Explosionen in Nahost

Hisbollah schickte 140 Raketen, dann bebte Beirut!

Ausland
20.09.2024 22:40

Die Hisbollah hat nach den Explosionswellen im Libanon Vergeltung gegen Israel geschworen. Eine erste Phase des Gegenschlags begann am frühen Freitagnachmittag. Israels Antwort ließ nicht lange auf sich warten – dabei wurde offenbar ein hochrangiger Hisbollah-Offizier ausgeschaltet.

Auch zehn weitere Mitglieder der Hisbollah sollen getötet worden sein. Auf Videos in sozialen Medien waren verheerende Szenen in dem südlichen Vorort Beiruts zu sehen, mit beschädigten Häuserfassaden und zerstörten Autos. Das Gebiet gilt als Hochburg der Hisbollah.

Insgesamt gab es laut libanesischen Quellen zwölf Tote. Die israelische Armee teilte in einer Erklärung mit, dass etwa 60 Raketen aus dem Libanon auf die nordisraelische Stadt Sefad abgefeuert worden seien. In einer zweiten und dritten Welle folgten weitere Geschosse. Insgesamt seien 140 Raketen Richtung Israel geflogen, zuerst war die Rede von 150. Die meisten davon seien abgefangen worden, der Rest sei auf offenem Gelände niedergegangen, hieß es weiter.

Nach Angaben der israelischen Feuerwehr und des Rettungsdienstes brachen nach dem Raketenbeschuss aus dem Libanon kleinere Brände aus. Die Löschmannschaften seien vor Ort.

Israel erhöht den Druck
Zuvor überzog die israelische Luftwaffe den Libanon mit schweren Bombardements. Libanesische Sicherheitskreise sprachen von einer der schwersten israelischen Angriffswellen seit Beginn des gegenseitigen Beschusses im Oktober. 

Die Hisbollah erklärte, sie habe als Vergeltung für die israelischen Luftangriffe „Salven von Katjuscha-Raketen“ auf mindestens sechs „Armee-Hauptquartiere“ und Stützpunkte abgefeuert.

Israel nimmt Beirut ins Visier
Am Freitagnachmittag antwortete das israelische Militär mit neuerlichen Luftschlägen. Dieses Mal auch im Süden von Beirut, wie Videos in sozialen Medien nahelegen. Es seien zwei Explosionen zu hören gewesen. Dem Vernehmen nach sei ein hochrangiger Hisbollah-Offizier ins Visier genommen worden.

Der Chef der Elite-Einheit der Schiitenmiliz, Ibrahim Aqil, soll bei dem Schlag getötet worden sein. Der Angriff sei erfolgt, als er mit seinen Radwan-Kämpfern eine Sitzung abgehalten hat, berichtet unter anderen Reuters. Die israelischen Streitkräfte bestätigten die Tötung des Kommandanten.

Ibrahim Aqil gehört zu den Gründungsmitgliedern der Hisbollah und wirkte insbesondere im militärischen Flügel der schiitischen Organisation. Die USA hatten ein Kopfgeld in der Höhe von sieben Millionen Dollar (6,27 Mio. Euro) auf ihn ausgesetzt. Bereits Anfang der 90er-Jahre hatte Israel versucht, Aqil auszuschalten.

„Mein gesamtes Haus hat gebebt“, berichtete eine Bewohnerin der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Auf den Straßen herrschte Panik. Mehrere Krankenwagen waren im Einsatz. Lokalen Medien zufolge sollen mehrere Menschen bei den Explosionen im Süden der libanesischen Hauptstadt ums Leben gekommen sein, die Angaben unterscheiden sich jedoch stark. Laut Behördenangaben wurden mindestens zwölf Menschen getötet, 59 weitere seien verletzt worden, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit.

Im Süden Beiruts hat offenbar eine Rakete eingeschlagen. (Bild: AFP/Anwar AMRO)
Im Süden Beiruts hat offenbar eine Rakete eingeschlagen.
Menschen tragen eine Person aus dem beschädigten Gebäude. (Bild: AP/Bilal Hussein)
Menschen tragen eine Person aus dem beschädigten Gebäude.
Einige Männer ballen kämpferisch die Faust. (Bild: AP/Bilal Hussein)
Einige Männer ballen kämpferisch die Faust.

Das militärische Vorgehen vergrößert die Sorge vor einer möglichen Bodenoffensive Israels im Süden des Nachbarlands. Der jüdische Staat will die Hisbollah, die Israel das Existenzrecht abspricht, wieder aus dem Grenzgebiet verdrängen, um die Sicherheit seiner Bürger im Norden zu gewährleisten.

Zivilisten sollen Schutz suchen
Nach den schweren Gefechten forderte die israelische Armee Bewohner mehrerer Gemeinden und Städte im Norden Israels auf, sich in der Nähe von Luftschutzbunkern aufzuhalten. Zivilisten sollen sich außerdem am Wochenende von militärischen Übungsgebieten im Norden fernhalten.

Das Militär werde dort „Aktivitäten“ ausführen, für Unbefugte herrsche daher Lebensgefahr. „Es ist möglich, dass in nahe gelegenen Ortschaften Schüsse und Explosionen zu hören sein werden“, hieß es in einer Mitteilung der Armee.

Im israelisch-libanesischen Grenzgebiet kommt es beinahe täglich zu Raketenangriffen. (Bild: AFP/AMMAR AMMAR)
Im israelisch-libanesischen Grenzgebiet kommt es beinahe täglich zu Raketenangriffen.

Der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon hat sich deutlich zugespitzt, seit am Dienstag und Mittwoch unzählige Pager und Walkie-Talkies der schiitischen Miliz gleichzeitig explodierten. Bei den in zwei Wellen erfolgten Explosionen der Geräte wurden 37 Menschen getötet und fast 3000 weitere verletzt. Die pro-iranische Miliz macht Israel für die Attacken verantwortlich.

Blauhelme schlagen Alarm
Angesichts der schweren Kämpfe an der israelisch-libanesischen Grenze hat die UNO-Beobachtermission UNIFIL, an der auch das österreichische Bundesheer beteiligt ist, Freitag früh zur Deeskalation aufgerufen. „Wir sind besorgt über die zunehmende Eskalation jenseits der Blauen Linie und fordern alle Akteure auf, unverzüglich zu deeskalieren“, sagte UNIFIL-Sprecher Andrea Tenenti der Nachrichtenagentur Reuters unter Verweis auf die Grenzlinie zwischen dem Libanon und Israel.

In den vergangenen zwölf Stunden habe es eine „starke Intensivierung der Feindseligkeiten“ in dem UNIFIL-Einsatzgebiet gegeben, so der Sprecher.

Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte sich am Donnerstag „zutiefst besorgt“ über die jüngsten Entwicklungen im Libanon gezeigt. „Die Folgen einer weiteren Eskalation wären verheerend für die gesamte Region“, unterstrich der Minister am Abend auf X. „Die Sicherheit der UNIFIL-Friedenstruppe muss zu jeder Zeit garantiert sein!“

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