Von der Optik wäre Friedhelm Frischenschlager auch heute noch, mehr als 25 Jahre nach seinem Rücktritt, die Idealbesetzung eines Verteidigungsministers. Jetzt wird Frischenschlager bald 70, beschäftigt sich noch immer mit der heimischen Sicherheitspolitik und ärgert sich vor allem einmal über die ÖVP.
Frischenschlager sieht "Riesenchance"
"Wir haben eine Riesenchance. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht könnte zum ersten Mal seit vielen Jahren ein System, das sinnlos geworden ist, in eine neue bessere Strategie umgewandelt werden. Die Wehrpflicht trägt jedenfalls zur militärischen Sicherheit Österreichs fast nichts bei", sagt der ehemalige freiheitliche Verteidigungsminister. "Es ist völlig verantwortungslos von der ÖVP, dass sie die Möglichkeit für den vernünftigeren Weg nicht nutzt, nachdem die SPÖ in der Wehrpflichtfrage plötzlich zur Vernunft gekommen ist und aus welchen Gründen auch immer sich um 180 Grad gedreht hat."
Zum Nachweis der Sinnlosigkeit der Wehrpflicht macht Ex-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager eine simple Rechnung am Beispiel des Jahrgangs 2010: "Es gab 44.000 Wehrpflichtige. Davon waren 6.000 untauglich. Bleiben 38.000 junge Männer. Von diesen 38.000 haben sich 13.000 für den Zivildienst entschieden. Bleiben jetzt noch 25.000. Von diesen 25.000 Präsenzdienern haben 5.000 etwas Militärisches gemacht. "Die anderen haben jetzt vielleicht nicht unbedingt etwas Sinnloses gemacht, aber halt irgendetwas. Köche, Kellner, Gehilfen aller Art in den Dienststuben.
5.000 werden also am Ende militärisch ausgebildet. Jetzt muss man das noch durch zwei teilen, weil die sind ja nur sechs Monate dabei. Das macht unterm Strich also 2.500 Mann. Von diesen 2.500 sind aber zwei Drittel in der Ausbildung. Bleibt also nur ein Drittel übrig. Das sind schließlich 833 Soldaten. Damit nun 833 Soldaten im Bundesheer ihren militärischen Mann im Sinn von ausgebildet stehen können, werden 25.000 Männer eingezogen. Das ist eine totale Absurdität."
"Bundesheer ist nicht die Schule der Nation"
Frischenschlager könnte noch einige solcher Rechnungen machen. Doch er will nicht nur mathematisch, sondern auch politisch argumentieren. Zu der oft zu hörenden Parole, beim Heer lernen die jungen Männer wenigstens Ordnung und die Ausländer würden integriert, meint der frühere Verteidigungsminister: "Das sind wirklich blöde Argumente. Das Bundesheer ist nicht die Schule der Nation. Wenn ich diese Werte vermitteln möchte, muss man sich an die Schulpolitik wenden. Es ist nicht Aufgabe des Heeres, 20-Jährigen Manieren beizubringen. Natürlich kann man sagen, wenn die Leute gemeinsam im Gelände herumhüpfen, schadet es ihnen nicht. Aber deshalb die Wehrpflicht aufrechterhalten?" Ebenso verhalte es sich bei der Integration. "Die Wehrpflicht darf nicht nur für einen spätpubertären Erziehungsprozess am Leben erhalten werden."
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