Viermal live bei uns

Wolfmother: Auf der Suche nach natürlicher Größe

Musik
31.07.2024 09:00

Seit 20 Jahren begeistern die Australier Wolfmother rund um Frontmann Andrew Stockdale mit nostalgisch gespielten, aber modern produzierten Hard Rock, der Blues- und Space-Rock-Züge aufweist. Diesen Sommer sind gleich vier Österreich-Konzerte geplant, der 48-jährige Musiker erzählt der „Krone“ vorab von seiner Kindheit, dem „Earthing“ und warum er seine beste Jahre verschwendet hat.

(Bild: kmm)

Wilde Lockenpracht, 70er-Jahre-Look und leicht gerötete Augen. Andrew Stockdale versprüht mit jeder Faser seiner Existenz das vorherrschende Klischee eines durchschnittlichen Australiers: lässig und entspannt, der Sportzigarette nicht abgeneigt und auf das Surfbrett steigt er sicher auch das eine oder andere Mal. Beim letzten Österreich-Stelldichein am Nova Rock 2023 missbrauchte er das aufnehmende Diktiergerät des Interviewers als Handy-Provisorium. Ob das als eigenwilliger Schmäh zu betrachten war, oder er im Moment wirklich nicht genau wusste, was da eigentlich los ist, ist bis heute unklar. Stockdale ist mittlerweile 48 und noch immer mit einem spitzbübischen Grinsen und einer ehrlichen Leidenschaft für den spacigen Rock seiner Lebensband Wolfmother ausgestattet. Vor exakt 20 Jahren formierte er das Projekt, mit dem gleichnamigen Debütalbum geling ihm 2005 fraglos eines der besten Retro-Rockalben des Jahrtausends.

Erfolg aus dem Ärmel geschüttelt
Tracks wie „Woman“, „White Unicorn“, „Dimension“ oder „Joker & The Thief“ erinnerten gleichermaßen an Led Zeppelin, Black Sabbath und Blue Cheer. Während sich andere jugendliche Retro-Musiker wie wild abkämpfen, um sich mit Biegen und Brechen an den Sound ihrer Helden heranzutasten, gelang Wolfmother das Vorhaben mit einem schlenkernden Schüttler aus dem Ärmel. Die weiteren Alben kamen im unregelmäßigen Vier- bis Fünfjahrestakt, waren alle gut-, bis oberklassig, kamen aber nie mehr so ganz an das Ursprungswerk heran, das die australische Bande aus Sydney über Nacht zu Superstars und neuen Heilsbringern eines dahinsiechenden Genres machte. „Ich bin 48 und stehe noch immer auf Rock’n’Roll“, lacht Stockdale im „Krone“-Interview, „in Australien waren und ich meine Jungs immer die Sonderlinge. Aber ja, es hat ja alles gut geklappt.“

Alle Sommer wieder, wenn es in der australischen Heimat Winter ist, touren Wolfmother über den alten Kontinent und beweisen Abend für Abend, dass sie zu den besten und energetischsten Livebands des Genres zählen. Dass man nach 20 Jahren noch immer in Australien stationiert ist, überrascht Stockdale aufgrund der alltäglichen Reiseschwierigkeiten selbst. „Wir haben oft Pläne gewälzt, um in Amerika sesshaft zu werden, aber jedes Mal, wenn wir in Los Angeles waren, wollten wir nach einem Monat wieder weg.“ Da die Australier den strengsten Corona-Lockdown der Welt hatten, kam Stockdale mehr als drei Jahre nicht in die Staaten. Die musikalische Wahlheimat sei aber ohnehin Europa. „Jeden Sommer freuen wir uns auf die tollen Städte und Konzertlocations, fühlen uns immer willkommen. Es ist alle Jahre ein schönes Wiedersehen für uns.“

Erdung mit der Natur
Stockdale hat sich von Ruhm und Glanz nie verleiten oder verbiegen lassen, sondern findet sein Glück viel mehr in naturalistisch-esoterischen Gefilden. „Ich bin bodenständig geblieben und das meine ich wortwörtlich“, lacht er laut auf, „hast du schon mal von ,Earthing‘ gehört? Ich ziehe vor jedem Konzert die Schuhe aus und laufe barfuß auf einer Wiese oder im Dreck herum. Damit verbinde ich mich mit der Natur und meiner Spiritualität. Es hat ja auch einen Grund, warum Gitarren aus Holz sind und nicht etwa aus synthetischem Material.“ Wolfmother erlaubt dem Frontmann, seit 20 Jahren die Welt zu bereisen und Eindrücke zu gewinnen. „In diesem Job verlässt man die Kleinkariertheit und lernt nicht nur andere Plätze, sondern auch Kulturen kennen. Das macht automatisch was mit dir, ob du willst oder nicht. Es zwingt dich dazu, außerhalb der gängigen Nischen zu denken.“

Dass Wolfmother für ihre Alben oft sehr viele Jahre dazwischen vergehen lassen, liegt auch daran, dass Stockdale Songwriting nicht als magisch ansieht. „Ich glaube nicht, dass das Erlernen eines Instruments und das Songschreiben angeboren ist. Du siehst irgendwo etwas und probierst es aus, aber du musst dich auch dazu pushen. Um im Leben Spaß zu haben, muss man erst einmal hart darauf hinarbeiten. Nicht umsonst geben auf dem Weg zu einer musikalischen Karriere so viele auf. Weil die glücklichen, freien Momente nicht so häufig vorkommen.“ Stockdale kam durch seinen Bruder zum Gitarrespielen und wurde Musiker aus Zufall. „Es gibt gelernte Musiker und solche wie mich. Schon lustig, wo einen das Leben hintreiben kann.“ Sein Glück war auch, dass er der jüngste unter den Familienkindern ist. „Ich hatte keinen Uni-Druck mehr. Mein Bruder studierte Wirtschaft und schmiss hin. Meine Schwester Chemie und schmiss ebenso hin. Irgendwann akzeptierten meine Eltern, dass ein Studium nicht für jeden etwas ist und so hatte ich absolute Freiheit.“

Dem Gefühl gefolgt
Mit dem modernen Neoliberalismus hat Stockdale nichts am Hut. „Ich habe mit meinem Weg Glück gehabt, das ist mir mehr als bewusst. Natürlich muss jeder überleben, aber warum machen so viele Menschen Dinge, die sie hassen? Ich meine, man lebt ein einziges Mal. Man sollte wenigstens versuchen, das Leben so gut wie möglich für sich selbst zu leben.“ Der Band-Frontmann ist aber nicht nur laissez faire, sondern durchaus strebsam, was seine Kunst angeht. „Ich habe immer nach Größe gesucht. Ich wollte in irgendwas der Beste sein. Früher war das die Fotografie, dann das Gitarrenspiel. Ich habe viel zu viel Zeit damit verschwendet, mir irgendwelche Dokus von Eric Clapton anzusehen, anstatt gleich selbst etwas in Gang zu bringen. Erst mit 27 habe ich diese Band gegründet, da waren meine Freunde meist schon verheiratet und hatten Kinder. Ich saß im Keller auf der Couch und klimperte auf Gitarren herum. Kurzzeitig dachte ich, das wäre falsch, aber ganz im Gegenteil. Wenn es sich gut anfühlt, dann muss dem Gefühl folgen.“

Ein bisschen trauert Stockdale dem fehlenden Drive seiner jungen Jahre nach. „In deinen 20ern hättest du ausreichend Energie, um was auf die Beine zu stellen, aber die Jahre habe ich verstreichen lassen. Diese Energie fühle ich jetzt, mit Ende 40, aber ich habe Familie und nicht mehr so viel Zeit. Ich habe mein Leben schon gut hin jongliert, aber ich hätte viel früher eine Band gründen und Alben aufnehmen müssen. Ich habe viele meiner besten Jahre verschleudert. Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt. Er ist immer jetzt.“ Das Leben im Rampenlicht mutet immer noch sonderbar an. „Daran gewöhne ich mich nicht, aber ich gehöre auf die Bühne. Wenn ich dort stehe und loslege, dann bin ich in meinem Element und alles fühlt sich richtig an.“ Schlussendlich ist es die Musik, die Stockdale beeindruckt. „Das Handwerk ist nie fertig. Es gibt immer mehr zu lernen, mehr zu erforschen, mehr zu erreichen. Das treibt mich an und ich hoffe, mir bleibt die Energie dafür noch lange erhalten.“

Kleine Österreich-Tour
Auf ihrer europäischen Sommertour lassen Wolfmother natürlich auch Österreich nicht aus. Die Bundeshauptstadt geht zwar leer aus, dafür kommen das Burgenland, Oberösterreich und Vorarlberg in den Genuss der kultigen Rock-Hymnen. Am 6. und 7. August spielen sie im Dornbirner Conrad Sohm, am 9. August ein Frischluft-Open-Air im Posthof Linz und am 10. August sind Wolfmother beim Picture On Festival im burgenländischen Bildein zu Gast. Unter www.oeticket.com gibt es alle Infos bezüglich der genauen Spielzeiten und Kartenoptionen.

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