Die EU-Konzessionsrichtlinie hatte am Donnerstag im Europaparlament eine wichtige Hürde genommen. In Österreich reagierten die SPÖ und sämtliche Oppositionsparteien empört über die deutliche Mehrheit für den umstrittenen Vorschlag der EU-Kommission. Sie orten eine Privatisierung des "weißen Goldes" über die Hintertür.
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Es gehe in der Richtlinie nicht darum, das Wasser zu privatisieren oder an irgendjemanden zu verscherbeln, sondern um Konzessionen, versuchte daraufhin Ex-EU-Kommissar Fischler am Freitag im ORF-Radio die Richtlinie ins rechte Licht zu rücken. Zuvor hatte bereits Binnenmarktkommissar Michel Barnier von einer "bewussten Fehlinterpretation der Richtlinie" gesprochen und Kritik, wonach die EU-Kommission eine Privatisierung der Wasserversorgung der Union anstrebe, vehement zurückgewiesen.
Fischler: "Kommission will mehr Transparenz schaffen"
Gemeinden würden auch Konzessionen für viele andere Dinge vergeben, wie die Abfallbeseitigung oder die Vergabe von Breitbandnetzen, erklärte Fischler. Mit ihrem Vorschlag zum Thema Wasserversorgung, über den nun diskutiert werde, wolle die Kommission mehr Transparenz schaffen, "weil man die Erfahrung gemacht hat, dass da ziemlich viel Mauscheleien laufen in verschiedenen Ländern Europas".
Er verstehe die Aufregung der Politiker nicht, so Fischler weiter: Wenn sie die Entwürfe gelesen hätten, dann müssten sie gesehen haben, dass es weiterhin das gute Recht jeder Kommune sei, solche Aktivitäten selber durchzuführen, und dass es keinerlei Verpflichtung gebe, sie an Firmen zu vergeben. Nur wenn sich eine Gemeinde entscheide, Firmen zu beauftragen, "dann kann der Bürgermeister das nicht mehr unter der Hand an irgendwelche guten Bekannten oder sonstwie vergeben. Das soll abgestellt werden", sagte Fischler im "Morgenjournal".
"Wird im Wesentlichen alles lokal bleiben"
Einen Privatisierungsdruck auf finanzschwache Gemeinden sieht Fischler nicht, und er bezweifelt auch, dass internationale Konzerne Interesse daran haben könnten, das Wassernetz einer Gemeinde zu betreiben. "Das wird im Wesentlichen alles lokal bleiben, außer vielleicht bei ganz großen Städten wie London oder Paris." Wenn sich aber etwa eine Stadt wie London zur Privatisierung der Wasserversorgung entscheide, sei es zu Recht so, dass dies unter internationaler Beteiligung möglich gemacht werden müsse. Außerdem werde der Schuldenabbau "auf diese Weise sowieso nicht passieren, weil da kein Geld im großen Stil in die Gemeindekassen fließt".
Fischler würde Gemeinden jedenfalls raten, mögliche Privatisierungen gut zu überlegen: "Privatisieren ist kein Allheilmittel. Und wenn ich privatisiere, muss ich große Garantien haben, dass das funktioniert. Was habe ich von einem günstigen Angebot eines Privaten, und der geht nach drei Jahren pleite."
FPÖ-Strache: "Versorgung muss unangetastet bleiben"
"Es braucht keine Zwangsprivatisierung, wenn die erwünschte Liberalisierung logische Folge des aufgebauten Privatisierungsdrucks ist", bekräftigte indessen FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache am Freitag seine Kritik an dem Kommissionsvorschlag. Zahlreiche warnende Beispiele quer über den Kontinent würden demnach bereits belegen, dass private Wasserdienstleister geringere Versorgungsqualität bei höheren Preisen heraufbeschwören. "Österreichs Wasserversorgung muss unangetastet bleiben", forderte Strache.
Die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner sieht durch die EU-Richtlinie die Gefahr, dass Gemeinden nicht mehr frei entscheiden können, wie sie die öffentliche Wasserversorgung vor Ort organisieren. "Die Gemeinden hätten laut der Richtlinie zwar immer noch das Recht, die Wasserversorgung selbst zu übernehmen. Doch das können viele finanziell gar nicht stemmen", befürchtet sie.
FSG-Katzian: "Mit allen Mitteln verhindern"
"Wasser ist keine Handelsware, sondern öffentliches Gut", reihte sich auch Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), am Freitag in die Riege der Kritiker ein. Die FSG unterstütze "selbstverständlich" die von den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ins Leben gerufene Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" ("Water is a Human Right"). Die Realisierung des vorliegenden Richtlinienvorschlags wäre ein Schritt in die falsche Richtung, die endgültige Entscheidung werde aber im März getroffen, erinnerte Katzian. "Dann haben die Abgeordneten die Möglichkeit, sich gegen die Umsetzung dieser Richtlinie auszusprechen."
"Wichtige kommunale Aufgaben müssen in öffentlicher Hand bleiben. Deshalb darf das EU-Parlament der geplanten Konzessionsrichtlinie nicht zustimmen", sagte Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel. AK und ÖGB wollen sich in einem Brief erneut an alle Abgeordneten des EU-Parlaments wenden, um noch einmal auf diese Bedenken hinzuweisen.
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