Wehrpflicht-Debatte

Darabos-Kritik an FPÖ-Formulierung “Söldnerheer”

Österreich
05.12.2012 11:45
Die Wehrpflicht-Debatte hat am Mittwoch den Auftakt zur letzten Plenarwoche des Nationalrats im Jahr 2012 geprägt. Auf Antrag der FPÖ drehte sich die Aktuelle Stunde um die Volksbefragung am 20. Jänner, wobei Freiheitliche und ÖVP wie gehabt der Erhaltung der Wehrpflicht das Wort redeten, während SPÖ und Grüne einmal mehr innig für ein Berufsheer warben. Erbost gab sich Verteidigungsminister Norbert Darabos über die Wortwahl der FPÖ.

Eingestimmt wurde die Debatte von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der von einem Berufsheer wesentlich höhere Kosten bei geringerer Mannstärke erwartet. Zudem wäre die Katastrophenhilfe nicht mehr gesichert. Strache warnte mit Blick auf die 1930er-Jahre auch, dass in Österreich schon einmal ein Berufsheer auf das eigene Volk geschossen habe. Weitere Argumente des Freiheitlichen: Ein Berufsheer wäre ein weiterer Schritt weg von der "lieb gewonnenen und guten Neutralität" - und es sei gut, wenn man in der Gesellschaft nicht nur immer dann etwas tue, wenn man dafür etwas bekomme.

Darabos für Neutralität, gegen "Söldnerheer"
Verteidigungsminister Darabos wies die von Strache gestellte Prognose, dass ein Berufsheer in die NATO führen werde, zurück. Auch in neutralen bzw. bündnisfreien Staaten wie Schweden und Irland denke trotz Abschaffung der Wehrpflicht keiner darüber nach, der Allianz beizutreten: "Wir stehen zur Neutralität, wir stehen für ein rot-weiß-rotes Bundesheer."

Erbost zeigte sich Darabos über den von der FPÖ gewählten Titel der Aktuellen Stunde, "Wehrpflicht und Neutralität - statt Söldnerheer und NATO": "Söldner" seien Kriminelle, und er lasse nicht zu, dass die Berufssoldaten beleidigt werden. Dies sei eine "Verunglimpfung der Sonderklasse".

Zur Unterstützung des Verteidigungsministers eilte SPÖ-Klubchef Josef Cap herbei, der die jungen männlichen Zuschauer auf der Besuchergalerie am liebsten gleich gefragt hätte, ob sie wirklich sechs Monate Zeit beim Bundesheer vergeuden wollten. Schwarz-Blau hielt er vor, immer gegen den Zivildienst gewesen zu sein, diesen aber jetzt für ihre Wehrpflicht-Kampagnen zu missbrauchen. Gleich darauf bezeichnete Cap den Zivildienst selbst als "Auslaufmodell" – allerdings der demografischen Entwicklung wegen.

ÖVP ortet "Gewinn von emotionalem Reichtum"
Geradezu entrüstet über Caps Zeitverschwendungsargument gab sich danach ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf, der von einer "moralischen Armutsgefährdung des Landes sprach". Eine Tätigkeit für die Gesellschaft sei ein "Gewinn von emotionalem Reichtum". Überhaupt keine Frage sei aber auch, dass der Präsenzdienst inhaltsreicher werden müsse und Leerläufe beseitigt gehörten.

Grüne: Wehrpflicht ist "Zwangsdienst für junge Männer"
Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig wiederum tat kund, wieso ihre Fraktion ein Freiwilligenheer will: Im 21. Jahrhundert brauche es nämlich "keinen Zwangsdienst für junge Männer". Eine Wehrpflicht gebe es nur noch in europäischen Randstaaten, Österreich liege aber im Herzen Europas. Als Argument diente Glawischnig noch die hohe Zahl der Systemerhalter - alleine in Zeltweg säßen 400 solcher am Flughafen.

Bucher "nahe an Boykottaufruf der Volksbefragung"
Das BZÖ tendiert an sich traditionell zum Berufsheer, doch ist Bündnisobmann Josef Bucher "nahe daran", zu einem Boykott der Volksbefragung aufzurufen - weil man solch eine Entscheidung schwer treffen könne, wenn die Koalition nicht einmal eine Sicherheitsstrategie zusammengebracht habe. Überhaupt hätten angesichts der gestiegenen Arbeitslosigkeit Hunderttausende Österreicher, die nicht wüssten, wie sie sich das Heizen leisten sollen, andere Sorgen, als der Wehrpflicht-Debatte zu lauschen.

Stronach-Klubchef Lugar bemüht Vergleich mit Bodenleger
Stronach-Klubchef Robert Lugar hatte im Wesentlichen ein Argument für das Berufsheer: "Ein Bodenleger muss drei Jahre lernen, aber beim Dienst an der Waffe reichen angeblich drei Monate", zweifelte er die Professionalität eines Heeres bestehend aus Wehrpflichtigen an. Lächerlich erschien ihm sichtlich das "Söldner"-Argument der FPÖ: "Sind die bei der Berufsfeuerwehr auch Söldner?"

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