Was viele innerhalb der ÖVP nicht mehr wollen, schließt Bundeskanzler Karl Nehammer zumindest nicht dezidiert aus: nämlich eine türkis-grüne Koalition nach den Nationalratswahlen. Selbst Leonore Gewessler, die von der Volkspartei angezeigt wurde, klingt nicht abgeneigt.
Nach dem EU-Alleingang von Klimaministerin Gewessler beim Thema Renaturierung kannte die Wut innerhalb der Volkspartei keine Grenzen. Die Türkisen fühlten sich vom Juniorpartner überrumpelt und hintergangen.
Von einem Vertrauens- und Rechtsbruch durch die Grünen-Politikerin war die Rede. Der ÖVP-Bauernbund und die Bundespartei erstatteten gegen die Ministerin Anzeige. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) warf Gewessler zudem Verfassungsbruch vor. Mehr noch: Als neuerlicher Koalitionspartner hätten sich die Grünen „disqualifiziert“.
Eine Absage klingt anders
Wenn es allerdings nach Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer geht, der sich jüngst bei der Fußball-EM in Berlin mit Grünen-Chef Werner Kogler in den Armen lag, war an den vergangenen viereinhalb Jahren nicht alles schlecht. Er möchte eine Neuauflage nicht von vornherein ausschließen.
„Wir haben, glaube ich, gemeinsam sehr viele Krisen gemeinsam auch bewältigt“, erklärte der Kanzler am Donnerstag gegenüber ServusTV. Einen Grund dafür sieht er in seinem ersten Vertreter: „Werner Kogler und ich haben immer schon eine sehr ordentliche Zusammenarbeit gehabt, haben uns auch gegenseitig versprochen, dass wir die bis zum Wahltag halten werden.“
Gewesslers Alleingang sei so etwas wie eine Anomalie gewesen, hier sei der Rechtsweg eingeleitet worden. Er betonte: Wäre es über die gesamte Legislaturperiode so gewesen „wie jetzt“, wäre „verantwortungsvolles Regieren und schwere Entscheidungen treffen“ nicht möglich gewesen. Gewessler hätte sich über das Recht gehoben, um politischen Aktionismus zu betreiben, so Nehammer.
Der Bundeskanzler schließt eine Koalition weder aus noch ein, sondern stellt klar, dass die Wählerinnen und Wähler am 29.9. das Wort haben. Sollte er gewählt werden, wird er seine Erfahrungen in die Regierungsbildung einfließen lassen.
Aus dem Kanzleramt
Der Kanzler weiter: „Das, was ich sage, ist, dass die Wählerinnen und Wähler am 29.9. sehr klar auch darüber befinden können und entscheiden können, was sie von dieser Aktion halten [...]. Und ich finde, es ist der Respekt in der Demokratie vor den Wählerinnen und Wählern, dass wir auch genau das auch abzuwarten haben und davor um das Vertrauen der Menschen.“
Renaturierung der türkis-grünen Beziehung
Unbeeindruckt von den Anschuldigungen zeigte sich unterdessen neuerlich Klimaministerin. Auf die Frage, ob sie als grüne Vizechefin wieder mit der ÖVP koalieren würde, meinte Gewessler jüngst im „Standard“: „Warum nicht!“ Ihre Partei orientiere sich daran, „mit welchem Partner wie viel durchsetzbar ist“. Mit diesem Maßstab wolle man nach der Wahl in Gespräche gehen – „auch mit der ÖVP“.
Eine neuerliche Koalition scheint nach aktuellen Umfragen außer Reichweite:
Das klingt für manche durchaus nach einer möglichen Renaturierung der türkis-grünen Beziehung. Oder wie Nehammer sagt: „Alles andere wird sich dann am 29.9. zeigen.“ Aus dem Kanzleramt wurde am Donnerstagabend aber noch präzisiert: „Der Bundeskanzler schließt eine Koalition weder aus noch ein, sondern stellt klar, dass die Wählerinnen und Wähler am 29.9. das Wort haben. Sollte er gewählt werden, wird er seine Erfahrungen in die Regierungsbildung einfließen lassen.“
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