Die Erderwärmung lässt Unwetter jetzt noch gefährlicher werden. Der verheerende Hagelschlag im Waldviertel (NÖ) war nur ein Vorbote für einen turbulenten Sommer. Die Natur lädt bereits durch und bereitet den nächsten Schlag vor. Weitere Millionen-Schäden in Landwirtschaft und Co. drohe.
Hitzewellen, Gewitter mit Starkregen, Hagel, Überschwemmungen und Murenabgänge hat es schon immer gegeben. Doch die etwaigen Auswirkungen sind intensiver geworden. Faktum ist: Der Klimawandel, also die Erderwärmung durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe, ist spürbar. Allein 2023 war das wärmste Jahr aller Zeiten.
Bundesweit waren die Monate Februar, März und der Frühling insgesamt die wärmsten in der 258-jährigen Messgeschichte. Wir hatten am 7. April 2023 auch den frühesten Hitzetag in Bruck an der Mur (Steiermark). Während in den 1980ern und 1990ern gerade einmal zehn Hitzetage – also Tage mit über 30 Grad – verzeichnet wurden, gibt es mittlerweile schon 30 solcher Tage im Schnitt.
Die Konsequenz aus dieser Erderwärmung ist, dass mehr Energie und mehr Wasserdampf in der Atmosphäre sind. Dies führt zu häufigeren und intensiveren Unwetterextremereignissen wie Frost, Hagel, Sturm, Überschwemmung oder Dürre.
Hauptbetroffen ist die Landwirtschaft mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel. Was bedeutet das für die Bauern selbst? Binnen Minuten wird oftmals ein Großteil der Ernte vernichtet. Keine Ernte, kein Ertrag – kein Ertrag bedeutet kein Einkommen.
Millionenschaden samt Wortgefecht der Experten
Im heurigen Jahr entstanden laut Österreichischer Hagelversicherung bereits 56 Millionen Euro Schaden durch Frost und 14 Millionen durch Hagel, Sturm und Überschwemmung. Die jüngste Naturkatastrophe im Waldviertel (NÖ) ist dabei aber noch gar nicht mit einberechnet. Binnen kürzester Zeit wurde die Landwirtschaft in den Bezirken Gmünd, Waidhofen an der Thaya und Horn geschädigt. Bereits in den vergangenen fünf Jahren war der Schaden enorm und Besserung dürfte so bald keine eintreten.
Schnell aufziehende Schwergewitter
Mittlerweile macht jedenfalls schon der Begriff „Geistergewitter“ die Runde, er beschreibt lokale, schnell aufziehende Schwergewitter. Für Ubimet-Experte Nikolas Zimmermann nicht die beste Wortkreation: „Dieses Phänomen hat es schon immer gegeben, in Amerika spricht man auch von ,Loaded-Gun‘-Gewitterlagen, ich verwende den Begriff ,Deckelbrecherzelle’: Bei solchen Wetterlagen verhindert eine stabile Schicht in der Atmosphäre, dass Luft aufsteigen kann – wie der Deckel über einem Kochtopf –, was die großräumige Entstehung von Gewittern verhindert.“
Nächstes Unwetter lässt nicht lange auf sich warten
Nach einer kurzen Abkühlung kommt der Sommer übrigens wieder in Fahrt. Gewitter stehen erneut auf dem Wetterradar und bringen wohl eine steigende Gefahr für Hab und Gut mit sich. So wachsen Quellwolken bereits am Samstagnachmittag mit Annäherung einer Kaltfront in Vorarlberg und Nordtirol an. Zum Abend hin sind dann auch im Salzburger Land, in Oberösterreich, in der Obersteiermark und im westlichen Niederösterreich kräftige Schauer möglich. Mit im Gepäck: Hagelkörner bis zu 4 Zentimeter Durchmesser und Sturmböen. Die Natur lädt ihre Waffe durch!
„Regen seltener, aber umso stärker“
Wetterexperte Nikolas Zimmermann von Ubimet ordnet im Gespräch mit der „Krone“ das aktuelle Geschehen in Sachen Unwetter ein:
„Krone“: Die Niederschläge sind seit einiger Zeit kürzer und stärker konzentriert. Was ist die Ursache dafür?
Zimmermann: Durch die globale Klimaerwärmung intensiviert sich der Wasserkreislauf: Einerseits verdunstet mehr Wasser, anderseits fällt Regen immer kräftiger aus. Für jedes Grad an Erwärmung kann die Atmosphäre etwa 7 Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen. Die Verdunstungsrate steigt aber nur um etwa 4 Prozent an, was zur Folge hat, dass die Verdunstung der gesteigerten Aufnahmekapazität der Atmosphäre nicht nachkommt. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass es tendenziell etwas seltener regnet, aber bei passender Wetterlage dann umso stärker.
Nimmt die gesamte Niederschlagsmenge über das Jahr verteilt zu oder ab?
Es gibt derzeit keinen signifikanten Trend zu mehr oder weniger Niederschlag in Österreich. In manchen Regionen im Flachland abseits der Berge wird es tendenziell etwas trockener, während es in den Alpen eher etwas feuchter wird. Dies wird aber von größeren, teils mehrjährigen Schwankungen überlagert. Beispielsweise war noch im Jahr 2022 die Trockenheit ein riesiges Thema in ganz Mitteleuropa, seit 2023 ist es dagegen in vielen Regionen plötzlich überdurchschnittlich nass.
Hagelt es heuer öfters?
Beim Hagel gibt es weltweit regionale Unterschiede, so gibt es Gebiete, wo die Hagelgefährdung zunimmt, und Gebiete, wo sie abnimmt. Für Mitteleuropa deuten neue Studien aber eindeutig auf eine Zunahme hin, vor allem in Norditalien gibt es einen starken Trend zu häufigeren Schadensereignissen. Das bedeutet aber natürlich nicht zwangsläufig, dass es häufiger hagelt, sondern dass etwaiger Hagel weitaus größer ausfällt.
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