Runder Tisch in Wien

Rettungsaktion für unseren Michaelerplatz!

Wien
29.06.2024 06:00

Der Michaelerplatz im Herzen Wiens mit Schrebergarten- und Kinderspielplatz-Atmosphäre? Ein neuer runder Tisch hat bei den Umbauten im letzten Moment vieles, das neben Denkmalschützern auch „Krone“-Leser an den Plänen der Stadt gestört hatte, verhindert.

Wasserspiel, Bäume mit dschungelhaftem Wildwuchs, dazwischen aufgemotzte Pflanzenbeete – der Michaelerplatz Neu hätte nach dem Umbau bei der Verleihung des Kleingartenpreises abräumen können, die Pläne waren aber angesichts der historischen Bedeutung des Platzes einer Stadt wie Wien unwürdig. Nun kam es am Donnerstag im Rathaus zu einem runden Tisch hochrangiger Experten mit Beteiligung der „Krone“. 

Alle an einen Tisch gebracht
Wer war dabei? Allen voran Stadtplanungs-Stadträtin Ulli Sima von der SPÖ und „Krone“-Herausgeber Christoph Dichand, die namhafte Koryphäen zur Diskussion geladen hatten. Nämlich: Die beiden Architektinnen Maria Auböck und Elke Delugan-Meissl, Kunsthistoriker Gerald Matt sowie Architekt Paul Katzberger (Planer Michaelerplatz-Umgestaltung), Franz Kobermaier (Abteilungsleiter MA 19 – Architektur und Stadtgestaltung), Klimaexperte Robert Lechner (Leiter des Ökologieinstituts) und Landschaftsökologe Thomas Knoll. Die Frage: Wie den Michaelerplatz jetzt noch retten?

Die ursprünglichen Pläne der Stadt sorgten für Proteste unter den Wienern. (Bild: ZOOMVP.AT)
Die ursprünglichen Pläne der Stadt sorgten für Proteste unter den Wienern.

Kein Platz wie jeder andere
„Wir haben viele Zuschriften von Lesern erhalten, die Kritik geübt haben an diesem für Wien so besonderen Platz“, erklärt „Krone“-Herausgeber Christoph Dichand. „Vor allem das Wasserspiel würde einen Spielplatzcharakter erzeugen.“ Das sieht auch Gerald Matt so, er warnte vor „Touristen, die den Michaelerplatz mit einem Strand verwechseln und in Badehosen herumhüpfen.“

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Kühlung ist wichtig. Aber es muss auch andere Möglichkeiten geben. Die Wasserfontäne hätte wie ein Spielplatz ausgesehen.

„Krone“-Herausgeber Christoph Dichand

Maria Auböck mahnte einen „respektvollen Umgang mit der historischen Natur des Platzes“ ein und erklärte: „Mir fehlt vor allem das Gesamtkonzept. Ich hätte mir gewünscht, dass es ein Brainstorming mit nationalen und internationalen Experten gibt, um Konzepte zu entwickeln, was an solchen Orten möglich ist. Um einen Rahmen zu setzen.“ So stellte sich für Elke Delugan-Meissl überhaupt die Frage: „Ist der Michaelerplatz für Aufenthalt geeignet, um sich hinzusetzen, eine Wurstsemmel zu essen und ein Cola zu trinken?“

Was bislang vermieden werden konnte:

  • Pollerbepflanzung – die begrünten Schalen wurden gestrichen. Auch die darin geplanten Hochstammsträucher sind Geschichte.
  • Auf Hochbeete und Hochstammsträucher entlang der Hofburg wurde verzichtet.
  • Die ursprünglich erhöhten Einfassungen der Baumscheiben wurden gestrichen – die Baumscheiben werden nun bodeneben ausgeführt.

Sima verspricht „gute Lösung für die Stadt“
Was vielen Kritikern ein Dorn im Auge ist: die geplanten Blauglockenbäume, die für ihren rasanten Wuchs und die aggressive Wurzelbildung bekannt sind. Die Horrorvorstellung: eine Art botanischer Garten zwischen Looshaus, Michaelerkirche und Hofburg. „Ich habe das Projekt übernommen, und es befindet sich schon im Umbau. Aber auch ich will eine gute Lösung für die Stadt finden“, so Stadträtin Sima.

Die neuen Pläne:

  • Das viel kritisierte und tatsächlich architektonisch unzumutbare Wasserspiel kommt NICHT! Sima: „Es wurde noch nicht eingebaut und kann damit auch wieder verworfen werden.“
  • Die Bäume stehen auf dem Prüfstand. Die MA 42 ermittelt, ob es nicht auch Alternativ-Sorten sein können, die Schatten spenden und in das Gesamtgefüge passen.
  • Das Strategiekonzept für historische Plätze in Wien wurde beauftragt. Der erste Schritt ist eine Sozialraumanalyse, die nun die Fragen klärt: Wer lebt wo, und was wird benötigt?

Wichtige Diskussion in Gang gebracht
Viel vom Beanstandeten konnte vermieden werden, manches bleibt. Ebenso die Diskussion um die Veränderung des historischen Erbes – und die muss weitergeführt werden. Denn gerade bei Orten wie dem Michaelerplatz geht es nicht nur um die Gestaltung des städtischen Raums, sondern auch einen Ort mit historischer Bedeutung.

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Wir werden das eingeforderte Strategiekonzept für historische Plätze in Auftrag geben.

Stadträtin Ulli Sima (SPÖ)

Der Stephansplatz war noch eine Wiese, da gab es schon den Michaelerplatz: Wie die dortigen Ausgrabungen belegen, befand sich hier das Haupttor des Römerlagers Vindobona. Die Wege blieben, vor allem in der Achse vom Kohlmarkt zum Heldenplatz, bis heute bestehen. Vor 300 Jahren wurde aus dem Verkehrsknotenpunkt schließlich der Platz, der die Zeiten bis heute unbeschadet überdauert hat. Und es ist nicht irgendein Platz.

Was heute wie der „Hinterausgang“ der Hofburg wirkt, war immer schon der Haupteingang. Burgtor und Ringstraße ergänzten das Ensemble erst Jahrhunderte später. So fungierte der Michaelerplatz immer auch als symbolhafte Mitte zwischen der kaiserlichen Hofburg und der bürgerlichen Innenstadt. Es ist kein Zufall, dass er zum Zentrum der Revolution von 1848 wurde. Inzwischen herrscht aber Frieden auf dem und – dank des Engagements vieler Wiener – nun auch wieder um den Platz.

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