Justizwache am Limit

In den Gefängniszellen fliegen öfters die Fäuste

Burgenland
30.08.2024 09:00

Prekär ist die Situation in Österreichs Justizanstalten – zu viele Insassen, zu wenig Wachbeamte und noch dazu bürokratisches „No-Go“. Die Kritik aus den internen Kreisen wird immer lauter.

Schon die Volksanwaltschaft hat grobe Mängel in den österreichischen Justizanstalten aufgezeigt. Die SPÖ Burgenland und Gerald Pfneiszl, Justizwachebeamter und FSG-Vorsitzender, gehen nun einen Schritt weiter. Eine ganze Reihe von Missständen wird kritisiert.

Häftlinge müssen auf dem Boden schlafen
Die Justizanstalt Eisenstadt ist für 175 Insassen ausgelegt, derzeit sind es 200. „In Zellen für zwei Inhaftierte müssen jetzt doppelt so viele untergebracht werden. Da bleibt nicht genug Platz übrig“, schildert der Justizwachebeamte. Immer wieder soll es zu Raufereien kommen. Jene Häftlinge, die keinen Fixplatz haben, müssen oft auf Matratzen auf dem Fußboden übernachten. Zuletzt sei ein wilder Streit entbrannt, der in einer Prügelei endete.

Ist wenig Platz, steigt die Aggressivität
Ein Häftling wollte aufs WC und kletterte vom Stockbett. Der Insasse, der auf dem Boden schlief, war ihm jedoch im Weg – die Fäuste flogen!

Oft spielt die Herkunft der Raufbolde ebenso eine gewichtige Rolle. In der Justizanstalt in Eisenstadt sind aktuell 27 Nationalitäten vertreten. Das Länderspektrum reicht von Polen und Moldawien über Albanien und die Türkei bis zu Nigeria und Mali. 50 der 200 Inhaftierten sind Österreicher, zehn davon mit Migrationshintergrund.

Auf eine Million Bürger kommen 1000 Gefangene
„Ist die Anstalt überbelegt, steigt das Konfliktpotenzial“, berichtet das Personal. Vor allem im Jugendstrafvollzug nehmen die Probleme drastisch zu. „Ende der 1990er-Jahre haben wir auf einen Ausbau der Justizanstalten gedrängt. Bis heute besteht dringend Nachholbedarf. Die Lücke wird größer“, so Pfneiszl mit 33 Jahren Berufserfahrung.

Zitat Icon

Der Bau einer Justizanstalt in Ostösterreich ist längst überfällig. Mit Nachtdiensten und Überstunden lässt sich die Personalnot auf Dauer nicht meistern.

Gerald Pfneiszl, Justizwachebeamter und FSG-Vorsitzender im Burgenland

Entlastung des Personals gefordert
SPÖ-Klubobmann Roland Fürst nimmt Justizministerin Alma Zadić (Grüne) in die Pflicht: „Seit Jahren ist die Lage kritisch. Passiert ist zu wenig.“ Gefordert wird eine Entlastung der Justizwache. Fürst kündigt einen SPÖ-Antrag im Landtag am 19. September an. Der Berufsstand der Justizwache müsse attraktiver werden. Bundesweit seien von den 3300 Planstellen 150 bis 190 unbesetzt. „Viele Beschäftigte sind in Teilzeit.“ Der Bedarf wächst: Auf eine Million Österreicher kommen bereits 1000 Gefangene.

Schlepper kassierten in der Zelle den Klimabonus
Festnahmen werden belohnt – diesen Eindruck vermittelte ein Missstand, der nun beseitigt sein soll. Auch Mörder oder Schlepper, die länger als sechs Monate in Gefängnissen gemeldet waren, hatten – so wie unbescholtene Staatsbürger – sogar hinter Gittern 500 Euro Klimabonus erhalten. Obwohl „voll versorgt“, kassierten sie knapp 4,5 Millionen Euro Steuergeld. Bei der nächsten Bonusrunde soll das nicht mehr der Fall sein. Die Österreicher dürfen gespannt sein!

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