Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hält sich bei seinem Vorarlbergbesuch mit Kritik an SPÖ-Parteichef Andreas Babler zurück. Eine Rückkehr in die Bundespolitik schließt er aus – und will sich ganz auf seine Aufgaben im Burgenland konzentrieren.
Krone: Herr Doskozil, was hat sie vom Burgenland bis nach Vorarlberg verschlagen?
Hans Peter Doskozil: Ich bin mit meiner Frau – sie stammt aus Aalen in Baden-Württemberg – auf Heimaturlaub. Während sie ihre Freundinnen trifft, besuche ich die Vorarlberger Sozialdemokraten und die Burgenländer, die beim Bundesfeuerwehrwettbewerb in Feldkirch waren.
Hat Ihre Unterstützung den Burgenländern Glück gebracht?
Sie haben sich wacker geschlagen.
Haben Sie Vorarlbergs SPÖ-Chef Mario Leiter ein paar Tipps gegeben, wie man Landeshauptmann wird?
(lacht) Das ist einfach, aber auch kompliziert. Im Prinzip muss jeder selbst wissen, wie er Politik macht. Unverzichtbar sind aus meiner Sicht Empathie und ein Gespür dafür, wie es den Menschen geht. Dringend notwendig ist auch Glaubwürdigkeit – ohne die funktioniert nichts.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Im Burgenland war der Mindestlohn großes Thema. Wenn ich dieses Thema ernsthaft angehe und möchte, dass jeder mit einem 40-Stunden-Job gut über die Runden kommt, kann ich nicht täglich einfach nur am Landhausportier vorbeigehen, der 1300 Euro netto verdient. Deswegen wurde der Mindestlohn auf 2270 Euro netto angehoben. Die Hofräte waren nicht begeistert, aber die Finanzierung geht sich in der Landesverwaltung ebenso aus wie in der Wirtschaft. Der Portier, die Reinigungskraft und alle anderen bekommen jetzt 2270 Euro netto. Das ist in Zeiten wie diesen die richtige Antwort. Ich muss nicht ständig irgendwelche Förderungen ausschütten, sondern die Menschen so wertschätzen, dass sie von dem leben können, was sie verdienen. Das ist für mich auch das Rezept, Wahlen zu gewinnen.
Mario Leiter: Diese Erfahrung habe ich als Vizebürgermeister in Bludenz auch gemacht. Man muss authentisch sein und das, was man verspricht, auch halten. Genau das will die Vorarlberger SPÖ im Bereich leistbares Wohnen. Wir haben fertige Konzepte und Anknüpfungspunkte, um die Menschen aus der Mittelschicht zu erreichen. Besonders ärgerlich ist, dass in Vorarlberg die Grenze bei der Vergabe gemeinnütziger Wohnungen trotz Teuerung nicht angehoben wurde. Diese liegt nach wie vor bei 4200 Euro Haushaltseinkommen für zwei Erwachsene. Wer darüber liegt, bekommt keine gemeinnützige Wohnung. Und aufgrund der KIM-Verordnung gibt es keinen Kredit, um den Kauf einer Wohnung zu finanzieren. Am Ende bleibt diesen Menschen nicht anderes übrig, als eine teure Mietwohnung zu nehmen. Zum Vergleich: In Tirol liegt die Grenze bei 6000 Euro, Wien 7100 Euro.
Aber eine Erhöhung der Grenze dürfte zu noch längeren Wartezeiten bei der Wohnungssuche führen?
Deswegen braucht es eine zweite Änderung, um die Zahl der gemeinnützigen Wohnungen zu erhöhen. Derzeit entscheidet nämlich der Bürgermeister einer Gemeinde, ob überhaupt Bedarf für gemeinnützigen Wohnraum besteht. Wer keine zusätzlichen Kinderbetreuungs- oder Volksschulplätze finanzieren will, wird nie Bedarf anmelden. Das ist ein Grund, weshalb es so wenig gemeinnützige Wohnungen gibt. Und das muss sich ändern.
Herr Doskozil, wie schätzen Sie die Chancen für die Vorarlberger SPÖ bei der Landtagswahl ein?
Die Ausgangssituation ist natürlich nicht berauschend. Aber ich glaube schon, dass der Mario ein gutes Ergebnis einfahren wird, denn bei den Verantwortungsträgern im Land ist in der vergangenen Legislaturperiode nicht alles rund gelaufen. Ich glaube, dass auch in Vorarlberg erkannt wird, dass es mehr soziale Aspekte braucht. Wenn sich junge Menschen in den Gemeinden und Städten keinen Wohnraum mehr leisten können, stimmt etwas nicht. Dann läuten die Alarmglocken. Das ist ein jahrelanges Versäumnis und da haben die Sozialdemokraten um Mario Leiter gute Lösungsvorschläge. Deswegen wird er am Ende ein Plus vor dem Ergebnis haben.
14 Tage vorher sind Nationalratswahlen. Wie gut ist Ihre Partei mit Andreas Babler aufgestellt?
Es wäre nicht angebracht, sich jetzt zu Bundesthemen zu äußern. Das wäre nicht fair. Man muss Andreas Babler die Chance lassen, einen ordentlichen Wahlkampf aus seiner Sicht zu machen. Danach muss man das Ergebnis beurteilen. Natürlich bin ich nicht von allem begeistert.
Wie schwer ist es für Sie, nicht Spitzenkandidat zu sein und sich in Zurückhaltung zu üben?
Natürlich wäre ich gerne Spitzenkandidat geworden, sonst hätte ich mich nicht um die Position als Parteichef beworben. Aber nach der Entscheidung gab es immer ein weinendes und ein lachendes Auge. Es hätte mich gereizt, auf Bundesebene die Themen Mindestlohn, Pflege oder die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung aufzugreifen – das ist das weinende Auge. Aber als Landeshauptmann Verantwortung für ein Bundesland so haben, ist auch eine tolle Aufgabe – deswegen das lachende Auge.
Mario Leiter: Bei der Nationalratswahl tritt die SPÖ als Team an, das sich aus den neun Bundesländern zusammensetzt. Wir Vorarlberger und auch die Burgenländer haben die Zustimmung zum Wahlprogramm von Andreas Babler erteilt. Das heißt, wir stehen zu dem Wahlprogramm. Natürlich ist es ein Wunschprogramm und man wird sehen, welche Themen sich bei möglichen Regierungsverhandlungen durchsetzen lassen. Aber jetzt gilt es, ein gutes Ergebnis zu erzielen und das geht nur gemeinsam.
Herr Doskozil, sollte es eine rote Regierungsbeteiligung geben, wären Sie bereit wieder einen Ministerposten zu übernehmen?
Nein, das ist völlig utopisch. Die Bundespolitik ist für mich passe. Meine Konzentration gilt der Landtagswahl im Burgenland. Da müssen wir uns für die kommenden fünf Jahre aufstellen.
Nicht einmal der Posten des Innenministers wäre reizvoll?
Das Thema ist für mich erledigt. Aber es ist schon interessant, wie der Innenminister im Hinblick auf Abschiebungen immer wieder Maßnahmen fordert. Das würde ja in seinem Zuständigkeitsbereich liegen. Mit der Flüchtlingsroute waren wir 2016/17 im Burgenland besonders betroffen. Damals hat Sebastian Kurz verkündet, dass die Balkanroute geschlossen ist. Inzwischen wissen wir, dass alles Blödsinn war, nur ein PR-Gag. Die ÖVP-Innenminister sind – mit einer kurzen Unterbrechung – seit dem Jahr 2000 am Zug und haben nichts zustande gebracht. In 90 Prozent aller Fälle, die negativ beschieden werden, bleiben die Betroffenen in Österreich.
Weil es keine Übereinkommen mit den betreffenden Staaten gibt?
Weil es keine Übereinkommen gibt, weil sie keine Einreisezertifikate bekommen, weil sie untertauchen, weil die Verfahren so lange dauern – da gibt es verschiedenste Gründe. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich 2005 im Innenministerium war und an der Fremdenrechtsnovelle mitgeschrieben habe. Schon damals hat die ÖVP/FPÖ-Regierung nicht viel zusammengebracht.
Mario Leiter: Natürlich wäre es schön, wenn wir wie damals unter Karl Schlögl wieder den Innenminister stellen könnten. Jetzt macht man nur Show-Politik. Die Familienmilliarde wurde ebenso vernichtet wie die Patientenmilliarde. Das kann nicht so weitergehen.
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