Volle Einkaufsstraßen geben derzeit ein trügerisches Bild ab. Denn trotz teils guter Frequenz sind die Österreicher im Handel wenig spendabel, die erhoffte Erholung ist nicht eingetreten. Nichtsdestotrotz stehen bald die traditionellen Lohnrunden an – die Arbeitgeber stellen sich auf harte Kollektivvertragsverhandlungen ein.
„Dass uns steigender Konsum aus der Krise holt, ist derzeit nicht wie erhofft der Fall“, bedauert Handelsobmann Rainer Trefelik. Derzeit würden nur die Kosten in die Höhe gehen, die Umsätze seien jedoch gleichbleibend. Menschen lassen ihr Geld lieber in der Gastronomie als in den Geschäften – Schnitzel schlägt sozusagen T-Shirt.
Die Hoffnung, dass höhere Löhne sich in höhere Handelsumsätze ummünzen lassen, hat sich nicht erfüllt. Nur ein Drittel der gestiegenen Einkommen fließt in den Handel, der Rest wird gespart oder anderwärtig ausgegeben. Auch wenn viele Touristen und Einheimische in den Städten und auf den Shopping-Meilen unterwegs sind, sitzt das Geldbörsel in vielen Fällen nicht mehr so locker.
Die erhoffte Erholung ist ausgeblieben. Die zusätzlichen Einkommen fließen nur zu einem Drittel in den Handel, der Rest wird gespart oder anderwärtig ausgegeben.
Rainer Trefelik, Handelsobmann
Bild: APA/MAX SLOVENCIK
In den ersten sechs Monate sind die Erlöse sogar gesamt um 0,8 Prozent zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahr. Ein kleines Plus verzeichnen die Lebensmittelhändler und die Bekleidungshändler. Am besten schnitt im Jahresvergleich mit plus drei Prozent der Kfz-Handel ab, hier gibt es aber einen Nachholbedarf, zuvor plagten Lieferprobleme Händler und Kunden.
Möbelhandel steckt am tiefsten in der Krise
Größtes Problemkind ist hingegen der Möbelhandel mit einem Rückgang von 12,7 Prozent. Dort verloren im ersten Halbjahr auch die meisten Beschäftigten ihren Job, eine Folge der kika/Leiner-Großpleite. Dass die Bauwirtschaft derzeit stark schwächelt, dämpft ebenfalls die Umsätze.
Über fast alle Handelssparten hinweg, schmerzt die Konkurrenz der China-Shops Temu, Shein und Co. Trefelik fordert eine rasche Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze, Europa müsse hier heimische Händler schützen. Diese können mit den asiatischen Schleuderpreisen nicht mithalten.
Harte KV-Verhandlungen stehen bevor
Aufgrund der schwierigen Gemengelage stellen sich die Arbeitgeber erneut auf harte Kollektivvertragsverhandlungen ein. Im Herbst stehen erneut die traditionellen Lohnrunden an. Vergangenes Jahr zogen sich diese bis spät in den Dezember. Trefelik sieht zumindest keinen Grund, warum diese heuer einfacher verlaufen sollen. Unter den Gewerkschaftern seien einige zudem gerade im „Wahlkampfmodus“.
Dass die Inflation heuer geringer ausfällt, entspannt die Lage kaum. „Über drei Jahre hatten wir Steigerungen bei den Lohnkosten von 20 Prozent. Irgendwann geht es sich nicht mehr aus“, betont der Handelsvertreter.
Ein kleiner Lichtblick ist, dass sich zumindest, was den Arbeitskräftemangel betrifft, ein neues Potenzial aufzeigt. Laut einer Studie des Handelsforschers Christoph Teller von der JKU sind zehn Prozent der Beschäftigten bereit, im Pensionsalter weiterzuarbeiten. Bei den über 55-Jährigen, welche dem Ruhestand zeitlich am nächsten sind, geben das sogar 20 Prozent an.
Weiterarbeiten in der Pension lohnt sich zu wenig
„Wir sollten die Arbeitskräfte dort mobilisieren, wo sie sind“, meint Teller. Ein Wermutstropfen sind jedoch die nicht idealen Rahmenbedingungen. Aus steuerlichen und gesetzlichen Gründen ist es derzeit nicht besonders attraktiv, über das Pensionsalter hinaus zu arbeiten.
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