Baumeister, Society-Löwe, Donau-Trump – und natürlich „Mörtel“: Richard Lugner hat im Laufe seines bewegten Lebens viele Titel gesammelt. Bundespräsident durfte sich der verstorbene Unternehmer aber nie nennen. Offene Baustellen gab es „Mörtel“ zufolge aber viele – seine Kampagnen eingerechnet.
Lugner war nicht nur auf dem Parkett des Wiener Opernballs eine Legende, er wusste auch das politische Österreich zu bewegen. 1998 und 2016 kandidierte er für das Amt des Bundespräsidenten, 1999 versuchte der Society-Löwe mit seiner Liste „Die Unabhängigen“ (DU) in den Nationalrat einzuziehen. Lugner erreichte bei seinem Erstantritt einen Achtungserfolg, scheiterte dann aber krachend.
Der Unternehmer strebte laut eigener Aussage stets danach, die „einfachen“ Menschen der Republik anzusprechen. Inhaltlich wollte er den Gürtel enger schnallen, wirtschaftlich denken und soziale „Hängematten“ abschaffen.
Lugner – ein Instinktpolitiker
Bei seinen Botschaften setzte er auf jenes Attribut, das ihn zeit seines Lebens immer auszeichnete und von anderen Spitzenpolitikern abhob: Authentizität. „Mörtel“ war ein Instinktpolitiker, der seinem Herzen vertraute, das er bekanntlich auf der Zunge trug.
Auf seine Abneigung gegenüber Beratern war er schon als Unternehmer stolz. Seine Prinzipientreue diente ihm sozusagen als Brücke zum Volk.
Achtungserfolg und erste politische Ohrfeige
Diese Standfestigkeit sicherte ihm 1998 immerhin 9,9 Prozent der Stimmen. Von dem überraschenden Erfolg angetrieben gründete Lugner mit seiner damaligen Frau Christina (Tiername: „Mausi“) die DU-Partei. Ein Prozent der Stimmen war bei den Nationalratswahlen im Folgejahr bei weitem nicht genug für einen Platz im Parlament und eine erste politische Ohrfeige.
Obwohl sich die Lugners erst 2007 scheiden ließen, gab es schon während der Wahlkämpfe Gerüchte. Außerdem fehlte dem Baulöwen das nötige Kampagnengeld, er hatte nicht die finanziellen Mittel eines Donald Trump oder eines Frank Stronach – mit denen er häufig verglichen wurde.
Richard Lugners „Kasperltheater“
Dementsprechend dilettantisch muteten seine Wahlkämpfe an. Zum DU-Gründungsparteitag lud er zu einem „Thai-Heurigen“ ein. Getränke und Essen wurden von „importierten“ Thai-Damen serviert, berichten Zeitzeugen. Anschließend empörte er sich über abwesende Pressevertreter, die der eigenwilligen Veranstaltung fernblieben. Der Grüne Andreas Wabl behauptete, Lugner habe ihm für eine Parteimitgliedschaft 150.000 Schilling angeboten. „Mörtel“ sprach von einem Scherz, der Imageschaden blieb.
Bei seinem erneuten Antreten 2016, dieses Mal angespornt von Ehefrau Cathy (Tiername: „Spatzi“), meinte er selbst: „Ein Kasperl will in die Hofburg.“
Sein Auftritt blieb unverwechselbar. Unvergessen ist sein damaliges Ankündigungsvideo „Lugner for President“, das etwa zwei Wochen vor dem Start der eigentlichen Kampagne veröffentlicht wurde.
Das gesamte Video zum Nachsehen:
Schnitt, Bild- und Tonqualität erinnerten eher an ein eilig zusammengeschustertes Erpresservideo. Es waren zwölf Minuten Fremdscham zum Genießen. Lugner wollte es noch einmal wissen und ein „Mann des Volkes“ sein, die „Blasmusik“ retten, „Theoretiker“ aus der Politik drängen und die „Zweiparteiendiktatur“ beenden.
Politik als PR-Maschine
Die politischen Kandidaturen dienten dem Unternehmer immer auch als PR für seine geschäftlichen Aktivitäten, speziell jene der Lugner City. In diesem Kontext sahen die meisten Beobachter dann auch seine letzte Kandidatur für die Hofburg im Jahr 2016. Diesmal konnten sich nur 2,3 Prozent der Wähler für sein „Kasperltheater“ erwärmen.
Das Wiener Original sollte nie wieder auf die politische Bühne zurückkehren, doch der Baumeister der Nation wusste schon damals: „Die Gegenwart ist heute keine gewöhnliche Zeit. Es gibt viele offenen Baustellen.“
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