Für kommenden Freitag ist die konstituierende Sitzung des Innsbrucker Gemeinderats anberaumt: Bis dahin muss die neue Regierung der Tiroler Landeshauptstadt stehen. Ein mögliches Ressort für Ex-ÖVP-Staatssekretär und Wahlverlierer Florian Tursky wird zur Zerreißprobe für seine Fraktion.
Hinter verschlossenen Türen verhandelt der designierte Bürgermeister Johannes Anzengruber Einzelheiten seiner „Caprese“-Koalition, die seit der Wahl schon mehr oder weniger feststeht. Einige seiner Anhänger machten bereits in Sozialen Medien ihrem Ärger Luft über das geplante Bündnis von JA mit Grünen und SPÖ, mit freundlicher Unterstützung der KPÖ.
Ämtermulti Willi kein Vorbild
Im Kern geht es bei den Verhandlungen, die bis Freitag abgeschlossen sein müssen, um die Frage der Ressortverteilung. Anzengruber wäre dem Vernehmen nach nicht abgeneigt, auch dem „Neuen Innsbruck“ und der FPÖ Verantwortung zu übertragen, um die Zusammenarbeit auf eine möglichst breite Basis zu stellen und eine Konzentration von Ämtern wie in der Ära von Bürgermeister Georg Willi zu verhindern.
Stadtsenat von sieben auf neun vergrößern
Doch Rot und Grün legen sich zumindest bei der FPÖ quer. Soll die Arbeit dennoch auf mehrere Schultern verteilt werden, so könnte Anzengruber den Stadtsenat von derzeit sieben auf neun Mitglieder aufstocken. Der achte Sitz würde der FPÖ zustehen, der neunte der SPÖ. Hier war am Montag Stadtparteiobmann Benjamin Plach als Wohnungsstadtrat im Gespräch.
Teuer, aber keine wirkliche Aufgabe
Das würde aber bedeuten, dass es mindestens zwei Nicht-Amtsführende Stadträte gibt, nämlich jene der FPÖ, von denen jeder mit 4700 brutto pro Monat nach Hause geht – ohne weitere Verpflichtungen außer eine Stadtsenatssitzung pro Woche, und das nicht immer.
Tursky-Wähler liefen über
Florian Tursky vom neuen – und sogleich wieder untergegangenen – Bündnis „Neues Innsbruck“ könnte hingegen eventuell mit einer Ressortführung rechnen. Ein möglicher Grund: Laut einer Wahlanalyse des Statistikers Erich Neuwirth verdankt Anzengruber seinen Sieg auch den Tursky-Anhängern, die bei der Stichwahl scharenweise zu ihm übergelaufen sind.
Keine Ämter für Wahlverlierer
Doch Turskys Fraktion ist tief gespalten. Man wehrt sich gegen eine Ressortführung, die ja auch ein klares Signal an die Wählerschaft wäre, eine Regierung zu unterstützen, die unter dem aus der ÖVP ausgeschlossenen Anzengruber agiert und noch dazu sehr weit links angesiedelt ist. In der Fraktion brodelt es aber nicht nur wegen dieser Sache heftig. „Mister minus 70 Prozent“ wird Tursky intern genannt, weil er von ehemals 14 Mandaten von Für Innsbruck, VP, Seniorenbund und „Lebenswert“ zehn verloren hat.
Rückhalt Turskys schwindet
Von den verbliebenen vier sollen drei von Für Innsbruck beigesteuert worden sein, aber nur eines von der ÖVP. Deren Wähler aus 2018 sollen zu 80 Prozent zu Anzengruber übergelaufen sein, was bedeutet, dass Tursky, immerhin ÖVP-Stadtparteiobmann seit Herbst 2023, nahezu null Rückhalt in der eigenen Partei genießt.
Reise in die Wüste
Nicht nur deswegen würde ihn so mancher lieber heute als morgen in die politische Wüste schicken. Apropos Wüste: Tursky war gerade auf Auslandsreise in Dubai, gemunkelt wird, um geschäftliche Kontakte zu knüpfen. Tursky selbst war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Vom Staatssekretär zum Ja-Sager
Sollte Tursky die Segel streichen, würde die Liste wohl implodieren. Ein Rückzug von Seniorenvertreterin BR Klara Neurauter (74) auf Listenplatz drei ist ebenso wenig völlig ausgeschlossen wie jener von Christine Oppitz-Plörer auf Platz zwei. Eine Amtsführung für Tursky mit einem satten Gehalt von 13.300 Euro brutto könnte das Inferno möglicherweise noch verhindern.
Doch dafür müsste der Ex-Staatssekretär „Ja“ und „Amen“ sagen zu allem, was Rot, Grün und Anzengruber für ihn ausverhandelt haben. Ein Gang in die Privatwirtschaft ist da wohl allemal die angenehmere Option.
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