49 Zentimeter war er groß und 2600 Gramm schwer – doch der Säugling hatte keine Chance auf ein glückliches Leben. Seine Mutter hat ihn nach der Geburt getötet. Die Obduktion ergab stumpfe Gewalt am Köpfchen, 15 Messerstiche in den Hals und Erdrosseln durch ein Geschenkband, das noch um den Hals des neugeborenen Buben hing. Die Mutter, der Vater und die Tante stehen am heutigen Mittwoch in Leoben (Steiermark) vor Gericht. In den Nachmittagsstunden fielen die milden Urteile.
Die Angeklagte selbst hat keine Erinnerung mehr an ihre Tat. Gefasst, während ihr die Tränen über das Gesicht laufen, schildert sie, was sie vom Tattag Ende Februar 2023 noch weiß. „Ich bin aufgewacht, weil die Matratze voller Blut war. Ich wollte aufstehen, bin aber umgekippt. Dann sei das Baby schon geboren gewesen. „Mehr weiß ich wirklich nicht mehr.“ Auch nicht über die Tötung.
Seit 2016 ist das junge Paar zusammen, auch heute noch. Die Beziehung hielten die beiden aus Angst vor den Eltern geheim. „Mitte 2022 wurde die heute 29-Jährige schwanger“, schildert Staatsanwältin Sabrina Berger, die junge Frau will aber nicht gemerkt haben, dass sie ein Kind erwarte. Am Tatabend spürte sie nur ein Ziehen im Bauch. „Tatsächlich waren es Geburtswehen.“
Schädelbruch und Messerstiche
Kurz darauf brachte die Angeklagte den gesunden Buben zur Welt. „Mit einer Bastelschere schnitt sie die Nabelschnur durch und wickelte das Baby in einen blauen Bademantel.“ Was danach in den nächsten drei bis vier Stunden geschah, weiß nur die Angeklagte, die sich aber nicht erinnert. Vermutlich um sich zu schützen. Laut Obduktionsbericht wies das Neugeborene einen Schädelbruch durch massive stumpfe Gewalt auf. Mit dem Geschenkband war es erdrosselt worden. 15 Messerstiche in den Hals zählte der Gerichtsmediziner zudem. „Zugefügt mit derselben Bastelschere, die davor die Nabelschnur durchtrennt hatte“, so die Staatsanwältin.
Die Angeklagte war von Beginn geständig, ihren Sohn auf die beschriebene, abscheuliche Art getötet zu haben, wie es die Anklägerin formulierte. Weil sie in einem psychischen Ausnahmezustand durch die überraschende Geburt war, ist sie nur wegen Kindstötung und nicht wegen Mordes angeklagt. Gutachter Manfred Walzl attestierte ihr eine akute Belastungsstörung durch die Geburt bedingt. Der hohe Blutverlust (eineinhalb Liter laut Notärztin) könne zudem zu Denkstörungen führen.
„Ich schwöre, ich habe nichts bemerkt“
Der Vater muss sich wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten. Obwohl ihm die Mutter mehrere Nachrichten und Fotos schickte, kam er ihr nicht zu Hilfe. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie wirklich schwanger war. Ich schwöre bei allen Heiligen, ich habe nichts bemerkt“, beteuert er unter Tränen vor Richter Roman Weiß. „Ich dachte, das sind normale Blutungen“, rechtfertigt er sich.
„Das ist ein Wahnsinn. Seien Sie mir nicht böse, aber so dumm kann man nicht sein!“ Der Vorsitzende konnte es nicht fassen, dass der Angeklagte es nicht der Mühe wert fand, nach seiner Freundin zu sehen – trotz der Fotos voller Blut. „Der größte Fehler meines Lebens“, sagt er leise. „Ihnen ist bewusst, dass ihr Sohn noch leben würde, wenn sie früher reagiert hätten“, wirft ihm die Staatsanwältin vor. „Er wäre jetzt eineinhalb Jahre alt.“
Schwägerin fand Frau in Blutlache
Denn erst am nächsten Tag, Stunden später beim Fußballtraining, hatte er doch ein mulmiges Gefühl und schlug Alarm. Die Schwägerin eilte in die Wohnung und fand die blutüberströmte Frau bewusstlos am Boden im Badezimmer. Dann entdeckte sie den toten Säugling im Schlafzimmer.
Säugling und Tatwaffe in Müllsack gesteckt
Während sie auf die Rettung wartet, steckt sie das tote Kind und die Schere in Müllsäcke und begann die Wohnung zu putzen. „Warum? Warum verstecken Sie den Säugling und die Schere in grünen Müllsäcken und wischen die Wohnung auf? Das sieht für mich nach dem klassischen Vertuschen aus!“, poltert der Richter. „Ich war unter Schock, ich war ja selber gerade schwanger“, weint die Frau bittere Tränen. „Ich weiß nicht. Ich wollte nichts vertuschen.“
Die (nicht rechtskräftigen) Urteile: 20 Monate bedingte Haft für die 29-Jährige wegen Tötung eines Kindes bei der Geburt. Die Tante des Neugeborenen erhielt wegen Unterdrückung von Beweismitteln und Störung der Totenruhe drei Monaten auf Bewährung, für den Fußballer setzte es wegen der unterlassenen Hilfeleistung eine Geldbuße im Rahmen einer Diversion in der Höhe von 1500 Euro.
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