Bodo Hell wird seit Freitag vermisst. Bergrettung, Polizei und Almbauern suchen weiter verzweifelt nach ihm im Dachsteingebiet, wo er als Senner vielen ans Herz gewachsen ist. Der 81-jährige Wiener gilt als einer der originellsten Literaten unseres Landes.
Seit Ende der 1970er-Jahre verbringt Bodo Hell jeden Sommer auf der Grafenbergalm im Dachsteingebiet. Denn der bekannte Literat (siehe unten) ist auch ein großer Tierfreund – an die 80 Rinder, aber auch Schafe und Pferde standen auch heuer wieder unter seiner Obhut.
Fast täglich kehrten in den vergangenen Wochen Gäste aus der Umgebung bei ihm ein, erzählen am Montag mehrere Hüttennachbarn. Nicht selten tischte Hell ihnen selbstgemachten Ziegenkäse und Kürbiskernöl in der urigen Hütte auf. Doch seit dem Wochenende sind diese Erinnerungen von großen Sorgen überschattet.
Zuletzt sah man den 81-Jährigen am Freitagvormittag zwischen der Grafenbergalm und dem Helibronnerkreuz – er wollte nach seinem Vieh Ausschau halten. Doch er kam scheinbar nicht mehr zurück. Weil ein Bekannter ihn nicht über das Hüttentelefon erreichen konnte, wurde er wachsam. „Seit über 50 Jahren war er alle Tage immer draußen unterwegs, aber er ist an sich sehr verlässlich“, erklärt ein Hüttennachbar.
Zig Helfer vor Ort
Und so wurde am Sonntag eine groß angelegte Suchaktion gestartet, die am Montag ihre Fortsetzung fand. „Auf steirischer Seite sind rund 80 alpine Einsatzkräfte seit den frühen Morgenstunden vor Ort“, berichtete Enrico Radaelli, Sprecher der Bergrettung Steiermark. Auch die oberösterreichischen Kollegen wurden hinzugezogen; Helikopter und Suchhunde kamen zum Einsatz. „Es werden Hüttenwirte befragt, Gipfelbücher durchforstet und Bekannte kontaktiert. Aber das Dachsteingebiet ist sehr weitläufig“, sagt Radaelli. Die Almbauern beteiligten sich bei der Suche.
Montagnachmittag musste die Suche unterbrochen werden, da ein Gewitter aufzog. Dienstagfrüh will man die Suchaktion auf der Hochfläche des Dachsteinplateaus wieder aufnehmen. Man vermutet ihn weiterhin auf der oberösterreichischen Seite des Dachsteingebiets.
Stolze 80 Jahre alt musste Bodo Hell werden, um 2023 den österreichischen Staatspreis für Literatur zu bekommen. Noch ein Jahr länger dauerte es, bis er heuer mit dem steirischen Literaturpreis geehrt wurde.
Dabei ist der am 15. März 1943 in Salzburg geborene, vielseitig versierte Künstler, Denker und Literat (er hat immerhin Orgel, Film, Philosophie, Geschichte und Germanistik studiert) der Steiermark eng verbunden. Nicht nur durch seine Tätigkeit als Senner auf der Grafenbergalm, der er seit den 1970er-Jahren nachgeht, sondern auch durch den Droschl Verlag, in dem er einen Großteil seiner Werke veröffentlicht (zuletzt „begabte bäume“ im Vorjahr). Und dann sind da noch zahlreiche Lesungen etwa im kunsthaus muerz, bei eisenz*ART oder im Grazer Literaturhaus.
Nicht nur als Person ist Bodo Hell eine außergewöhnliche Erscheinung, auch seine Literatur ist alles andere als gewöhnlich. Mit einem enzyklopädischen Wissen nähert er sich an den Kern seiner Erzählungen und schafft es immer wieder, sie in eine so einzigartige wie poetische Sprache zu gießen. Dabei kommen auch Witz und Ironie nicht zu kurz. Das hat ihm neben anfangs erwähnten Preisen eine Vielzahl an renommierten Auszeichnungen eingebracht, darunter den Rauriser Literaturpreis, den Erich-Fried-Preis oder auch den Christine-Lavant-Preis.
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