Neuer IV-Präsident:

„Spielregeln für KV-Verhandlungen neu definieren“

Steiermark
04.07.2024 15:00

Kurt Maier wurde zum neuen Präsidenten der steirischen Industriellenvereinigung gewählt. Der gebürtige Grazer und Manager der Heinzel-Gruppe spricht im Interview über Zuversicht, was er von Teilzeit-Quote hält, wie er zur Verkehrspolitik steht und fordert ein Umdenken bei den Kollektivverhandlungen. 

„Krone“: Sie haben in Ihrer Antrittsrede davon gesprochen, dass es die Industrie ist, die Kontinuität und Zuversicht geben kann. Wie zuversichtlich kann man in Zeiten wie diesen sein?
Kurt Maier: Ich hab damit gemeint, dass es die Industrie ist, die auf geänderte Rahmenbedingungen reagiert und nicht resigniert und sagt, jetzt leben wir halt mit dem Stillstand. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Prozesse zu optimieren, energieeffizienter zu werden und neue Produkte zu entwickeln. Wir versuchen Krisen zu managen und auch, wenn der Markt aktuell schwierig planbar ist, hoffentlich die richtigen Maßnahmen zu setzen, um durchzutauchen. Aber es war damit nicht gemeint, ab nächster Woche sind wir wieder alle happy.

Laut Konjunkturbarometer der Wirtschaftskammer wird kein einziges steirisches Großunternehmen in den nächsten zwölf Monaten Personal aufnehmen. Was sagt das aus Ihrer Sicht aus?
Dass man eben vorsichtig sein muss, was Kosten betrifft – vor allem, was die Arbeitskosten und Lohnstückkosten in Österreich betrifft. Da sind wir aktuell am Zenit angelangt. Auch gewisse Investitionen werden jetzt zurückgehalten, keiner geht das Risiko ein, Fixkosten weiter aufzubauen, wenn man nicht weiß, ob man die Mitarbeiter weiter beschäftigen kann.

Ist die Steiermark zu sehr abhängig von der Autoindustrie?
Man muss da aus meiner Sicht schon unterscheiden zwischen Projekten, die jetzt nicht kommen und der Aussage, dass wir als steirische Industrie falsch aufgestellt sind. Natürlich sind wir sehr stark im Automotiv-Bereich tätig, aber da sind wir grundsätzlich sehr gut aufgestellt. Natürlich ist das Auto immer ein Indikator, wie es uns geht, und die Zahlen, die aktuell bezüglich Mitarbeiter im Raum stehen, sind natürlich bitter. Aber man kann jetzt nicht sagen, dass wir strukturell falsch aufgestellt sind.

Kurt Maier, neuer Präsident der IV Steiermark. (Bild: Jauschowetz Christian/Christian Jauschowetz)
Kurt Maier, neuer Präsident der IV Steiermark.

Sie haben die Lohnnebenkosten erwähnt: Glauben Sie wirklich, dass sich da nach den Wahlen etwas ändert?
Wir werden als Industriellenvereinigung in diesem Bereich den Druck weiter aufbauen und die Konsequenzen, die im Raum stehen, klar benennen. Unabhängig von der Regierung wird man nicht davon vorbeikommen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Können Sie vielleicht kurz Ihre „Agenda Industriestandort 2030“ umreißen?
Das ist noch zu früh, wir werden das jetzt im Sommer mit all unseren Mitgliedern bearbeiten und machen das als Input für die zukünftige Landesregierung. Mit dem klaren Blick, was wir auch selbst tun können. Wir werden die Agenda im Herbst präsentieren.

Sie haben auch davon gesprochen, die traditionellen Verhandlungsmuster bei den Kollektiv-Verhandlungen aufzubrechen. Was meinen Sie damit genau?
Letztendlich geht es bei diesen Verhandlungen nur um den Zuschlag der Inflationsrate. Ich glaube, man müsste den Zeitraum neu definieren und statt auf die Vergangenheit mehr in die Zukunft blicken. Man muss die Spielregeln also neu definieren, Stichwort „Benya-Formel“, mit der wir aktuell nicht mehr weiterkommen. Warum soll man diese Spielregeln also nicht ändern können? 

Zur Person

Kurt Maier wurde 1961 in Graz geboren und promovierte 1991 an der TU Graz. Von 2005 bis 2016 stand er der Zellstoff Pöls AG vor, zunächst als Finanzvorstand dann als Vorstandsvorsitzender. Seit 2016 ist er bei der Heinzel Gruppe tätig, zunächst als CEO, seit 2022 als COO. Nun wurde er vom Landesvorstand der IV Steiermark zum Präsidenten gewählt und folgt damit auf Stefan Stolitzka. Seine Vizepräsidenten sind Alfred Marchler, Franz Mayr-Melnhof und Markus Ritter.

Ein viel diskutiertes Thema sind auch die Arbeitszeiten hierzulande. Arbeiten die Steirer aus Ihrer Sicht zu wenig?
Natürlich kann man das nicht über einen Kamm scheren. Ich glaube sogar, dass es notwendig ist, mehr Teilzeitarbeit anzubieten, in Kombination mit einer vernünftigen Kinderbetreuung. Ich habe in meiner Rede eher jene Menschen gemeint, die freiwillig entscheiden, weniger zu arbeiten – das ist ja durchaus legitim. Ich kann aber nicht sagen, ich zahle weniger in einen Topf ein und nehme dann im Fall der Fälle das Ganze raus. Das führt zu einer sozialen Ungerechtigkeit. Unabhängig davon, dass es immer schwieriger wird, wenn immer mehr Menschen in Teilzeit arbeiten wollen, denn irgendwann wird das ganze System nicht mehr funktionieren. Die Frage ist ja auch, wie viel Pension Menschen bekommen, die Teilzeit arbeiten.

In der Vergangenheit machte sich die steirische Industrie immer wieder für eine Anbindung des Flughafens an die Koralmbahn stark und auch für den Ausbau der A9. Ich nehme an, Sie sehen das ähnlich?
Mir ist völlig unverständlich, wie man so eine leistungsstarke Bahnstrecke bauen und dann am Flughafen vorbeifahren kann. Das ist durch nichts zu erklären und widerspricht jeglicher Wirtschaftspolitik, weil jeder weiß, dass die Anbindung an den Verkehr das Wichtigste ist. Die Steiermark braucht diese strukturelle Anbindung, das betrifft natürlich auch den Ausbau der A 9 und die Energieversorgung.

Welche Lichtblicke sehen Sie in der steirischen Industrie?
Was uns sehr zugutekommt, ist, dass wir sehr viele engagierte Unternehmer und sehr viele motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter haben. Diese Tatsachen sind ja auch der ausschlaggebende Punkt, dass noch investiert wird. Es braucht aber die Rahmenbedingungen, dass wir mit unserer hervorragenden Forschung und Entwicklung auch die Produktion im Land halten. Das Potenzial ist zweifellos groß.

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