Spekuliert wurde schon länger, jetzt ist es fix: ÖVP-Politiker Wolfgang Sobotka, derzeit Nationalratspräsident, kehrt im Herbst dem Parlament den Rücken. Denn bei der Wahl Ende September tritt er nicht mehr an.
Dem 68 Jahre alten Politiker aus Waidhofen an der Ybbs war bereits vergangenes Jahr der erste Platz auf der Landesliste in Niederösterreich „entrissen“ worden. Daraufhin gab es bereits Gerüchte, dass Sobotka auch nicht auf der Bundesliste der ÖVP stehen wird. „Ich entwerfe heute keine Perspektiven für die Zukunft“, bekräftigte er dazu gegenüber der „Krone“.
Entscheidung nach Gespräch mit Familie
Nun steht fest: Der langjährige Präsident des Nationalrats wird bei der Nationalratswahl am 29. September überhaupt nicht mehr antreten, berichtet der „Kurier“. Das habe er nach einem Gespräch mit seiner Familie entschieden.
Diese Entscheidung kommt überraschend, auch für die Volkspartei. Denn Wolfgang Sobotka gilt als Vollblutpolitiker. Bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Nationalrats nach der Wahl wolle er noch „mit vollem Einsatz weiterarbeiten“, wurde er zitiert.
Den genauen Grund, warum er sich aus der Politik zurückzieht, wollte Sobotka laut „Kurier“ nicht nennen. „Ich wollte immer selbstbestimmt aus der Politik ausscheiden und nicht darauf warten, dass andere mir sagen, ich soll gehen“, erklärte er nur.
Viele Rücktrittsaufforderungen
Rücktrittsaufforderungen gab es in den vergangenen Jahren zur Genüge: Zuletzt aufgrund seiner Erwähnung im Pilnacek-Tape, davor wegen seiner mutmaßlichen Verstrickungen in ÖVP-Korruptionsfälle, übte die Opposition immer wieder harsche Kritik am Nationalratspräsidenten. Auch als Vorsitzender diverser Untersuchungsausschüsse polarisierte Sobotka immer wieder. Bei den letzten beiden Ausschüssen ließ er sich dann auch durchgehend vertreten.
Spott für goldenen Flügel
Der berüchtigte goldene Flügel, den Sobotka unbedingt im renovierten Parlament stehen haben wollte, brachte ihm auch viel Spott ein. Das sündteure Instrument flog schließlich aus dem Hohen Haus.
Aber weder derartige Vorfälle noch der allerletzte Platz im Politiker-Vertrauensindex seien ausschlaggebend für den Rückzug, so Sobotka. Er sei immer bei seiner Haltung geblieben, betonte der streitbare Politiker im „Kurier“: „Ich war nie das Fähnchen im Wind, ich war immer ein Mast.“
Er ist ein Politiker, der sich nicht verbiegen lässt.
Johanna Mikl-Leitner über Wolfgang Sobotka
Bild: NLK Pfeffer
Ähnlich sieht es die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): „Kaum ein anderer lebt Politik mit einer derartigen Leidenschaft und Hingabe wie Wolfgang Sobotka. Er brennt für die Sache, weil ihm unser Land und die Anliegen der Menschen wichtig sind. Und da ist es ganz gleich, wie groß oder klein die Sorgen und Herausforderungen sind, ob in der Gemeindepolitik in Waidhofen an der Ybbs, im Land oder im Nationalrat (...)“.
Parteikollege und Bundeskanzler Karl Nehammer dankte Sootka „für seinen unermüdlichen Einsatz für die Republik und die Volkspartei.“ Sobotka stehe „stets zu seinem Wort und zu seinen Werten und diskutiert leidenschaftlich für seine Überzeugungen“, erklärte Nehammer auf X.
Hafenecker: „Österreich atmet auf“
Weniger schmeichelhaft äußerte sich FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker: „Wolfgang Sobotka geht – Österreich atmet auf!“ kommentierte er in einer Aussendung dessen Ausscheiden aus der Politik. Er kritisierte, dass Sobotka parlamentarische Gepflogenheiten mit Füßen getreten und sich als „Alleinherrscher im Parlament aufgespielt“ hätte. Dadurch habe er das Ansehen des Amts des Nationalratspräsidenten beschädigt.
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