Die rote Pannenserie

Selbstgeißelung der SPÖ: Was bisher geschah …

Innenpolitik
29.08.2024 11:03

SPÖ-Chef Andreas Babler schwelgt häufig in Erinnerungen, kein Wunder: Die Sozialdemokratie hat schon bessere Zeiten erlebt. Der Leidensdruck unter den Genossen ist mittlerweile enorm hoch – und gleichzeitig nicht groß genug, um öffentlichen Beschmutzungen zu widerstehen.

Andreas Babler hat es mit seinen Parteikollegen nicht leicht. Das zeigt ein Blick auf die vergangenen Monate: Kaum sind die denkwürdige Excel-Panne um den Parteivorsitz und die Wiener Schrebergarten-Affäre ein wenig in Vergessenheit geraten, kommt der Linzer Brucknerhaus-Skandal um Bürgermeister Klaus Luger um die Ecke.

Als wäre das nicht genug, verreißt mit Doris Bures (SPÖ) ein politisches Schwergewicht der Partei auch noch den Entwurf zum Wahlprogramm als stellenweise „unernst“. Gleichzeitig macht sich Babler für ein neues Zeitalter „sauberer“ Politik stark. Die Optik ist mitunter verheerend.

Die SPÖ ist von ihrem Selbstverständnis her eine Regierungspartei, eigentlich sogar eine Kanzlerpartei. Dieser Anspruch rührt aus einer vergangenen Zeit. Das hängt mit der Ära Bruno Kreisky zusammen, die sich über Fred Sinowatz, Franz Vranitzky bis zu Viktor Klima weiterzog und für eine ganze Generation alles andere als einen roten Regierungschef undenkbar erscheinen ließ.

Und dann kam Schüssel
Die Zäsur erfolgte mit der Jahrtausendwende, als Wolfgang Schüssel den Tabubruch Schwarz-Blau wagte. Seither ist es nicht mehr die SPÖ, die in der Regierung festgeklebt scheint, sondern die sich in alle Richtungen die Türen offen haltende Volkspartei.

Eigentlich schon ab da lief es bei den Sozialdemokraten nicht mehr so rund wie davor, als man sich noch allerlei Skandale von Lucona bis Noricum leisten konnte und dennoch nicht von der Macht verdrängt wurde. Immerhin eroberte man mit Werner Faymann das Kanzleramt zwischenzeitlich zurück.

Faymann wurde 2016 gnadenlos ausgepfiffen. (Bild: APA/HANS PUNZ)
Faymann wurde 2016 gnadenlos ausgepfiffen.

Genau der Fall dieses Werner Faymann ist es aber, der die SPÖ bis heute verfolgt. Das Pfeifkonzert gegen den damaligen Kanzler und Parteichef am 1. Mai 2016 gilt in weiten Teilen der Partei als historischer Sündenfall. Diese Wunde ist bis heute nicht vernarbt, dafür sind persönliche Verletzungen unterschiedlicher Art mittlerweile hinzugekommen.

Der Kärntner Don Quixote
Mittlerweile gibt es kaum noch jemanden in Spitzenpositionen, der das Parteiwohl über jenes des eigenen Flügels oder der eigenen Person stellt. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser wirkte manchmal fast wie Don Quixote, wenn er versuchte, die diversen Interessensgruppen der Partei zur Vernunft zu bringen.

Dabei trennt die SPÖ inhaltlich längst gar nicht mehr so viel. Der Entwurf zum aktuellen Wahlprogramm unterscheidet sich in der Asylpolitik, die jahrelang als parteiinterner Reibebaum zwischen links und rechts diente, kaum mehr von jenem der Volkspartei. In der Sozialpolitik tickt man quer durch die Partei ohnehin ähnlich und die wenigen Unterschiede werden in erster Linie hochgehalten, um sich von den anderen Flügeln abzugrenzen.

Querulant Doskozil verlor gegen Kleinstadt-Bürgermeister
Dass es dennoch ständig kracht, hängt auch damit zusammen, dass es seit langem keine echte Autorität mehr in der Partei gibt. Oder wie Doskozil sagen würde: Es fehlt an „Leadership“. Der burgenländische Landeskaiser hat letztlich zu lange polarisiert, um eine breite Basis zu finden, auch wenn er beim Wähler potenziell durchaus Erfolgschancen gehabt hätte.

Doskozil war aufgrund eines Excel-Fehlers für wenige Stunden Parteichef.  (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Doskozil war aufgrund eines Excel-Fehlers für wenige Stunden Parteichef. 

So kam dann mit Babler der Bürgermeister einer Kleinstadt zum Zug, der bundespolitisch bis dahin in erster Linie mit Zwischenrufen aus Traiskirchen aufgefallen war. Der Gemeindechef hat mit seinem durchaus populistischen Linkskurs zwar Teile der Basis hinter sich, was nie schaden kann, doch fehlt ihm jeglicher Rückhalt der einflussreichen Teilorganisationen.

Die einzige Chance der „Babler-Sekte“
Aus den Bundesländern wird ihm häufig über die Medien Missfallen ausgerichtet und nur selten Unterstützung. Deutlich öfter ist intern spöttisch von der „Babler-Sekte“ die Rede, um den eher kleinen Kreis um den Vorsitzenden zu beschreiben. Bablers erste und wohl einzige Chance ist, bei der kommenden Nationalratswahl gegen alle Erwartungen einen Erfolg einzufahren oder die SPÖ zumindest in eine Regierung zu bringen und sich von dort aus ein stärkeres Standing zu erarbeiten.

Umfragen zufolge kämpft die SPÖ aktuell um Platz 2, dem heuer eine besondere Brisanz zugesprochen wird. Diese Partei könnte den Kanzler stellen, da sich eine Koalition mit der Kickl-FPÖ nicht abzeichnet:

Ansonsten werden sich die Sozialdemokraten wohl weiter in die Wolle kriegen und auf Perspektive nur in ihren Hochburgen gestalten können.

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