Will zusammenarbeiten

Kogler zu Streit: „Sind nicht im Kindergarten“

Politik
19.06.2024 14:04

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gibt sich trotz des Krachs mit der ÖVP zuversichtlich, dass offene Projekte umgesetzt werden. „Wir sind ja nicht im Kindergarten“, betont er. Auch eine künftige Regierungsbeteiligung hat Kogler noch nicht aufgegeben – mit Leonore Gewessler im Team.

Dass die Grünen mit dem Ja zum Renaturierungsgesetz auf EU-Ebene kurz vor ihrem Parteitag für ein Wahlkampfmanöver die Regierung riskiert hätten, wies Kogler im APA-Interview zurück: „Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen abgewogen“, betonte er. „Es war für die Natur eine lebenswichtige Entscheidung, und zwar für ganz Europa. Österreich und wir haben den Ausschlag gegeben.“ Zwischen dem Bundeskongress und der Abstimmung gebe es keinen zeitlichen Zusammenhang.

Kogler kontert Kanzler
Die ÖVP reagierte auf den Alleingang der grünen Umweltministerin Gewessler äußerst verärgert, die Koalition stand auf der Kippe. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach von einem „mehr als schweren Vertrauensbruch“, die Grünen hätten ihr „wahres Gesicht“ gezeigt. Er wagte es aber nicht, die Regierungsarbeit für beendet zu erklären. „Unser wahres Gesicht ist, dass wir für Klima-, Umwelt- und Naturschutz brennen und uns einsetzen“, konterte Kogler. Er verwies auf andere grüne Errungenschaften wie das Klimaticket oder das Plastikpfand.

Der angekündigten Anzeige der Volkspartei gegen Gewessler wegen Amtsmissbrauchs sieht Kogler „sehr gelassen“ entgegen. Schließlich habe man „alle Schritte rechtlich abgesichert“, bekräftigte der Grünen-Chef.

Der Vizekanzler im Gespräch (Bild: APA/EVA MANHART)
Der Vizekanzler im Gespräch

Will noch viele Vorhaben umsetzen
Diesen Mittwoch wollten sich ÖVP und Grüne beim wöchentlichen Ministerrat nicht von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten, Kogler geht aber davon aus, dass es wieder gemeinsame Auftritte geben werde. Schließlich lägen noch einige Vorhaben im Nationalrat. Er sei „überzeugt und zuversichtlich“, dass ÖVP-Klubchef August Wöginger und die grüne Klubchefin Sigrid Maurer Vorhaben wie Lohn statt Taschengeld für behinderte Menschen, Gemeindemilliarden oder Besserstellungen für Studierende gut über die Bühne bringen.

Kogler glaubt trotz des Zerwürfnisses, dass noch weitere geplante Gesetze auf Schiene gebracht werden, etwa ein rascheres Verbot der Vollspaltenböden in der Schweinehaltung. Offen ist auch, wie das letzte Drittel aus der Teilabschaffung der Kalten Progression verteilt wird. Zudem steht das Elektrizitätswirtschaftsgesetz noch aus. Weiters sei beim Ausstieg aus russischem Gas noch einiges zu tun, so Kogler – ausgerechnet ein Kernanliegen von Energieministerin Gewessler.

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Wir haben laufend mit Irritationen in der ÖVP zu tun.

(Bild: APA/EVA MANHART)

Vizekanzler Kogler über den Koalitionspartner

Gefragt, ob er ernsthaft glaube, dass die ÖVP mit den Grünen noch Vorhaben speziell aus Gewesslers Bereichen umsetzen wird, entgegnete Kogler: Es gehe um gemeinsame Verantwortung, „da geht es ja nicht um die ÖVP für sich genommen oder um irgendwelche Funktionäre, die irritiert sein mögen“. Man habe schließlich „mit Irritationen in der ÖVP laufend zu tun“. Kanzler Nehammer agiere aber grundsätzlich sehr verantwortungsvoll. „Bitte, wir sind ja nicht im Kindergarten oder auf irgendeinem Jugendlager, wo man sich beleidigt zur Seite dreht. Unser Regierungsprogramm heißt ,Verantwortung für Österreich‘, und genau das werden wir weiterleben.“

Es habe im Übrigen „schon viel größere Krisen“ in der türkis-grünen Koalition gegeben, erinnerte Kogler an die Turbulenzen rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Sowohl der Kanzler als auch die Grünen seien damals wie jetzt mit dem Bundespräsidenten „ständig im Austausch zu dritt“.

Vereinbarung zu EU-Kommissar hinfällig
Die Renaturierung war in letzter Zeit nicht das einzige Thema, bei dem die Grünen den Koalitionspartner brüskiert haben. Kogler hatte zuletzt erklärt, sich nicht mehr an jenen Sideletter gebunden zu fühlen, der der ÖVP die Besetzung des EU-Kommissars zugesteht. Der Vizekanzler verwies darauf, dass es gesetzlich vorgegeben einer Einigung im Ministerrat und einer Mehrheit im Hauptausschuss bedürfe. „Wir werden auch eine Einigung anstreben und es wird dazu kommen.“ Für ihn sei aber schon länger klar, dass der Sideletter hinfällig sei, weil „Voraussetzungen weggefallen sind“. Welche das sind, wollte der Vizekanzler nicht sagen.

„Es wird was weitergehen“, betont Kogler im Interview. (Bild: APA/EVA MANHART)
„Es wird was weitergehen“, betont Kogler im Interview.

Kogler blickt „entspannt“ auf heißen Wahlherbst
Eine weitere Regierungsbeteiligung der Grünen dürfte nach den Ereignissen der vergangenen Tage noch unwahrscheinlicher geworden sein. Kogler gibt sich allerdings „entspannt“. Im Herbst trete man für Klima- und Naturschutz an, aber auch für „wirtschaftliche Vernunft“ und soziale Absicherung – „diese Mischung gibt es nur mit den Grünen“. Nach der Wahl müsse man sich ansehen, „was demokratische Mehrheiten ermöglichen“, meinte Kogler.

In der ÖVP ist man seit Sonntag derart verärgert, dass Gewessler bereits mit FPÖ-Chef Herbert Kickl verglichen wird. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) erklärte etwa, die Grünen seien für ihn als möglicher Koalitionspartner nach der Nationalratswahl nur ohne Gewessler denkbar. Kogler gibt sich davon unbeeindruckt: „Auf so etwas lassen wir uns überhaupt nicht ein.“ Wenn man bei der Wahl so stark werde, dass man in den Regierungsverhandlungen eine Rolle spiele, „dann ja, mit Leonore Gewessler“.

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