Donnerstagabend ging es im Halleiner Kolpingsaal hitzig zu. Seit Monaten macht in der Salinenstadt eine Anrainer-Initiative gegen die Verbauung eines Privatgrundstücks in der Altstadt (Goldgasse) mobil. Nun wurde in einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung ein erster Beschluss gefasst. Die Opposition klagt über zu spät zugesandte Amtsberichte.
Dass Immobilieninvestor Ditfried Kurz zehn Wohnungen auf seinem Altstadt-Grundstück plant, stößt einer Anrainer-Initiative seit Monaten sauer auf. Zu alledem kommt, dass die zuständige Ortsbildschutzkommission (OBS) im Mai ein Gutachten fertigstellte, das den Neubau positiv bewertet.
Bürgermeister: „Niemand von euch hat Einsicht beantragt“
Dieses Gutachten ist per Gesetz nicht öffentlich, was die Oppositionsparteien in Hallein so nicht stehen lassen wollten und eine Sondersitzung einberufen haben. Dort beklagten sie nicht nur die „Geheimhaltung“ des Gutachtens durch die OBS, sondern auch, dass Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) erst am Vortag der Sitzung dazugehörige Akten hochgeladen habe – inklusive eines neuen Rechtsgutachtens. Der Ortschef in der Sitzung: „Jeder von euch hat seit Mai die Gelegenheit, in den Akt Einsicht zu nehmen. Als Mandatare müsst ihr die Einsicht nur beantragen. Das hat niemand von euch gemacht.“
Im Bauakt und dem dort anhängigen OBS-Gutachten ist unter anderem angeführt, dass ein Vorplatz neu gestaltet werden müsse, inklusive einer Treppenverlegung und einem Teilabriss einer Mauer. Der Beschluss ist mittlerweile mit 15 Stimmen der SPÖ durch. Die Opposition ist vor der Abstimmung ausgezogen.
So, wie mit uns umgegangen wurde, konnten wir nicht zustimmen. Warum wird so ein Beschluss nicht einfach im nächsten Bau- und Raumordnungsausschuss thematisiert?
Stadträtin Katharina Seywald, ÖVP
ÖVP, FPÖ und Grüne erklären ihren Auszug
Eine, die den Bauakt kennt, ist Halleins ehemalige Vizebürgermeisterin für Bau- und Raumordnung und nun Stadträtin Katharina Seywald. Neu für sie ist das Rechtsgutachten von Niederhuber und Partner Rechtsanwälte, das ebenfalls am Vortag hochgeladen wurde. Das Gutachten empfiehlt, dass ein negativer Beschluss zur Neugestaltung des Vorplatzes hohe finanzielle und rechtliche Risiken durch Klagen mit sich bringt. Seywald sagt: „Wir sind eigentlich in die Sitzung gegangen und wollten zustimmen. Aber so wie mit uns umgegangen wurde, konnten wir nicht. Der Amtsbericht mit dem Rechtsgutachten ist viel zu spät zugegangen.“
Stangassinger hierzu: „Wir haben das Gutachten für Herbst beauftragt. Wegen der kurzfristigen Sondersitzung haben wir bei der Kanzlei ein schnelleres Vorgehen gefordert, das Gutachten ist dann am Mittwoch bei uns eingelangt und anschließend allen zur Verfügung gestellt worden.“
Seywald: „Amtsberichte müssen zeitnah zugehen“
Grundsätzlich sei das Bauprojekt laut Seywald ein Behördenverfahren, das auch so abgehandelt werden muss. Die ÖVP Hallein sei auch „für das Projekt“. Seywald erklärt: „Ich bin überzeugt, dass es nachher schöner wird, als es jetzt ist. Aber warum wird so ein Beschluss nicht einfach im nächsten Bau- und Raumordnungsausschuss thematisiert? Dann kann man in Ruhe alles durchgehen.“ Sie fordert Ortschef Stangassinger auf: „Die Amtsberichte müssen in Zukunft zeitnah zugehen.“
Dieser Fall ist zu wichtig, darum wollten wir die Sitzung. 17 Dokumente wurden uns am Vorabend geschickt, einige rechtlich sehr komplex. Für uns wäre es nicht seriös, dafür oder dagegen zu stimmen.
Thomas Solf, FPÖ-Stadtrat
Grossauer: „Wir haben neue Aspekte, die nicht einbezogen wurden.“
Rudolf Grossauer von den Grünen erklärt: „Wir haben zahlreiche neue Fakten und Aspekte zu dem Grundstück. Diese wurden nicht einbezogen. Darum beteiligen wir uns nicht an der Abstimmung.“
FPÖ-Stadtrat Thomas Solf schildert seine Sicht der Dinge: „Wir sind vor dem Beschluss hinausgegangen, weil man sich auf so etwas vorbereiten können muss. 17 Dokumente wurden uns am Vorabend geschickt, einige rechtlich sehr komplex. Für uns wäre es nicht seriös, dafür oder dagegen zu stimmen.“
Auf den Vorwurf des Ortschefs, dass er ja seit Mai Einsicht nehmen hätte können, sagt Solf: „Wir wissen um das Recht, Einsicht zu nehmen, aber dieser Fall ist so wichtig, darum wollten wir die Sitzung.“ Im Endeffekt sei es aus Solfs Sicht schade, dass die Stiege und der Vorplatz im Vordergrund standen, die Mauer jedoch zu wenig thematisiert wurde. Zudem sei das OBS-Gutachten aus FPÖ-Sicht nicht schlüssig und auch gestern nicht geworden.
Bricht der Bürgermeister sein Wahlversprechen?
Halleins Ortschef hat, wie alle anderen Parteien vor der Wahl 2024 angekündigt, im Falle des Falles gegen eine solche Neugestaltung zu stimmen, wenn es rechtlich möglich sei. Die Zuschauer in der Sitzung kritisierten lautstark, dass nach der Wahl ja alles anders sei und der Bürgermeister sein Wahlversprechen breche. Stangassinger sagt im „Krone“-Gespräch hierzu: „Wenn ich frei entscheiden könnte, hätte ich dagegen gestimmt. Aber wissentlich entgegen einem Gutachten zu handeln, das uns finanzielle und rechtliche Risiken prognostiziert, das riskiere ich persönlich nicht, aber noch viel weniger mute ich das den Bürgern unserer Stadt zu, denn letztlich würde die Stadt die Schadensersatzforderungen und Prozesskosten zahlen.“
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