Brunner im Porträt

Ein sonniges Gemüt und Tennisfan als Kommissar

Politik
31.07.2024 15:51

ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner wird als nächster EU-Kommissar nominiert. Seine unauffällige Ochsentour hat sich ausgezahlt.

Magnus Brunner hat es geschafft. Die Bundesregierung nominiert ihn als Kandidaten für einen EU-Kommissar nach Brüssel. Damit steuert eine der erstaunlichsten politischen Karrieren auf ihren vorläufigen Höhepunkt zu. Mit sonnigem Gemüt gelang es dem Vorarlberger, unter dem Radar der medialen Aufmerksamkeit zu bleiben. Der studierte (Uni Innsbruck, Kings College London) Jurist hat wirtschaftliche Erfahrung, er war Vorstandsvorsitzender der ÖMAG, der Abwicklungsstelle für Ökostrom AG. 

Politisch begann der heute 52-Jährige früh die Ochsentour: 1999 organsierte er als Trainee der Industriellenvereinigung ein Unterstützungskomitee für die Wahl von Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber, nach der Wahl wurde er Büroleiter und Pressesprecher desselben. Dann wechselte er zum landesnahen Energieversorger Illwerke-Gruppe.

2009 übernahm Brunner die Funktion als Vorarlberger Mitglied des Bundesrates von Alt-Bundesrat Jürgen Weiss, einem politischen Vorarlberger Urgestein. Neun Jahre später durfte er als Vizepräsident des Bundesrats vor allem repräsentieren. Als er im Jahr 2020 dann unter Sebastian Kurz Staatssekretär für Mobilität und Co. sowie ÖVP-Aufpasser im riesigen Infrastrukturministerium von Leonore Gewessler wurde, galt er politisches Leichtgewicht.

Nach inhaltlich einigermaßen brotlosen Monaten dort folgte er überraschend dem zurückgetretenen Finanzminister Gernot Blümel unter dem ebenfalls frischen Kanzler Karl Nehammer. Über Nacht wurde er damit zum Schwergewicht, mit der Abschaffung der Kalten Progression nahm er sich zwar selbst steuerlichen Spielraum, aber schaffte damit die wichtigste Reform im ÖVP-Regierungsteam.

Brunner blieb weiterhin der bescheiden auftretende Vorarlberger. Ein Scooterunfall an einem belebten Abend sorgte ebenso für Schlagzeilen wie die Möglichkeit, Nehammer als ÖVP-Chef zu folgen. Mit diesen Gerüchten ist nun Schluss, Tennis-Fan Brunner geht nach Brüssel. Dass er in persönlichen Gesprächen mögliche Karrieresprünge gerne mit seiner Familie und der Distanz zu seiner Heimat dementierte: geschenkt. Das Wettbewerbsressort, das auf Brunner in Brüssel warten könnte, gehört zu den wichtigeren in der Kommission. Vielleicht wird ihm das Lächeln im Kampf gegen Silicon-Valley-Konzerne und andere „Defacto-Monopolisten“ noch vergehen.

„Krone“-Kommentar von Rainer Nowak
Der Kommissar, der die Steuern senkte

Wer ist schon Ursula von der Leyen? Da wünscht sich die Kommissionspräsidentin von jedem Land, das noch keinen Kandidaten nominiert hat, zwei Namen, den einer Kandidatin und eines Kandidaten. Um zu verhindern, dass die Kommission eine Männerpartie wird. Was macht die Regierung? Nominiert einen Mann.

Kommentiert die aktuelle politische Lage: „Krone“-Superressort-Leiter Rainer Nowak (Bild: Reinhard Holl, Krone KREATIV)
Kommentiert die aktuelle politische Lage: „Krone“-Superressort-Leiter Rainer Nowak

Die Kritik der Oppositionsparteien an der Ernennung ist naturgemäß laut. Brunner sei der Mr. Defizit, tönt es von rechts uns links. Das ist heuchlerisch. Tatsächlich hat diese Regierung mehr Geld ausgegeben denn jede zuvor. Das „Koste es, was es wolle“-Mantra von Gernot Blümel als Antwort auf kurzfristigen Wirtschaftsstillstand zu Beginn der Pandemie fand damals kaum Kritiker. Im Gegenteil: Den Oppositionsparteien konnte es mit den Milliardenspritzen nicht schnell genug gehen. Dass Brunner auch Inflation und Energiekrise mit Boni und Milliarden zu bekämpfen versuchte, war ebenfalls Forderung fast aller Parteien – meist mit Ausnahme der NEOS.

Hätte Brunner das getan, was er hätte machen sollen, nämlich budgetär gegenzusteuern und ein Sparpaket zu schnüren, wären die Aufregung und die Kritik noch lauter. Brunner ist ein fachlich versierter, pragmatischer und redlicher Kandidat, für den sich Österreich nicht schämen muss. Das ist nicht nichts.

Was von ihm wirklich bleibt in Österreich: Schulden, die die nächste Regierung angehen muss. Vor allem aber die Abschaffung der Steuern, also der Kalten Progression, über die noch Generationen an Steuerzahlern froh sein sollten.

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