Kärntner Sondersitzung

Wahlkampf im Landtag: Wohnen und Geschäftsordnung

Kärnten
09.09.2024 09:07

Eigentlich herrschte bei allen Kärntner Parteien Einstimmigkeit in Bezug auf die Neugestaltung der Wohnbauhilfe. In einem außerordentlichen Sonderlandtag will die SPÖ das Thema noch einmal prominent platzieren.

Das Hauptthema der außerordentlichen Sitzung ist offiziell die neue Wohnbeihilfe, inoffiziell ist es aber natürlich der Endspurt zur Nationalratswahl in 20 Tagen. FPÖ und Team Kärnten haben ihre Volksbefragung zur Windkraft und die Blauen hatten im Vorfeld angekündigt, die Sitzung für mehrere Anträge und Anfragen zu nutzen. Die „Krone“ berichtet im Liveticker.

Live-Ticker:
Von der Landesspitze ist nur Landes-Vize Martin Gruber (ÖVP) nicht anwesend, Kaiser, Schaunig, Prettner, Schaar und Schuschnig sind alle da. FPÖ-Chef Erwin Angerer bringt zu Beginn zwei Dringlichkeitsanträge ein, während Landtagspräsident Reinhart Rohr auf neue Technik im Plenum hinweist und allen eine „informative“ Sitzung wünscht.

Ruth Feistritzer (SPÖ) hebt die Armut und die Teuerung hervor – Fokus liegt natürlich auf dem Aspekt Wohnen. Abhilfe komme hier von der neuen Wohnbauhilfe für bis zu 40.000 zusätzliche Kärntner Haushalte. Sie macht einen Abstecher zum Verkauf von BUWOG-Wohnungen als Negativbeispiel.

FPÖ-Chef Erwin Angerer zitiert zu Beginn das Momentum-Institut, das eher nicht einem liberalen oder konservativen Kreis zuzuordnen ist. Er kritisiert Spitzen der SPÖ für ihre Versäumnisse. Die Anträge für die Wohnbeihilfe hätten sich verdoppelt, er kritisiert die „Symptombehandlung“ und dass die Anträge erst ab Anfang 2025 dafür eingebracht werden können. Angerer will scheinbar dafür auf die Kelag-Gewinnausschüttung zurückgreifen. Er wagt schon eine Prognose für die nächste Landtagswahl 2029: „Da bekommt ihr die Rechnung präsentiert.“

ÖVP-Klubobmann Markus Malle bringt den Einkauf im Supermarkt als Beispiel für die Teuerung und spannt den Bogen zum Wohnungsmarkt. Statt Jammern will er „die Ärmel hochkrempeln“. Laut Malle macht das jetzt die Landesregierung. Die neue Wohnbeihilfe zeige besonders Wirkung, da gerade die Wohnkosten empfindlich gestiegen sind. Mit der Unterstützung der Betriebskosten würde allen geholfen. Auch ein Erfolg für Malle dürfte sein, dass die Opposition das nicht kritisieren könnten, nur Details wie den Zeitpunkt. Er spricht auch politisches Kapital an.

„Team Kärnten“-Chef Gerhard Köfer spricht als „die Stimme der Vernunft“ zum Plenum und nennt Ideen des Teams, die von der Landesregierung übernommen wurden. Seine Bezeichnung der Partei als „Ideenschmiede“ führt zu zynischen Zwischenrufen. Köfer nennt den genauen Zeitpunkt, wann das Team Kärnten die neue Wohnbeihilfe eingebracht hatte: 31. August 2023, 15.06 Uhr. In Spittal habe die Stadt zumindest die Mieten und Kosten in den eigenen Wohnungen nicht erhöht. Im Kampf gegen die Armut nennt er aber die Vollbeschäftigung als wirksamstes Mittel. Er dankt den Kärntner Unternehmern und Arbeitern, da sie die Mittel für die Wohnbeihilfe zur Verfügung stellen.

Landes-Vize Gaby Schaunig, die federführend die neue Wohnbeihilfe in der Regierung gestaltet hat. Sie verweist auf die Maßnahmen, die von der Regierung in den vergangenen Jahren schon die Mieten in Kärnten gedrosselt hätten. 2017 gab es ein Mietkostensenkungsgesetz. Mit 5,30 Euro pro Quadratmeter liege Kärnten deutlich unter dem Österreichschnitt von 7 Euro. Sie verweist auf die Fokussierung bei der neuen Wohnbeihilfe auf die Betriebskosten – so wird auch bedürftigen Eigenheimbesitzern geholfen. Sie dankt auch allen Fraktionen für das Interesse und die Zusammenarbeit dabei.

Harald Trettenbrein (FPÖ) nennt die vielen Anträge und Initiativen, die in der Vergangenheit mit Verweis auf die Finanzierbarkeit abgelehnt wurden. Er kritisiert, dass 700 geplante Wohnungen noch nicht gebaut wurden. Auch den Fokus auf die Landeshauptstadt sieht er für die anderen Bezirke kritisch. Die Wohnbauhilfe sei zwar eine Hilfe in vielen Bereichen, die Teuerung bleibe aber.

Stefanie Ofner (ÖVP) meint, dass sie es schon geahnt habe, dass die Opposition „das Haar in der Suppe“ finden wolle. Der Begriff „politisches Kapital“ fällt nicht zum ersten und wahrscheinlich nicht zum letzten Mal am heutigen Tag. Sie zeichnet das Bild einer Alleinerziehenden, der durch die Wohnbeihilfe geholfen wird.

Gerhard Klocker (TK) weist auf die Rolle der eigenen Fraktion für die Novelle hin. Geld im Sozialbereich solle direkt bei den Betroffenen ankommen und nicht in der Verwaltung „versickern“. Er betont die Wichtigkeit, dass auch Eigentümer unterstützt werden können. Er fordert nun Online-Schulungen für die Gemeindemitarbeiter, damit es hier zu keinen Problemen kommt.

Gernot Darmann (FPÖ) kritisiert den (späten) Zeitpunkt und die „Showvariante“ der Wohnbeihilfe. In seinen Ausführungen ist der Wahlkampf nicht bloß Subtext, sondern Hauptdarsteller – thematisch ist alles dabei: ob Corona-Maßnahmen oder Russlandsanktionen, die er der (Bundes)-Regierung vorwirft. Er verweist auch abschließend auf den 29. September.

Herbert Gaggl (ÖVP), wünscht zu Beginn den jungen Kärntnern einen guten Schulstart – in Bezug auf den Wahlkampf steht er seinem Vorredner, der sich mit Zwischenrufen weiter einbringt, in nichts nach.

Marina Koschat-Koreimann (TK), legt den Fokus auf die Betriebs- und Heizkosten, die nun abgedeckt werden. Da ihre Partei nicht am 29. antritt, kommt sie auch ohne den sonst vorherrschenden Wahlkampf aus. Sie streicht die Folgen von Armut für Kinder hervor und weist auf die Ausweitung von Kinderbetreuungsangeboten hin.

SPÖ-Klubobmann Herwig Seiser lobt den „guten Tag für Kärnten“ und betont, dass es ja schon Unterstützung für Bedürftige gibt und nicht erst am 1.1.2025. Er dankt der Opposition für die Zusammenarbeit und lobt das „sozialdemokratische Herz“ von Köfer, gesteht Angerer zu, dass er „das Herz am rechten Fleck“ habe.

Blaue Geschäftsordnungskritik und Ehrerbietung
Erwin Angerer, „ein Freund lebhafter Debatten“, kritisiert das Verhalten des Landeshauptmanns, der wohl während der Rede von Gernot Darmann diesem den „Scheibenwischer“ gezeigt habe: „Ich habe es so wahrgenommen, die neue Kamera wird es dann zeigen.“ Landeshauptmann Kaiser entschuldigt sich. Zudem zweifelt Erwin Angerer die Richtigkeit der momentan laufenden Sitzung an.

Es folgt eine lebhafte Diskussion in einer „Stehpräsidiale“ über die Einberufung des Sonderlandtags für einen Dringlichkeitsantrag. Danach stellte Landtagspräsident Rohr klar, dass die Sitzung zwar formal korrekt. In einer Schweigeminute für die beiden kürzlich verstorbenen Kärntner Politiker und ehemaligen FPÖ-Landtagsabgeordneten Jörg Freunschlag und Gerhard Stangl würdigte der Landtagspräsident ihr Leben und ihren Beitrag – das gesamte Plenum erhob sich und zollte ihnen Respekt.

Wortmeldungen zur „Wohnbeihilfe neu“
Marika Lagger-Pöllinger (SPÖ) bringt konkrete Beispiele von Kärntnern, die auf finanzielle Unterstützung beim Wohnen angewiesen ist, denen die Neugestaltung hilft. 
Erwin Baumann (FPÖ) streicht hervor, dass die Wohnbeihilfe „nur ein Baustein“ für leistbares Wohnen in Kärnten sei und dass es auch Wohnbaumaßnahmen brauche. Er überreicht den Abänderungsantrag, dass die Wohnbeihilfe rückwirkend mit 1.1.2024 gelten solle.
Günter Leikam (SPÖ) weist explizit auf den großen Bestand von gemeinnützigen Wohnungen in Kärnten hin.

Markus Malle (ÖVP) beruhigt jene Mandatare und Kärntner, die befürchten, dass die Anträge nur digital und online möglich sind. Es gebe natürlich auch analoge Möglichkeiten, mit Blick in die Zukunft liege der Fokus aber auf der digitalen Variante.
SPÖ-Landesrätin Beate Prettner gratuliert Landes-Vize Gaby Schaunig zum „modernsten Wohnbeihilfemodell Europas“. Im Bereich leistbares Wohnen stellt sie London als Negativbeispiel „konservativer Politik“ dar – dort stellt übrigens die linke Labour Party seit acht Jahren den Bürgermeister. Auch sonst geht's bei ihr eher wahlkämpferisch zu.
Die gelobte Gaby Schaunig nennt den gemeinnützigen Wohnbau als Preisdämpfer für den Mietmarkt in Kärnten: „Hätten wir den gemeinnützigen Sektor nicht, würde es am privaten Markt ganz anders ausschauen.“ Sonst nennt sie Gründe, warum es nicht schneller mit neuen Wohnbauprojekten geht, und warum gerade jetzt die Wohnbeihilfe besonders wichtig ist.

Wahlkämpferische Antwort auf Prettner
Gernot Darmann (FPÖ) betont seine Dankbarkeit, dass man im Landtag diskutieren und miteinander reden kann – „im Gegensatz zu Wien“. Dann widmet er sich Prettner-Sagern zu BUWOG (Grasser und ÖVP) und Karin Kneissl (Schüssel, Leitl, Kern und Gusenbauer) beziehungsweise wieder den Russlandsanktionen, die seiner Meinung nach einen starken negativen Einfluss auf die Wirtschaft haben (offizielle Zahlen bestätigen das nicht unbedingt). Eine Begegnung auf Augenhöhe mit der kritisierten Landesrätin in Bezug auf den Wahlkampf.

Abschließende Abstimmung zur Wohnbeihilfe
Für die Abänderung, dass die neue Wohnbeihilfe rückwirkend mit 1.1.2024 gelten solle, stimmten nur FPÖ und Team Kärnten. Für das Hauptthema, die „Wohnbeihilfe neu“, stimmte dann der gesamte Kärntner Landtag einstimmig – damit können bedürftige Kärntner ab Anfang nächsten Jahres Anträge dafür stellen, sowohl digital als auch analog.

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