Wenn Frauen während ihrer Elternkarenz schwanger wurden, aber kein Kinderbetreuungsgeld mehr bezogen, sahen sie sich bisher mit einer Lücke bei der sozialrechtlichen Absicherung konfrontiert. Am Mittwoch hat der Nationalrat nun diesen Missstand aus dem Weg geräumt.
Mit großer Mehrheit wurde für diese Fälle ein Sonderwochengeld beschlossen. Die bisherige Lücke verstößt laut Interpretation des OGH im Übrigen gegen EU-Recht. Gegen die Regierungsvorlage stimmten lediglich die NEOS.
Die Mütter, die sich für das einkommensabhängige Karenzgeld entschieden hätten und nach dessen Ende weiter in Karenz bleiben würden, seien meist Besserverdienende, die den Sozialstaat zu ihrem eigenen Vorteil „optimieren“, begründete NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker die pinke Ablehnung. Damit hätten sie sich „die Falle selbst gebaut“ – es sei falsch, die Eigenverantwortung auszuschalten. Alle anderen Fraktionen unterstützten hingegen die Reparatur.
Neue Regelung wirkt rückwirkend
Die Höhe des neuen Sonderwochengelds, das acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt bezogen werden kann, orientiert sich am erhöhten Krankengeld, das auch bei einem längeren Krankenstand finanzielle Absicherung gewährleistet. Gleichzeitig werden die Frauen während des Bezugs pflichtversichert. Die neue Regelung gilt rückwirkend mit 1. September 2022. 70 Prozent der Kosten übernimmt der Familien-Lasten-Ausgleichsfonds, 30 Prozent die Krankenversicherung der Frau. Das Sozialministerium rechnet mit rund 1300 Betroffenen und Kosten von rund 10,56 Mio. Euro pro Jahr.
Bessere Betreuung nach Fehlgeburten
Beschlossen wurde im Nationalrat auch die Verbesserung der Betreuung von Frauen nach Fehlgeburten. Alle Parteien stimmten für eine Novelle des Sozialversicherungsgesetzes, wonach Frauen künftig auch bei Fehlgeburten in einer fortgeschrittenen Phase der Schwangerschaft (ab der 18. Schwangerschaftswoche) Anspruch auf Unterstützung durch eine Hebamme haben. Bisher gab es diese erst bei sogenannten Totgeburten (über 500 Gramm). Die neue Regelung gilt ab 1. September 2024.
In der Debatte zum Thema waren sich alle Parteien darin einig, dass das Thema Fehlgeburten in der Gesellschaft enttabuisiert werden sollte. In etwa jede sechste Frau sei von Schwangerschaftsverlust betroffen, dennoch werde kaum über das Thema gesprochen, gab die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, zu bedenken. Das beschlossene Maßnahmenpaket könne daher nur der erste Schritt sein. Hebammen seien die fachlich qualifizierten Personen, um einerseits auf die körperlichen Veränderungen der Frauen einzugehen. Zugleich seien sie auch psychologisch geschult, um betroffene Familien zu unterstützen, erklärte Familienministerin Susanne Raab (ÖVP).
SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner begrüßte das Maßnahmenpaket, ebenso wie die FPÖ, die aber bemängelte, dass die Regelung nicht bereits ab Juli gilt. Die freiheitliche Familiensprecherin Rosa Ecker forderte außerdem einen Anspruch auf Wochengeld für betroffene Frauen. Die NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler sprach sich ihrerseits bei der Gelegenheit auch für eine Unterstützung bei der Erfüllung des Kinderwunsches aus.
Im Zuge der Novellierung des Sozialversicherungsgesetzes wurde außerdem die Verlängerung der Honorierung für die Durchführung von Corona-Impfungen im niedergelassenen Bereich bis Ende März 2025 beschlossen.
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