Spenden- und Sponsortätigkeiten landesnaher Betriebe an Parteien sind ein heißes Eisen. Ein Landesrechnungshofbericht in Tirol zeigt nun, warum: Das größte Stück vom Kuchen erhielt nur eine Partei.
Landesenergieversorger Tiwag und ihre fünf Töchter, Hypo Bank AG, Tirol Kliniken, Verkehrsverbund Tirol, Lebensraum Holding mit ihren Töchtern Tirol Werbung und Agrarmarketing, Tigewosi und Landesmuseen eint eine besondere Vorliebe – und das ist die ÖVP.
Bauernzeitung als Vehikel
Wie ein Bericht des Landesrechnungshofes nun aufzeigt, flossen im Zeitraum 2008 bis 2022 in Summe 1,725 Millionen Euro an die Tiroler ÖVP bzw. an ihr nahestehende Organisationen. Hauptsächlich geschah dies über den Weg von Inseraten in der Tiroler Bauernzeitung. Sie strich im genannten Zeitraum 1,4 Mio. € an Inseratengeldern ein, rund 100.000 Euro jährlich.
Wer suchet, der findet. Nichts, was passiert ist, ist Zufall. Das ist System ÖVP. Und das Vehikel dazu ist die Tiroler Bauernzeitung.
Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint
SPÖ 0,2%, der Rest ging leer aus
„Zu 99,8 Prozent kamen diese Ausgaben der ÖVP zugute, nur zu 0,2 Prozent der SPÖ“, referierten am Montag FP-Chef Markus Abwerzger und Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint die Ergebnisse der Prüfung des Landesrechnungshofes, die sie im Dezember 2022 gemeinsam initiiert hatten. Vom Volumen zweitwichtigster Profiteur war die JVP mit 143.000 Euro, gefolgt von weiteren vier Teilorganisationen (79.000 €) und einer politischen Akademie (23.500 €). An Spenden gingen 2400 Euro bei Teilorganisationen ein.
Agrarmarketing stellt Tiwag in den Schatten
Groß-Inserent war die finanzkräftige Tiwag mit 473.000 Euro, die sie auf fast alle der im Bericht genannten elf Organisationen verteilte. Die Tiwag wurde jedoch von der Agrarmarketing Tirol GmbH weit in den Schatten gestellt, denn diese hatte 1,127 Millionen Euro auf der hohen Kante, um sie für Inserate und Sponsoring ausgeben zu können.
Es würde mir nie einfallen, Landesunternehmen für eine FPÖ-Parteizeitung anzuzapfen. Das ist moralische Korruption.
FP-Chef Markus Abwerzger
Alles zusätzlich zu hoher Parteiförderung
„Alles in allem ist das ein Hohn für die Steuerzahler, die dafür aufkommen müssen – zusätzlich zur ohnehin hohen Parteienförderung, die wir in Tirol haben“, sagte FP-Chef Abwerzger. „Das beweist, dass die ÖVP mit Geld nicht umgehen kann. Sie sprengt die Grenzen bei den Wahlkampfkosten ein ums andere Mal – und zwar nicht nur ein bisschen, sondern kräftig, wie sich zuletzt wieder in Innsbruck gezeigt hat.“ Am meisten habe ihn aber geärgert, dass im Finanzausschuss, als der Bericht debattiert wurde, die ÖVP „null Einsehen“ gezeigt habe: „Sie werden nichts ändern an der politisch unmoralischen Parteienfinanzierung. Alle Parteien haben aus Ibiza etwas gelernt, außer eine“, sagte Abwerzger und verwies auf stengste Compliance-Richtlinien, die mittlerweile in seiner Partei herrschten.
„Fehlendes Unrechtbewusstsein“
„Es ist tatsächlich erschreckend, dass es null Unrechtbewusstsein gibt bei der ÖVP“, kritisiert auch LA Sint, „sie sagt klar, das Sponsoring entspricht den Unternehmensvorgaben. Ja wer beschließt denn die Satzungen? Die ÖVP“, zeigte Sint deutlich auf.
Konsequenzen gefordert
Die Konsequenz aus den Vorkommnissen könne nur heißen: „Absolutes Spenden- und Sponsoringverbot – und zwar sofort.“ FP und Liste Fritz bringen im kommenden Landtag einen Dringlichkeitantrag ein: Landesnahen und landeseigenen Unternehmen soll verboten werden, Spenden, Inserate und Sponsorings an Parteien und parteinahe Organisationen geben zu dürfen.
Keine Compliance-Richtlinien
Gefordert werden auch Compliance-Richtlinien, „denn es geht nicht immer nur um den geldwerten Vorteil. Es geht auch nicht um die Summe. Es geht um das System“.
Im Vergleich zu den Gesamtausgaben für Werbung und Inserate floss nur ein kleiner Teil an die Bauernzeitung.
VP-Klubobmann Jakob Wolf
ÖVP spricht von „parteipolitischen Geplänkel“
Am Tag der Präsentation des Landesrechnungshof-Berichtes reagierte auch die ÖVP: „Aus dem Bericht geht hervor, dass alle Zahlungsflüsse entsprechend dokumentiert und in Einklang stehen mit den Leitlinien der jeweiligen Unternehmen“, sagte VP-Klubobmann Jakob Wolf. „Was die Kritik der Opposition betrifft, verweise ich einerseits auf die durchdachte Kommunikationsstrategie der besagten Unternehmen und andererseits auf die Ergebnisse sowie Schlussfolgerungen des Prüfberichtes. Jeder, der zielgruppenspezifisch zum Beispiel explizit an die Landwirte kommunizieren will, wird sinnvollerweise Werbung in der Bauernzeitung schalten, weil sie letztlich das Medium ist, das an fast alle bäuerlichen Haushalte in Tirol in regelmäßigen Abständen zugestellt wird. Auch die Inseratenpreise sind, wie ein Tarifvergleich aufzeigt, absolut marktkonform“, betont der VP-Klubobmann.
„Nur ein kleines Stück vom Kuchen“
Für den Landesrechnungshof seien alle geprüften Inserate „absolut plausibel“ und werden „nicht kritisiert“. Wer den Rechnungshofbericht „sorgfältig studiert“, werde rasch merken, „dass im Vergleich zu den Gesamtausgaben für Werbung und Inserate nur ein verschwindend kleiner Teil von 0,6% an die Bauernzeitung geflossen ist“.
„Guter Rat“ zum Schluss
Wolf: „Die Opposition verliert sich hier einmal mehr in politischem Geplänkel und übersieht die wahren Sorgen der Bevölkerung. Anstatt sich mit den Rechtspopulisten zu verbünden und mit solchen Vorwürfen die Politikverdrossenheit im Land weiter zu fördern, sollte Markus Sint lieber 0,6 Prozent seines Einkommens für einen guten Zweck verwenden.“
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