„Renaturierungsshow“ statt ernsthafte Politik. Mit diesen Worten fasst SPÖ-Chef Andreas Babler das wochenlange Gezänk in der türkis-grünen Regierung und zwischen Bund und Ländern zusammen. Die SPÖ schlägt einen nationalen Renaturierungsplan mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro in den kommenden fünf Jahren vor.
In einem Doppelinterview mit dem früheren Wiener Bürgermeister und aktuell Mitglied des SPÖ-Expertenrats Michael Häupl erklärt Babler der „Krone“ den roten Schwenk bei diesem Thema und positioniert sich als grüner Roter. Die Wiederherstellung von Wäldern, Flüssen und Mooren sei eines der wichtigsten politischen Felder heute, so Babler. Das einzige, was die Regierung dazu zu bieten habe, sei eine „Renaturierungsshow, bei der es der Ministerin darum geht, den schwarzen Peter hin und her zu schieben“. In Wahrheit gehe es um wichtige Sachen. „Wir brauchen eine Strategie. Wir haben in Österreich auch seit 1200 Tagen kein Klimaschutzgesetz, wir haben keine verbindlichen Klimaziele.“
Babler will eine Biodiversitätsmilliarde
Die SPÖ fordert eine Aufstockung der Fördermittel für Biodiversität auf zumindest eine Biodiversitätsmilliarde für die nächste Gesetzgebungsperiode und verweist dabei auf Berechnungen der EU-Kommission, wonach jeder investierte Euro zu einem Nutzen von mindestens acht Euro führen würde. Die bisherige Dotierung mit 80 Millionen Euro für eine fünfjährige Periode bis 2026 greife viel zu kurz, so Babler. Vereinzelte Schutzgebiete allein reichen nicht aus, um die nötige Verbesserung beim Arterhalt herbeizuführen, vielmehr ist ein Schutzgebietnetzwerk, also ein „Grünes Netz für Österreich“ nötig, zu dem die Bundesforste als wesentlicher Waldbesitzer und Private über vertragliche Regelungen beitragen.
„Möchte jeden Eisvogel persönlich begrüßen“
Um mögliche negative Auswirkungen auf die Natur und die Artenvielfalt vorab zu erfassen, soll ein verpflichtender Biodiversitäts-Check (ähnlich dem von der Bundesregierung angekündigten, aber bisher nicht umgesetzten, Klima-Check) eingeführt werden. Babler verweist auf sein Vorzeigeprojekt, das er als Bürgermeister von Traiskirchen 2020 umgesetzt hat und aktuell weiter ausbaut. „Wir haben damals begonnen, den einst vor vielen Jahrzehnten durch Menschenhand eingezwängten Flusslauf der Schwechat Au zu befreien. Das Gebiet wurde wieder lebendig und sogar der Eisvogel ist zurückgekehrt. Am liebsten würde ich jeden einzelnen persönlich begrüßen“, so Babler.
Die EU-Renaturierungsverordnung war bis vor kurzem vom einem einstimmigen Länderbeschluss blockiert. Das rote Wien und Kärnten haben jedoch eine Kursänderung vorgenommen und fordern nun von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler dem Gesetz am 17. Juni beim EU-Umweltministerrat zuzustimmen. Nach Sicht der Roten ist die Länderblockade aufgehoben. Der langjährige Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der Babler in Umweltfragen berät, dazu: „Wenn es zwischen den Bundesländern keine Einstimmigkeit gibt, ist der Beschluss nicht mehr aktuell. Die Einheitlichkeit ist weg.“
Juristischer Streit um Zuständigkeit
Gewessler selbst forderte zuletzt eine klare Stellungnahme von den Ländern. Nach Ansicht der SPÖ kann sie in Brüssel im Alleingang zustimmen, sie solle sich nicht hinter den Ländern verstecken, so Häupl und Babler. Die Frage ist komplex. Juristen streiten nicht nur darüber, ob die Länderblockade mit dem roten Schwenk beendet ist, sondern auch, ob Gewessler die Zustimmung anderer Minister, etwa Norbert Totschnig (Landwirtschaft), benötigt. Die ÖVP sagt Ja und stützt sich auf ein Gutachten des Verfassungsdienstes.
„Die Grünen können sich nicht durchsetzen, sie spielen taktische Spielchen“
SPÖ-Chef Andreas Babler
Babler kritisiert dieses Hick-Hack. „Die Grünen können sich nicht durchsetzen, sie spielen taktische Spielchen, aber eigentlich muss es ja ein gemeinsames Interesse in Österreich geben, dass man intakte Naturlandschaften garantiert.“ Und die ÖVP „macht hauptsächlich Politik für die großen Agrarkonzerne und pfeift auf die kleinen Bauern“.
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