Letzte Sitzung

Ein wenig Wahlkampf, viele Abschiede im Parlament

Innenpolitik
18.09.2024 15:06

Der Nationalrat tagte am Mittwoch zum letzten Mal in seiner derzeitigen Zusammensetzung. Für rund ein Drittel der Abgeordneten heißt es, Adieu sagen von der politischen Bühnen. Manche nahmen es gelassen, andere mit Wehmut. Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka muss gehen. Inhaltlich dominierten das Hochwasser und die bevorstehende Wahl.

Viel Kritik musste der scheidende Finanzminister Magnus Brunner einstecken, schließlich hinterlässt er einen beachtlichen Schuldenberg und ein großes Budgetdefizit. Die Opposition hielt ihm auch die Rekordinflation und den Wirtschaftsabschwung vor. Brunner, der als EU-Kommissar nach Brüssel wechselt, habe von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kein Wirtschaftsressort bekommen, sondern Migration, weil man sich gedacht habe: „Egal was, er soll nur nichts mit Geld zu tun haben“, ätzte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer.

NEOS üben scharfe Kritik: Wir werden ärmer!
Ähnlich auch die NEOS-Abgeordneten Sepp Schellhorn und Karin Doppelbauer. Brunner hinterlasse ein wirtschaftliches Desaster. Die türkis-grüne Regierung habe mit der Gießkanne Geld verteilt und Österreich stünde jetzt vor einem riesigen Schuldenberg. Die nächste Regierung werde die Legislaturperiode mit einem Sparpaket beginnen. Die NEOS haben das Thema in der „Aktuellen Stunde“ aufgebracht. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger: „Wir befinden uns schon wieder in einer Rezession. Wir werden ärmer.“

Man brauche die nächste oder auch die nächsten zwei Legislaturperioden, um Österreich wieder nach vorne zu bringen. Das Fördervolumen Österreichs sei um 70 Prozent höher als vor der Pandemie, kritisierte sie, dass strukturelle Probleme „mit Geld beworfen“ würden. Veränderung würde ein von den Pinken präsentiertes Programm zur Einsparung von 20 Milliarden Euro ausgabenseitig schaffen, so Meinl-Reisinger.

Meinl-Reisinger hatte der Regierung einiges zu sagen (Bild: APA/EVA MANHART)
Meinl-Reisinger hatte der Regierung einiges zu sagen

ÖVP und Grüne versuchten ihre Rekordausgaben zu rechtfertigen beziehungsweise kleinzureden. Man habe in Zukunftsthemen und strukturelle Reformen investiert. Als Beispiel nannte Brunner die Abschaffung der kalten Progression oder den Finanzausgleich, in dem Mittel nun auch mit Reformen verknüpft würden. Mit einem Schuldenstand von 76 Prozent sei man auf dem Level von Schwarz-Blau in den Jahren 2017 und 2018, verteidigte Jakob Schwarz von den Grünen die Budgetpolitik der Regierung. Er warnte vor Einsparungen von Förderungen im Klimabereich und forderte stattdessen, klimaschädliche Subventionen abzuschaffen.

Aufregung um Kickls Hochwasser-Rede
Nicht besonders gut kam die Rede von FPÖ-Chef Herbert Kickl zum Hochwasser an. Er lehnte den von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) geforderten nationalen Schulterschluss ab und machte lieber Stimmung gegen die Regierung und deren Hilfsmaßnahmen. „Wenn die Fluten weg sind, kommt das Warten und das Warten ist für viele vergeblich.“ Die Opfer würden trotz vollmundiger Versprechen zu Bittstellern degradiert. Was es bräuchte, wäre ein Rechtsanspruch auf Schadensersatz.

Kickl sorgte mit seiner Rede für Ärger (Bild: APA/EVA MANHART)
Kickl sorgte mit seiner Rede für Ärger

Kickls Auftritt fand in den anderen Fraktionen wenig Anklang. VP-Generalsekretär Christian Stocker meinte, es wäre nicht Kickl, würde er nicht auch in solch einer Situation Gruppen gegeneinander ausspielen. Ein Rechtsanspruch würde den Erhalt von Hilfen auch nur in die Länge ziehen. Es sei bedauerlich, dass Kickl es nicht einmal heute schaffe, ohne Schaum vor dem Mund aufzutreten, so Meinl-Reisinger.

Streit um Scheitern von Biogasgesetz
Für schlechte Stimmung sorgt zusätzlich das Scheitern des Biogasgesetzes. Die Klubobleute der Koalition machten dafür die SPÖ verantwortlich, die zusätzliche Forderungen erhoben habe, die nicht erfüllbar seien. Die Sozialdemokraten reagierten empört. Sie sehen das Scheitern in koalitionsinternen Querelen begründet.

Kernpunkt der Novelle wäre gewesen, Gasversorger zu verpflichten, fossiles Erdgas schrittweise durch Biogas zu ersetzen. Für einen Beschluss hätte es das Ja von Sozialdemokraten oder Freiheitlichen gebraucht, da es sich um eine Verfassungsmaterie handelt. Die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit war schon vor der Sommerpause verfehlt worden. Nun ist das Vorhaben endgültig gescheitert. Die ÖVP wird darüber nicht sonderlich unglücklich sein, denn sie wurde von der Industrie wegen der befürchteten Mehrkosten unter Druck gesetzt.

Nach der Wahl am 29. September wird rund ein Drittel der heutigen Abgeordneten nicht mehr im Nationalrat sitzen. Darunter sind viele Prominente wie Nationalratspräsident Präsident Wolfgang Sobotka.

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