Morgen, Sonntag, wählt Europa. Ein Rechtsruck kann auch Einfluss auf öffentlich-rechtliche Sender wie den ORF haben, die von der Bevölkerung ohnehin schon immer weniger akzeptiert werden und Marktanteile einbüßen.
Rai in Italien leidet unter der Vereinnahmung durch die Politik, und im slowakischen TV klagt man über Zensur. Nur zwei Beispiele dafür, wie Medien in ganz Europa mit politischer Einflussnahme kämpfen, die gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen schon durch ihre staatliche Natur besonders leicht möglich ist. Die EU-Wahl könnte dieses Problem noch verschärfen: „Parteien, die deutlich rechts stehen, haben keine Freude mit öffentlich-rechtlichen Sendern. Ein Rechtsruck könnte den Druck auf diese Medien erhöhen und die Gesamtstimmung verschieben“, erklärt Medienexperte Peter Plaikner.
Jedoch könne man auch etwas gegen zu viel an Einflussnahme unternehmen, so Plaikner, der für den ORF empfiehlt: „Ganz ohne Staatsnähe geht es zwar nicht, aber etwa eine geheime Wahl des Generaldirektors wäre wünschenswert, genauso wie eine stärkere Unabhängigkeit von Stiftungs- und Publikumsrat, wie es der Verfassungsgerichtshof ohnehin bereits angeordnet hat. Wichtig wäre gewesen, dass diese Regierung das noch durchzieht, nun wird das offenbar auf die kommende Regierung verschoben.“ Er sei gespannt, wie diese die ORF-Gremien in wenigen Monaten reparieren wolle – mit April 2025 muss die Gesetzesnovelle stehen. Sollte die FPÖ Teil der nächsten Regierung sein, erwartet der Experte, dass sie versuchen wird, die ORF-Finanzierung von Haushaltsabgabe auf Budgetfinanzierung zu ändern: „Genau das erhöht allerdings wieder die politische Abhängigkeit.“
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann warnte in einer kürzlichen Rede vor einer Beschneidung der Finanzen: „Wenn man den ORF treffen will, wenn man ihn zerschlagen will, muss man ihm Geld wegnehmen.“ Doch das bedeute auch, dabei „viel anderes zu zerstören, Kunst und Kultur, Sport und Unterhaltung.“
Neben politischer Einflussnahme kämpft der ORF wie viele andere Öffentlich-Rechtlichen in Europa auch mit Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Marktanteile der staatlichen Medien sinken, und Zwangsgebühren regen nicht nur in Österreich auf, auch wenn sie hier vergleichsweise hoch sind (siehe Grafik). Hinzu kommen im Fall des ORF noch einige Aufreger mehr, allen voran die veröffentlichte Gehaltsliste der Gagen-Kaiser.
Plaikner versteht den Frust vieler Österreicher und rät: „Als ORF sollte man mehr Transparenz zeigen, anstatt jedes Mal wehleidig aufzuheulen. Und vielleicht auch einmal einen werbefreien ORF diskutieren. Denn ein Übermaß an Werbung ist nicht nur ein Ärgernis der Gebührenzahler, sondern deren Abschaffung würde auch die Konkurrenzlinien der Medienlandschaft beruhigen. Schließlich ist der ORF als einziges Medium durch Gebühren und Werbung doppelt finanziert.“ Dass der ORF eine Volksabstimmung über ihn, wie die Schweiz eine gemacht hat, gewinnen würde – wovon Weißmann sich überzeugt zeigt – dafür würde Plaikner jedenfalls nicht die Hand ins Feuer legen ...
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