Seit dem Fall Teichtmeister wird der Besitz von sexuellem Kindesmissbrauchsmaterial immer wieder diskutiert. Die Hälfte der Angezeigten sind allerdings nicht Erwachsene, sondern Jugendliche. Für sie hat der Bewährungshilfe-Verein Neustart ein sexual- und sozialpädagogisches Programm entwickelt.
„Das Versenden von Bildern durch Jugendliche ist ein anderes Thema als das von ,klassischen‘ Sexualstraftätern“, sagt Herbert Janusch, Abteilungsleiter bei Neustart Leoben. Die meisten Jugendlichen, die Kindesmissbrauchsmaterial besitzen, herstellen oder verbreiten, hätten die Fotos und Videos über soziale Medien erhalten und am Handy abgespeichert. Andere hätten freizügige Bilder von ihrer Freundin gemacht und weitergeleitet.
Dass sie dafür verurteilt werden könnten, wenn jemand die Strafverfolgungsbehörden informiert, sei ihnen oft nicht bewusst. „Ich war selbst verwundert, dass man deswegen verurteilt werden kann“, sagt etwa ein 17-Jähriger aus dem Bezirk Leoben in der Steiermark. Er hatte auf seinem Handy ein sexuelles Video eines Mädchens bekommen und das für 15 Minuten abgespeichert. Anschließend hätte er es gelöscht und das Mädchen darüber informiert. Inzwischen sei er mit Bildern viel vorsichtiger.
Sechsmonatige Schulung
Er ist einer von 16 Burschen, die das sexual- und sozialpädagogische Programm von Neustart seit Oktober absolviert haben. Darin werden die Jugendlichen in Medienkompetenz, im Umgang mit Pornografie und den Gesetzen zu Missbrauchsdarstellungen geschult. Inhalte sind etwa die Perspektive der Opfer, der Unterschied zwischen Realität und Fiktion, Cybersex und die Selbstdarstellung im Internet. Das Ganze dauert sechs Monate, ein Termin fünf Stunden.
„Bei allen, die das Programm bei uns positiv abgeschlossen haben, ist das Thema in der Schule nie behandelt worden, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist“, sagt Neustart-Mitarbeiter Elvir Kujovic. Das bestätigt auch der 17-Jährige. „Es wäre schon cool, wenn man das in der Schule machen würde.“ Er hätte sich die Einheiten ganz anders vorgestellt, sie hätten ihm aber „viel gegeben.“
33 Verurteilungen im Vorjahr
Neustart will mit dem Programm „sicher.net § 207a“ ein Abstempeln der betroffenen Jugendlichen als Sexualstraftäter verhindern und ihnen einen weiteren reibungslosen schulischen sowie beruflichen Werdegang ermöglichen. Es richtet sich an jene, die aufgrund des Besitzes oder der Weitergabe von Kindesmissbrauchsmaterial Bewährungshilfe bekommen.
Im Vorjahr wurden 33 Jugendliche in diesem Bereich schuldig gesprochen, im ersten Halbjahr 2024 waren es 23 Verurteilungen.
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