„Zerstrittener Haufen“

Lopatka: Zusammenarbeit mit FPÖ in EU „unmöglich“

Politik
05.05.2024 08:45

ÖVP-EU-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka hält eine Zusammenarbeit mit der FPÖ auf EU-Ebene nicht für möglich. „Nennen Sie mir einen Punkt auf Europaebene, wo ich mit der FPÖ zusammenarbeiten könnte! Die FPÖ verunmöglicht das“, grenzte er sich einmal mehr von den Freiheitlichen ab. Die EU-Klimaziele hält Lopatka für erreichbar, auch wenn das Verbrenner-Aus 2035 gekippt wird, wie von ihm gefordert.

Bei der Wahl will Lopatka die ÖVP zur mandatsstärksten Partei machen. Ein zweites Ziel sei, dass die Europäische Volkspartei (EVP), der die ÖVP angehört, europaweit Erste bleibt, so die Ansage des EU-Spitzenkandidaten im APA-Interview. In Umfragen führt freilich seit Monaten die FPÖ, bei ÖVP und SPÖ sieht es derzeit nach einem Rennen um den zweiten Platz aus.

Ein Rechtsruck drohe europaweit, meinte Lopatka. Jedes Wahlergebnis sei „selbstverständlich zu akzeptieren“, mit einer Stimme für die Freiheitlichen, die die EU auf Plakaten als Kriegstreiberin darstellen, würde die EU allerdings geschwächt. So sei für ihn der Brexit der traurigste Tag gewesen, seit Österreich in der EU ist, „für die FPÖ war das ein Tag des Jubels“. Käme es zu einem Austritt, wäre das mit einem „massiven Wohlstandsverlust“ verbunden.

Reinhold Lopatka war nicht die erste Wahl der ÖVP für die Position des EU-Spitzenkandidaten. (Bild: APA/EVA MANHART)
Reinhold Lopatka war nicht die erste Wahl der ÖVP für die Position des EU-Spitzenkandidaten.

Rechtsparteien als „zerstrittener Haufen“
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (EVP) hatte für eine mögliche zweite Amtszeit eine Kooperation mit der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) – darin sitzen etwa die ultrarechten Fratelli d‘Italia – nicht ausgeschlossen. Lopatka hält die Kooperation mit anderen Fraktionen für einfacher. „Wenn man von den Rechtsparteien redet, dann redet man von einem zerstrittenen Haufen“, meinte er über die EKR sowie die Fraktion Identität und Demokratie (ID). So gebe es zwischen einzelnen Parteien „riesige Unterschiede“ bei der Positionierung etwa zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Vor allem eine Zusammenarbeit mit der ID, in der unter anderem die FPÖ und die deutsche AfD vertreten sind, hält Lopatka bei deren Positionierungen für unmöglich. So behauptet die AfD in ihrem Wahlprogramm, dass die EU gescheitert ist, was Lopatka mit Verweis auf Menschenrechte und persönliche Freiheiten ablehnt.

Zwei Themen, die die ÖVP innenpolitisch durchzusetzen versucht, sollen laut Wahlprogramm auch auf EU-Ebene angegangen werden: So arbeitet das Innenministerium gerade an Verschärfungen beim Familiennachzug. „Es ist am besten, hier europaweite einheitliche Regelungen zu haben“, so Lopatka. Seien Änderungen hier nicht möglich, „tritt das ein, was wir jetzt schon haben“. In elf der 27 Mitgliedsstaaten gebe es trotz Schengen Grenzkontrollen.

Britisches Modell als Asyl-Vorbild?
Was die Asylpolitik der EU allgemein angeht, bekräftigte Lopatka, Ziel seien Abschiebungen und Asylverfahren in Drittstaaten, die sicher sind. „Libyen schließe ich hier aus, alle anderen Staaten sind für mich Partner, wo wir intensiv daran arbeiten müssen, um genau zu solchen Abkommen zu kommen.“ Das britische Modell, irreguläre Migranten nach Ruanda abzuschieben, könnte ein Vorbild sein. „Das in Transitzonen oder in Drittstaaten direkt an der Grenze zu machen, ist das Ziel.“

Auch im Wahlprogramm steht das Ziel einheitlicher Standards bei der Überwachung mobiler Kommunikation im Rahmen von Ermittlungen. Für die Überwachung von Messengerdiensten gibt es vom Innenministerium bereits einen Gesetzesentwurf, das grün geführte Justizministerium hatte ein Aufspielen von Schadsoftware und das Offenlassen von Sicherheitslücken auf Geräten wegen verfassungsrechtlicher Bedenken bisher abgelehnt. Wenn Gefährder international mit höchst modernen Methoden arbeiten, so könne eine Antwort auch nur „eine internationale sein“, sagte Lopatka, der sich in dem Bereich „mehr Europa“ wünscht.

Die EU-Klimaziele hält Lopatka auch mit dem von seiner Partei geforderten Weiterbestehen des Verbrenners für erreichbar. Er verteidigte die Forderung, das bereits beschlossene Verbrenner-Aus 2035 zu kippen. „Als Politiker muss ich auch immer an jene denken, die sozial schwächer sind.“

„Mit Klimaleugnern habe ich null zu tun“
Das ÖVP-Motto „Klimaschutz mit Hausverstand“ will der ÖVP-Politiker nicht als Absage an die Wissenschaft verstanden wissen, die überwiegend mehr Anstrengungen zum Klimaschutz einfordert. Er wolle einen „technologieoffenen Zugang“ und nicht, dass „die Politik diktiert“, dass es ab 2035 nur noch das Elektroauto als einzige Lösung gebe, so Lopatka. Er wolle weder von den Klimazielen noch vom wissensbasierten Zugang dazu abweichen. „Also mit Klimaleugnern habe ich absolut null zu tun. Der Hausverstand ist für mich kein Widerspruch zur Wissenschaft“, betonte der Spitzenkandidat.

Der ÖVP-Politiker stemmt sich gegen den Plan, ab dem Jahr 2035 keine Pkw mit Verbrennungsmotor neu zuzulassen. (Bild: APA/EVA MANHART)
Der ÖVP-Politiker stemmt sich gegen den Plan, ab dem Jahr 2035 keine Pkw mit Verbrennungsmotor neu zuzulassen.

Die EU-Klimaziele und die europaweit angestrebte Klimaneutralität bis 2050 hält Lopatka für erreichbar, „weil ich davon ausgehe, dass wir von der Straße auf die Schiene kommen, dass wir endlich mit Vollgas diese transeuropäischen Netze vereinheitlichen. Ich muss alles tun, um den Individualverkehr aus dem städtischen Bereich zurückzudrängen. Aber ich will nicht den Menschen im ländlichen Raum ihre Mobilität nehmen.“

Keine Festlegung auf von der Leyen
Auf die Frage, ob er eine zweite Amtszeit der deutschen CDU-Politikerin und EVP-Spitzenkandidatin von der Leyen unterstütze, wollte sich Lopatka nicht festlegen. „Man sollte hier vor dem Wahltag nicht etwas versprechen, was man nicht einhalten kann“, sagte der ÖVP-Spitzenkandidat. „Die Runde der Regierungschefs ist in diesem Prozess dem Europäischen Parlament vorgeschaltet. Ich gehe davon aus, dass unsere Fraktion die stärkste sein wird. Nur der Vorgang vom letzten Mal lehrt mich, nicht zu früh zu Schlussfolgerungen zu kommen, die dann vielleicht nicht richtig sind“, spielte Lopatka darauf an, dass 2019 EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber durch die Staats- und Regierungschefs abgelehnt worden war.

FPÖ: ÖVP ist „Österreich-Zerstörer“
FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky reagierte am Sonntag prompt auf die Kooperations-Absage Lopatkas an die Freiheitlichen und fragte sich: „Wie kommt Lopatka überhaupt auf die Idee, dass wir mit der ÖVP, die ständig die österreichischen Interessen am Brüsseler Altar opfert, überhaupt zusammenarbeiten wollen?“ Die ÖVP sei im EU-Parlament „die Speerspitze der Österreich-Zerstörer“.

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