Sechs Angeklagte

Prozess nach dubiosem Immo-Deal mit Demenzkranker

Oberösterreich
12.06.2024 09:55

Es ist eine sehr illustre Runde, die seit Mittwoch auf der Anklagebank am Landesgericht Wels sitzt. Zwei Anwälten, einem Notar, Immobilienentwicklern und einer Maklerin wird vorgeworfen, einer dementen Seniorin ihr wertvolles Besitztum zum Schleuderpreis abgekauft zu haben.

„Gegen die Beschuldigten besteht der Tatverdacht, im Jahr 2019 eine an Demenz erkrankte Person unter Ausnutzung ihres schlechten Geisteszustands und ihrer Unerfahrenheit verleitet zu haben, einen Übergabsvertrag, zwei Schenkungsverträge auf den Todesfall und eine Vorsorgevollmacht zu unterfertigen“, heißt es in einer Aussendung der Staatsanwaltschaft zu dem spektakulären Fall, der seit Mittwoch am Landesgericht Wels verhandelt wird.

900.000 zu wenig bezahlt?
Konkret geht es dabei um eine Pension, ein Stück Wald und ein Bootshau am Traunsee, für die eine Immobilien-GmbH schließlich weniger als die Hälfte des Marktwerts (laut Gutachter) bezahlte. Der Verkauf musste nach einem gerichtlichen Beschluss rückabgewickelt werden, heute soll der Fall noch einmal aufgearbeitet werden. 

Langer Prozess
Am Mittwoch müssen sich alle Beschuldigten (für alle gilt die Unschuldsvermutung) vor dem Landesgericht Wels wegen schweren Betrugs verantworten. Eine ganze Armada an Anwälten aus Wien, Salzburg und Linz rückte aus, um den Schöffensenat zu überzeugen, dass alles ganz anders war. Die sechs Angeklagten wirkten sichtlich irritiert ob ihrer Situation auf der Anklagebank. Angaben zu ihrem Vermögen wollten sie, bis auf die Maklerin (sie ist die 1. Angeklagte), übrigens nicht machen.

„Strafrechtlich ist das kein Fall“
Deren Anwalt Oliver Plöckinger stellte dann gleich einmal fest: „Strafrechtlich ist das kein Fall. Es ist kein Schaden eingetreten.“ Denn, so der Jurist, die Demenz der Verkäuferin sei damals nicht erkennbar gewesen und die Berechnungen der Gutachter zu der Liegenschaft seien schlichtweg falsch. 

Die Anwälte der anderen Angeklagten betonten ebenfalls die Unschuld ihrer Mandanten, sehen keine strafrechtlich relevanten Vergehen. Alles sei sauber abglaufen und die mögliche Demenzerkrankung der Verkäuferin sei nicht wahrnehmbar gewesen.

Verwandtschaftliche Verhältnisse
Aber: Fragen der Staatsanwaltschaft und des Privatbeteiligten-Anwalts (der Enkel der Verkäuferin) wollten die Angeklagten auf Anraten ihrer Rechtsvertreter dann nicht beantworten – was ihr gutes Recht ist. Ins Protokoll wurden sie aber schon aufgenommen. Der beschuldigte Notar wollte sogar die Fragen der anderen Anwälte nicht beantworten.

Was auffällt: Man kennt sich. Die Angeklagten sind teilweise eng verwandt, oder man kennt sich über die Kinder, die gemeinsam zur Schule gehen. Die Welt am Traunsee ist eben klein.

Danach ging es viel um das Seegrundstück, das eigentlich von den Bundesforsten gepachtet ist, den Zustand der Verkäuferin und vor allem darum, ob man die alte Dame und ihre Enkelin ausreichend aufgeklärt haben. 

Anwälte als Gerichtskiebitze
Angesichts der zahlreichen Angeklagten und der komplexen Materie ist der Prozess für mehrere Tage anberaumt. Am Donnerstag geht es am Landesgericht Wels weiter. Wie ungewöhnlich der Fall und vor allem die Angeklagten sind, zeigt auch, dass zahlreiche andere Anwälte im Publikum die Verhandlung beobachteten.

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