Politik säumig

Beim Thema Schulessen „brennt der Hut“

Wien
26.08.2024 14:15

Dem Essen in der Schule kommt eine zentrale Bedeutung für die Ernährungsgewohnheiten und damit der Gesundheit von Kindern zu. Trotzdem interessiert das Thema in Österreich die Politik kaum. Doch auch Eltern könnten oft mehr dazu tun, dass ihre Kinder sich so ernähren, dass es ihnen auch guttut.

Ohnehin viel später als andere EU-Länder hat sich Österreich seit letztem Jahr per Nationalem Aktionsplan dazu verpflichtet, Kindern an jedem Schultag eine warme gesunde Mahlzeit zu garantieren. Geschehen ist jedoch kaum etwas. Dabei „brennt der Hut“, wenn es um die gesunde Ernährung gerade von Schulkindern geht, warnten Volkshilfe, der Verein Zukunft Essen, das Ernährungsinstitut SIPCAN und die Plattform Kinderrechte am Montag in einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Kaum mehr als Lippenbekenntnisse von Parteien
Trotz aller Lippenbekenntnisse der Parteien, wie wichtig ihnen das Thema ist, ergab einen Parteien-Rundruf von Zukunft Essen, dass sie den Worten kaum Taten folgen lassen wollen. Die FPÖ steht etwa sogar dazu, dass das Thema in der nächsten Legislaturperiode „sehr niedrige Priorität“ habe. Die ÖVP schweigt sich zum Thema überhaupt aus. Aber auch NEOS sind skeptisch, wenn es um gesetzlich verpflichtende Mindeststandards für Schulessen geht. Lediglich SPÖ und Grüne geloben, für eine Verbesserung sorgen zu wollen.

Verweis auf Schweden

Die bei der Pressekonferenz vertretenen Organisationen sind sich einig: Dem Schulessen kommt eine zentrale Rolle für die gesundheitliche Zukunft von Menschen zu. Für über 80.000 Kinder in Österreich sei dieses die einzige Möglichkeit, sich ausgewogen zu ernähren. Die Effekte sehe man etwa in Schweden, wo Schulessen seit 80 Jahren eine Selbstverständlichkeit sei. Die Kinder würden sich dadurch erwiesenermaßen zu gesünderen Erwachsenen mit längerer Lebenserwartung – und sogar höherem Bildungsgrad und dementsprechend höherem Einkommen – entwickeln.

Wien in österreichweiter Statistik nur Durchschnitt
Politischer Wille allein reicht aber nicht, wie gerade das Beispiel Wien zeigt: Obwohl sich die Bundeshauptstadt seit 2023 zum Gratis-Essen an ganztägigen Pflichtschulen bekennt, steht sie in der österreichweiten Statistik von SIPCAN nur durchschnittlich da – wenn überhaupt. Demnach gibt es in Wien in einem Drittel der Schulen gar kein warmes Essen. Damit liegt Wien unter dem Durchschnitt. In Oberösterreich bekommen Kinder in 85 Prozent der Schulen warmes Essen, im Burgenland sind es sogar 92 Prozent.

In jenen Schulen, in denen es Essen gibt, ist es außerdem oft aus ernährungswissenschaftlicher Sicht Mangelware: Gerade einmal Durchschnitt erreicht Wien mit 36 Prozent als gesundheitsförderlich eingestuftem Angebot. Im Burgenland sind es 55 Prozent, in Oberösterreich immerhin 50 Prozent. Ohnehin besteht das Angebot in Wiener Schulen zu 46 Prozent nur aus einem Schulbuffet, der Rest wird von Catering dominiert. Nur in 18 Prozent der Wiener Schulen wird gekocht, österreichweit liegt der Schnitt bei 31 Prozent.

Bei Ernährungsgewohnheiten über den „Tellerrand schauen“
Die Eltern sind für die Situation allerdings mitverantwortlich, denn in Wien werden die Essensangebote in der Schule nur von 17 Prozent der Kinder genutzt, was ebenfalls deutlich unter dem Schnitt von 31 Prozent liegt. Manuel Schätzer von SIPCAN ermutigt Kinder wie Eltern, Angebote für gesundes Essen wahrzunehmen, auch um einmal „über den Tellerrand des daheim Gebotenen hinauszuschauen“. Auch Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom Netzwerk Kinderrechte findet, neben allen Appellen an die Verantwortlichen müssten die Familien auch „bei sich selbst ansetzen“.

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