: als Hauptakt vor seinen SPÖ-Fans in Wien

Generell ist es ein Tag der Schlammschlacht. Man merkt, das Kampfgetöse für die EU-Wahlen im Juni und die Nationalratswahlen Ende September wird lauter. Gerade an diesem symbolischen wie historischen 1. Mai. Übrigens auch jener Tag, an dem Österreich vor 90 Jahren unter dem christlich-sozialen Kanzler Engelbert Dollfuß seinen „Ständestaat“ offiziell errichtete. Eine Diktatur.

Kickl würde „eher untergehen, als Teil des Systems zu werden“
Das betont auch Ludwig – nicht ohne dezenten Verweis auf heutige Gefahren und Entwicklungen. ÖVP-Politiker und die FPÖ haben ebenfalls ihre Geschütze in Stellung gebracht. Gewohnt martialisch der Blaue Herbert Kickl am Linzer Urfahranermarkt: Er werde „eher untergehen“, bevor er „Teil des Systems“ werde.

Kickl in Linz: „Bevor ich Teil dieses Systems werde, mich biegen, brechen und erpressen lasse, da gehe ich lieber unter und das mit erhobenem Haupt.“ (Bild: FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM)
Kickl in Linz: „Bevor ich Teil dieses Systems werde, mich biegen, brechen und erpressen lasse, da gehe ich lieber unter und das mit erhobenem Haupt.“

„Schwachsinnigkeiten“ und „Steuern für Superreiche“
Hauptakt am Rathausplatz ist Andreas Babler. Der begeisterte Gitarrenspieler ist in seinem Element. Reißt sein Publikum mit. Bei Arbeitszeitverlängerungs-Fantasien der ÖVP sprach er von „Schwachsinnigkeiten, mit denen wir uns nicht beschäftigen“. Dass Ludwig ihm seine volle Unterstützung zusicherte, bestärkt den Traiskirchner Bürgermeister in seiner Mission, das Land anzuführen. Der Ballhausplatz ist nur ein paar Steinwürfe vom Rathausplatz entfernt. Und dennoch aktuell noch weit entfernt. Sagen die Umfragen.

Babler zeigt sich nach seiner Premiere vor dem Rathaus als SP-Chef im Gespräch mit der „Krone“ überwältigt. „Gewaltig, was wir geschafft haben, und wir haben enormes Mobilisierungspotenzial.“ Er ortet eine gute Stimmung in der gesamten Partei. „Aber das Gemeinsame ist mein Grundverständnis von Politik. Das wird den Erfolg auch ausmachen.“ Entgegen der Expertenmeinung sieht er seine Partei im Aufwind. „Wir gewinnen Wahlen. Und zwar nicht nur in Städten wie in Salzburg, sondern auch in Landgemeinden. In Innsbruck haben wir uns bei den Bürgermeisterwahlen verdoppelt.“

Bei Koalitionsbedingungen weicht er aus: „Das Leben für die Menschen muss  leichter werden. Und wir haben ein konkretes Programm dazu vorgelegt. Inklusive Gegenfinanzierung über Besteuerung von Superreichen. Wenn jemand andere Vorschläge hat, ohne dass die Menschen darunter zu leiden haben, dann bin ich gerne gesprächsbereit.“ 

Zur ÖVP-Kritik am Familienzuzugs-Anliegen der SPÖ sagt Babler: „Es geht um gerechte Verteilung. Es ist das Problem nach 24 Jahren ÖVP im Innenministerium. Man hätte längst Lösungen schaffen können. Unter der FPÖ wurde auch nichts besser. Es ist ein klassisches Managementversagen.“ 

Auch Wiens Bürgermeister Ludwig mischte mit. (Bild: APA/FLORIAN WIESER)
Auch Wiens Bürgermeister Ludwig mischte mit.

Es brauche ein fixes Regelwerk zur gerechten Aufteilung. Es könne nicht sein, dass nur eine Stadt die Verantwortung trage. Ludwig assistiert im „Krone“-Gespräch dankbar: „Es kann nicht sein, dass die Regierung auf EU-Ebene die ganze Zeit eine gerechte Verteilung auf die Mitgliedsstaaten verlangt, sie aber im eigenen Land ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Uns geht es nur um eine gerechte Verteilung.“

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