Papua-Neuguinea

Nach Katastrophe: „Die Erde ist noch in Bewegung“

Ausland
31.05.2024 06:00

Eine Bergflanke rutschte in Papua-Neuguinea ab und riss Tausende Menschen in den Tod. Marlène Villeneuve erklärt die Ursachen und warum eine Warnung kaum möglich war. Hilfsorganisationen sind vor Ort.

Es war ein Bruchteil einer Sekunde. Eine Bergflanke löste sich, rutschte ins Tal ab und riss Tausende Menschen in den Tod. Mit bloßen Händen graben die Bewohner von Papua-Neuguinea nach Überlebenden. Doch die Hoffnung schwindet mit jeder Minute. Am 24. Mai ereignete sich die Katastrophe.

Die Bewohner sind über die Tragödie fassungslos (Bild: AFP/APA/UN DEVELOPMENT PROGRAMME/Handout)
Die Bewohner sind über die Tragödie fassungslos

Doch hätte man die Einwohner warnen können? „Es gibt kein Frühwarnsystem. Die Installation solcher Systeme wäre aufgrund der Vielzahl potenziell gefährdeter Hänge und der schwierigen Zugänglichkeit in abgelegenen Gebieten kaum umsetzbar“, erklärt Marlène Villeneuve, Professorin für Felsmechanik an der Montanuni in Leoben (Steiermark).

(Bild: Krone KREATIV/APA)

 Papua-Neuguinea liegt in einer geologisch komplexen und sehr aktiven Zone, was das Land besonders anfällig für Erdrutsche macht. Die Region ist geprägt von schwachen Gesteinen, Verwerfungen, intensiven Regenfällen, Flusserosion und häufigen Erdbeben. „Diese Faktoren tragen erheblich zu den Erdrutschgefahren bei“, so die Expertin.

Erdrutschgefahr durch Abholzung
Aber auch der Mensch könnte dazu beigetragen haben. „Abholzung und Bergbau erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Erdrutschen. Entwaldung verringert die Fähigkeit des Bodens, Regenwasser langsam aufzunehmen und abzugeben, was zu schnellem Abfluss und Erosion führen kann.“

Marlène Villeneuve, Professorin für Felsmechanik an der Montanuni in Leoben (Steiermark) (Bild: Marlène Villeneuve)
Marlène Villeneuve, Professorin für Felsmechanik an der Montanuni in Leoben (Steiermark)

Und das Schlimme: Die Erde in der Hochland-Region ist immer noch in Bewegung. Tausende Überlebende müssen aus Sorge vor neuen Gerölllawinen in Sicherheit gebracht werden.

Professorin hat Lösungsvorschläge
Die Professorin sieht bei der geologischen Struktur Papua-Neuguineas Ähnlichkeiten wie in Neuseeland. Hier hat man Risikominderung geschafft. „Zu den Lösungen gehören die Stabilisierung von Hängen entlang wichtiger Infrastrukturen. Damit auch eine schnelle Reaktion gewährleistet ist sowie die öffentliche Aufklärung und Kommunikation über Erdrutschgefahren“, erklärt Marlène Villeneuve im „Krone“-Gespräch.

World Vision hilft Opfern
„Bergungen sind extrem schwer“

Chris Jenson, der World Vision Direktor von Papua-Neuguinea schildert im Gespräch die Schwierigkeiten bei dem Hilfseinsatz am Ende der Welt. 

„Krone“: Herr Jensen, wie ist die Lage im Erdrutsch-Gebiet? 
Chris Jenson: Es ist tragisch. Aufgrund des Ausmaßes des Erdrutsches ist es schwierig, die Zahl der Opfer zu verifizieren. Der Erdrutsch ereignete sich um 3 Uhr morgens. Die Anwohner hätten nichts tun können, da sie zu diesem Zeitpunkt schliefen, daher die große Zahl der vermissten Personen. Die Größe der herabgestürzten Felsen ist auch erstaunlich. Die Suche wird weiter erschwert, weil es zu weiteren Erdrutschen und instabilen Blöcken kommen kann. Bergungen sind extrem schwer.

Was kommt noch dazu? 
Familien und Kinder sind gezwungen, in offenen Gebieten mit unzureichenden Unterkünften zu leben. Die Gesundheitsrisiken, denen sie aufgrund der tiefen Temperaturen und der unhygienischen Bedingungen ausgesetzt sind, sind bedenklich.

World Vision Direktor von Papua-Neuguinea Chris Jenson (Bild: World Vision)
World Vision Direktor von Papua-Neuguinea Chris Jenson

Wie sieht es mit Trinkwasser und Strom aus? 
In Papua-Neuguinea haben generell nur vier von zehn Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser. In ländlichen Gebieten ist dieser Anteil noch geringer. Die meisten ländlichen Gemeinden sind ohne Strom, da sie nicht an das Stromnetz angeschlossen sind.

Wie hilft World Vision vor Ort? 
Wir bereiten unter anderem die Verteilung von Kleidung für die Kinder, Decken, Moskitonetzen und Handtüchern vor.

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