Die bekannte Farina-Mühle in Raaba-Grambach wird 100 Jahre alt – und ist auch nach dem Back-Boom während der Pandemie gut im Geschäft. Weshalb am Beginn eine Fluchtgeschichte stand und das alte Bild des Müllers nicht mehr stimmt.
Der ganz große Boom ist vorbei. Als das Corona-Virus das gesellschaftliche Leben lahm legte und die eigenen vier Wände zum fast ausschließlichen Aufenthaltsort wurden, da entdeckten viele Menschen ihre Liebe zum Backen – und die Nachfrage nach Mehl explodierte geradezu.
„Wir sind jetzt wieder auf dem Niveau von 2019“, sagt Bernhard Gitl, Vertriebsleiter bei der Farina-Mühle in Raaba. Und er wirkt dabei nicht bekümmert: Das Werk ist voll ausgelastet und läuft im Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr, es trudeln Bestellungen aus England, Litauen oder Polen ein, in Südösterreich ist man ohnehin unangefochtener Marktführer. Und laut Gitl sind zuletzt – nachdem die Inflation vielen Konsumenten zu schaffen gemacht hat – auch die Nachfrage nach Bio-Ware und das Bewusstsein für gute Lebensmittel wieder gestiegen.
Müller-Familie kam aus der Ukraine
Zu feiern gibt es südlich von Graz aber nicht nur wirtschaftliche Erfolge, sondern auch einen runden Geburtstag: Heuer wird die Farina-Mühle 100 Jahre alt. Gegründet wurde sie 1924 von der Müller-Familie Schedlbauer, die aus Odessa (in der heutigen Ukraine gelegen) in die Steiermark flüchtete. Es handelte sich damals um die erste Hartweizenmühle Österreich. In diesem Segment, in dem unsere italienischen Nachbarn als führend gelten (Stichwort: Pasta!), ist Farina auch heute noch die Nummer 1 in Österreich.
Die Marke Farina wurde 1964 eingeführt. Anfang der 90er-Jahre erfolgte der Ausbau des Standorts nahe dem Bahnhof Raaba, auch eine Weichweizenmühle kam dazu. Der Familienbetrieb wurde 2002 an die Vonwiller-Mühlengruppe verkauft, heute heißt diese Goodmills-Gruppe. Weitere Mühlen-Standorte in Österreich sind Schwechat und Rannersdorf (NÖ).
Wir produzieren pro Jahr 100.000 Tonnen Mehl. Die Hochsaison bis zum Advent beginnt jetzt.
Vertriebsleiter Bernhard Gitl
Romantisches Bild von einst ist längst überholt
Ein Besuch am Farina-Gelände in Raaba, von Weitem erkennbar am markanten Turm mit der großen Photovoltaikanlage auf der Fassade, führt aber auch vor Augen: Der Beruf des Müllers hat wenig bis gar nichts mit dem romantisch-verklärten Berufsbild von einst zu tun. Gitl: „Viele haben noch immer das Bild vom Mehlsack über der Schulter vor Augen. Dabei ist es ein moderner Beruf.“ Die Abläufe sind standardisiert und hochtechnisch, „wir müssen ja auch alle internationalen Lebensmittelstandards erfüllen“.
50 Mitarbeiter sind derzeit beschäftigt. Neue Müller am Markt zu finden ist keine einfache Aufgabe, auch die Suche nach Lehrlingen ist knifflig. Umso lieber präsentiert man Karrierewege wie jenen von Lisa Hierzer-Bacher, die vor 15 Jahren mit der Lehre begonnen hat und nun die Meisterschule besucht. Ihr Ziel: Betriebsleiterin zu werden.
Immer mehr Weizen aus dem Vulkanland
Der Klimawandel hat die regionale Verankerung von Farina in der Steiermark sogar noch verstärkt. Denn das südoststeirische Vulkanland ist laut Gitl mittlerweile das beste Weizenanbaugebiet Österreichs: „Die Böden bieten beste Qualität und höchste Erträge.“ 2009 begann eine Kooperation mit 35 Bauern aus dieser Region – Sorten wie Farina-Weizenmehl glatt bestehen aktuell bereits zu 100 Prozent aus Vulkanlandweizen.
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