Der von der ÖVP eingesetzte Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ endet mit den Befragungstagen am Dienstag und am Mittwoch, wie er begonnen hat: mit Absagen. So hatte der Obmann der Freiheitlichen, Herbert Kickl, für seine bereits zweite Befragung mit Verweis auf eine Bergtour abgewinkt. Am Montag sagte auch noch Kickls „Treuhandvertragspartner“ Thomas Sila ab. Alle Augen sind beim Befragungstag am Dienstag deswegen auf den ehemaligen Grazer Freiheitlichen Alexis Pascuttini gerichtet.
Die Geschichte rund um den ehemaligen Grazer Freiheitlichen Alexis Pascuttini ist wie ein blauer Fleck, der die FPÖ noch immer schmerzen könnte. Der ehemalige Freiheitliche war am Dienstag in den U-Ausschuss zu rot-blauem Machtmissbrauch geladen. Von ihm erhofften sich die Parteien im Vorfeld Antworten auf die steirische Finanzaffäre, aber vor allem auch auf die Frage, was FPÖ-Bundesparteichef Herbert Kickl und Landeschef Mario Kunasek davon wussten.
Der steirische Finanzkrimi
Aber worum geht es in dem blauen Finanzkrimi eigentlich? Wie berichtet, wurde kurz nach der Wahlschlappe der FPÖ in Graz bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2021 bekannt, dass Gelder aus der städtischen Klubförderung offenbar im großen Stil abgezweigt wurden. Nach der Selbstanzeige des blauen Finanzreferenten Matthias Eder wurde bekannt, dass auch Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio sowie der frühere Klubchef verwickelt sein könnten. Beide traten zurück. Gegen beide wird seither ermittelt. Auf Eustacchio folgte Alexis Pascuttini als Klubobmann. Pascuttini nahm das „Aufräumen“ in der eigenen Stadtpartei folglich aber offenbar zu genau und schloss gegen den Willen von Herbert Kickl und Mario Kunasek einen Gemeinderat aus.
Zudem zweifelte er Eders Einzeltätertheorie an und schloss sich dem Verfahren mit einem eigenen Anwalt an. Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. Im Herbst des Jahres 2022 wurde Pascuttini selbst von Kickl und Kunasek aus der Partei geworfen. Sein geplantes Buch soll den „Wenn alle Untreue begehen“ tragen und politischen „Sprengstoff“ bergen. Bereits im Vorfeld seines Auftritts im U-Ausschuss am Dienstag kam es zu einem „Ibiza“ am Würstelstand.
Der „Krone“ vorliegende Abschriften eines Tonbands, das Pascuttini im Rahmen eines zufälligen Treffens mit Eder aufnahm, sorgten bereits im Vorfeld für Unruhe – und Nervosität im blauen Umfeld. In, wie er selbst über seinen Anwalt ausrichten ließ, stark alkoholisiertem Zustand deutete Eder Verwicklungen von Kickl und Kunasek an. Später nahm er alle an dem Abend getätigten Aussagen entschieden zurück. Für Pascuttini sind sie dennoch glaubwürdig, wie er bereits in seinem Eingangsstatement erklärte. Er habe der Einzeltätertheorie von Anfang an nicht geglaubt und wollte laut eigenen Angaben in Graz ursprünglich „nur ein Verkehrsspiegel aufstellen“ und finde sich jetzt in Strafverfahren wieder.
Kickls rechte Hand wird befragt
Als zweite Auskunftsperson ist mit Reinhard Teufel Kickls einstiger Kabinettschef geladen. Er gilt als Kickls rechte Hand, ist derzeit Klubobmann der Freiheitlichen in Niederösterreich und soll seine Wahrnehmungen zu Kickls Einkünften erklären
Eva-Maria Holzleitner, beliebte Frauenchefin und Fraktionsführerin der SPÖ im U-Ausschuss, ortete im Vorfeld der Befragung nämlich von einer Fülle an „Tricks“, die Kickl als vermeintlicher Vertreter des kleinen Mannes angewandt habe, um sich ein zusätzliches Einkommen zum Parlamentarier-Gehalt zu organisieren. So habe Kickl 2010 zunächst „vergessen“, den auch von der ÖVP thematisierten Vollzeitjob, als Angestellter der FPÖ Wien zu melden. Laut Unterlagen, die der SPÖ vorliegen, soll Kickl zwischen den Jahren 2007 und 2017 außerdem auch noch mehr als 8.300 Euro pro von der blauen Wiener Stadtpartei als Gehalt bekommen haben. Unterm Strich seien laut der SPÖ mehr als 1,3 Millionen Euro geflossen. „Vom Saubermann-Image, das Kickl gerne für sich beansprucht, bleibt am Ende also nicht sehr viel übrig“, kritisiert Holzleitner.
Höhere Beugestrafen gefordert
Auch die anderen Parteien äußerten im Vorfeld der ersten Befragung an Kickls Absage. Um Absagen wie diesen künftig vorzubeugen, forderte Meri Disoki, die grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss, eine Erhöhung der Beugestrafen. „Nicht zu erscheinen, muss finanziell auch wehtun“, erklärte die Grüne. „Ich habe Verständnis dafür, dass Kickl nicht erscheinen will. Er ist damit aber der Feigling der Nation und hat deutlich mehr verdient, als er zugeben will“, meinte im Vorfeld indes ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger.
Hafenecker: „Das geht sich alles nicht aus“
Für Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, „geht sich das alles nicht mehr aus“. Hanger sei nur neidisch, dass er mit „seinem Gartenzwergen-Handel nichts verdient“. Der U-Ausschuss sei eine Farce. Für Hafenecker sei außerdem klar, dass Hanger mit Pascuttinis Befragung angekündigten Rechtsbruch begehe, da die steirische Finanzcausa nichts mit der Bundesverwaltung zu tun habe. Außerdem suggerierte Hafenecker, dass die ÖVP Pascuttini den Anwalt bezahlen könnte und kündigte rechtliche Schritte gegen Holzleitner und Hanger wegen Verletzungen gegen das Steuergeheimnis an.
Unmittelbar vor der Befragung äußerte auch der Verfahrensrichter Zweifel daran, dass Pascuttini Fragen gestellt werden könnten, die vom Untersuchungsgegenstand gedeckt wären. Wenn man Aussagepersonen zu jedem beliebigen Thema befrage, würde das dazu führen, dass künftig Ausschüsse völlig abseits des Untersuchungsgegenstandes geführt werden könnten.
„Drohungen und Einschüchterungsversuche“
Während der Befragung berichtete Pascuttini dann über „Drohungen und Einschüchterungsversuche“ gegen seine Person. Seitens der Freiheitlichen sei versucht worden, ihn mundtot zu machen. Unter anderem seien einer Person 5000 Euro für Informationen über ihn angeboten worden. Man habe versucht, ihm mit höchstpersönlichen Dingen gegen ihn Angst zu machen.
Hafenecker fragt zu „ÖVP-Verbindungen“
FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker will von seinem ehemaligen Parteikollegen wissen, ob er sich im Vorfeld mit der ÖVP, etwa bei der Beantwortung der Fragen, abgesprochen hat. „Nein, hat es nicht gegeben. Da sind Sie völlig auf dem falschen Dampfer“, kontert Pascuttini. Pascuttini erklärt, dass der Gemeinderatsklub der KFG seine Anwälte bezahle.
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