Das Radio begleitet die Steirerinnen und Steirer seit 100 Jahren. Die Geschichte des Mediums ist auch ein Spiegel der Zeit – von einer Grazer Pionierleistung, über den „Volksempfänger“ bis hin zum Streaming. Das Museum für Geschichte geht in einer neuen Schau auf nostalgische Reise – die „Krone“ reiste mit in den steirischen Äther.
Mit dem „Dachsteinlied“ beginnt die steirische Radiogeschichte – und zwar eigentlich schon vor 120 Jahren: Wir schreiben das Jahr 1904 und dem Physiker Otto Nußbaumer gelingt an der Technischen Hochschule Graz erstmals die drahtlose Übertragung der menschlichen Stimme: Er selbst trällert das Lied ins Mikrofon, 30 Meter weiter kommt es (einigermaßen gut hörbar) aus dem Lautsprecher.
Doch vorerst weiß keiner so richtig Kapital aus dieser Pionierleistung zu schlagen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg nimmt das Radio seinen Erfolgszug auf: 1924 wird die erste Radiosendung in Österreich ausgestrahlt: „In der Steiermark gibt es damals gerade einmal 467 Rundfunkteilnehmer“, schildern Thomas Felfer und Maria Froihofer, die im Grazer Museum für Geschichte eine Ausstellung zum 100. Geburtstag des Radios kuratiert haben.
Am 29. März 1925 wurde in Graz der erste Radiosender außerhalb von Wien eröffnet: „Als Studio dienten Räume in der Grazer Polizeidirektion am Parkring.“ Das passte ganz gut, denn es gab so viele „Schwarzhörer“, dass man scharf dagegen vorging: Sogar Batterien wurden beschlagnahmt.
Das Radio wird zum Massenphänomen
All das jedoch konnte am Erfolgszug des Radios nicht verhindern: Bereits im Jahr 1925 wurden in der Steiermark 77 Radiohändler gezählt. Als im Jahr Jänner 1931 das erste Wunschkonzert angekündigt wurde, gab es 50.000 (!) Einsendungen mit Wünschen. „Innerhalb nur weniger Jahre ist aus dem Radio ein Massenphänomen geworden.“
Darauf reagierte auch die Politik – anfangs jedoch mit wenig Erfolg: Als Kurt Schuschnigg im Jahr 1933 bekannt gab, dass „der Rundfunk vom Staate zu seinen Zwecken in erhöhtem Maße herangezogen werden“ soll, führ das zu einem Hörer-Protest: „Rund 16 Prozent haben daraufhin ihr Empfangsgerät abgemeldet. Sie wollten keine Politik im Radio“, weiß das Kuratorenduo.
Nur wenige Jahre später hatten die Steirer keine andere Wahl mehr. Am 11. März 1939 übernahm die „Reichsrundfunksgesellschaft“ der NS die Kontrolle: „Im Vorfeld zur Volksabstimmung verschenkte die Reichspropagandaleitung 20.000 Rundfunkgeräte“, so Froihofer und Felfer. Der Radio wurde zum „Volksempfänger“ und somit zum Propagandalieferanten.
Nach dem Kriegsende beginnt mit der „Sendergruppe Alpenland“ ein neues Kapitel der steirischen Radiogeschichte. Die 1952 erstmals ausgestrahlte Krimi-Sendung „Wer ist der Täter?“ wird zu einem der ersten Nachkriegs-Straßenfegern. Und auch mit dem Aufkommen des Fernsehens, blieb das Radio weiter beliebt.
Produktion auch in der Steiermark
So beliebt, dass auch steirische Radio-Hersteller gab. „Im Kristallwerk in Graz etwa wurde die Kristallette gebaut, die sich großer Beliebtheit erfreute“, erzählen die Kuratoren. Ganz generell wurden die Radios, die anfangs noch große Schrankanlage waren, kleiner und auch mobil. Als Autoradios, später auch als Walkman waren sie immer und überall dabei. Kein Wunder, dass „Autofahrer unterwegs“ zu einer der beliebtesten Sendungen wurde.
Zusätzlich zu den regionalen und überregionalen Sendungen des Österreichischen Rundfunks, den es seit 1953 in der Form gibt, gibt es auch vermehrt private Sender: Bereits 1979 senden erste Piratensender – in Graz etwa „Ö-frei“, der nach vier Sendungen beschlagnahmt wird. 1995 dann geht mit Antenne Steiermark das erste Privatradio Österreichs auf Sendung – und zwar vom Sender in Dobl, einem der ältesten des Landes.
Und auch heuer, zum 100. Geburtstag, ist das Radio noch nicht aus der Mode gekommen. Trotz Streaming-Anbietern wie Spotify hören immer noch gut ein Drittel der Steirerinnen und Steirer über 35 Jahren täglich Radio.
Die Ausstellung „Hört!Hört! – 100 Jahre Radio“
im Grazer Museum für Geschichte läuft bis 6. Jänner 2025.
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