Kulturszene am Wort

Unser Wahlmotto: „Mitdenken statt Raunzen!“

Oberösterreich
26.09.2024 17:00

„Mitwählen heißt Mitgestalten“, sagen prominente „Kulturmenschen“ aus Oberösterreich und rufen zum Urnengang auf. Die „Krone“ hat sich außerdem umgehört, wie weit sich die Ergebnisse einer Bundeswahl auch auf Oberösterreichs Kulturszene auswirken könnten.

Obwohl die Kultur ein Nebenschauplatz im aktuellen Wahlkampf ist, rufen Kulturschaffende geschlossen zum Urnengang auf. Man fühle sich schließlich mitverantwortlich, für „eine lebendige, vielfältige und kritikfähige Demokratie in diesem Land.“

Und: „Die Freiheit der Kunst ist auch die Freiheit aller“, so der Text, den auch prominente Museumsdirektorinnen und -direktoren mit Bezug zu Oberösterreich unterzeichnet haben, darunter Stella Rollig (früher Lentos, jetzt Chefin des Belvedere), der Innviertler Hans-Peter Wipplinger (Leopold Museum) sowie Hemma Schmutz (Lentos Linz).

Freie Wahlen sind ein junges Privileg
Die Linzerin Monika Sommer ist Direktorin des Hauses der Geschichte Österreich in der Wiener Hofburg. Sie betont gegenüber der „Krone“: „Freie Wahlen sind ein Privileg, das erst 79 Jahre jung ist. Wer wählen darf, sollte seine Stimme nutzen, um Österreichs Zukunft mitzugestalten.

Denn wählen gehen heißt mitbestimmen – also nicht raunzen, sondern mitdenken: Welche inhaltlichen Positionen sind in den nächsten fünf Jahren wichtig? Wer setzt sich dafür im Nationalrat ein?“

Hohe Wahlbeteiligung könnte Rechtsruck dämpfen
Der bekannte Linzer Kurator Gottfried Hattinger bringt es noch mehr auf den Punkt: „Wir müssen wählen gehen, weil wir sonst keine Wahl haben!“ Er will damit vor einem Rechtsruck warnen, der sich auch in der Kultur auswirken könnte.

Oona Valarie Serbest, Vorsitzende des Linzer Stadtkulturbeirats, ist davon überzeugt: „Die Ergebnisse dieser Bundeswahl könnten tiefe Auswirkungen in Oberösterreich haben. Schon jetzt beobachten wir eine zunehmende soziale und wirtschaftliche Polarisierung, die sich auch im kulturellen Sektor widerspiegelt.“

Kulturpolitik mit Blick auf die Gegenwart
Thomas Diesenreither, Geschäftsführer der KUPF OÖ, hofft dennoch, dass es unter der künftigen Regierung weiter eine „progressive Kulturpolitik gibt, die Zeitgenössisches fördert“. Die aktuelle „Kunst- und Kulturstrategie“ des Bundes, die einerseits kulturpolitische Leitlinien festlegt, andererseits u. a. die gezielte Auseinandersetzung mit ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen fördert, sollte „nicht in der Schublade landen“.

Thomas Diesenreiter (von li. nach re.), Oona Valarie Serbest, Thomas Baum, Elisabeth Schweeger (Bild: Reinhard Winkler, Markus Wenzel, Petra Moser, Harald Dostal)
Thomas Diesenreiter (von li. nach re.), Oona Valarie Serbest, Thomas Baum, Elisabeth Schweeger

Es könnte wieder Stillstand kommen
Thomas Diesenreiter vertritt als Geschäftsführer der KUPF rund 134 große und kleine Kulturvereine in Oberösterreich. 
„Krone“: Wird sich die Nationalratswahl auf die Kulturszene in OÖ auswirken?
Diesenreiter: Direkt nicht, aber über den Umweg Budgetverteilung schon. Ein Drittel unserer Mitglieder bekommt Förderungen vom Bund, zwei Drittel nicht, denen kann es egal sein. In vergangenen schwarz-blauen Perioden ist meist nicht viel weitergegangen, es ist aber auch nicht so viel Negatives passiert. Es war mehr Stillstand.“

Nur eine Vielfalt macht uns stark
Elisabeth Schweeger, Kulturhauptstadt-Intendantin, sieht Kultur als wichtiges Instrument für Demokratie.

„Krone“: Es geht bei einem Format wie der Kulturhauptstadt Europas nicht nur um Veranstaltungen, sondern auch um Dialog?
Schweeger: Ja, um einen Diskurs und, damit verbunden, um ein humanes, praktisches Handeln zu ermöglichen, das macht autokratische Strukturen überflüssig.
Populistische Strömungen blockieren?
Sie sind kontraproduktiv, weil sie mit Ausgrenzung operieren, mit einfachen Antworten, die der Komplexität unserer Welt nicht gerecht werden können.

Druck im Bereich Kultur ist groß
Oona Valarie Serbest ist Künstlerin, Kulturmanagerin (FIFTITU%) und Vorsitzende des Linzer Stadtkulturbeirats. In ihren Augen wird sich das Wahlergebnis auch auf die Kultur in OÖ stark auswirken.

„Krone“: Sie beraten täglich Kunstschaffende. Wie ist die Stimmung?
Serbest: Schon jetzt beobachten wir eine zunehmende soziale und wirtschaftliche Polarisierung, die sich auch im kulturellen Sektor widerspiegelt. Steigende Eintritts- und Getränkepreise machen es vielen Menschen schwer, an Kulturveranstaltungen teilzunehmen. Laufende Kosten wie für Miete, Strom und Produktionsmittel sind für Künstlerinnen, Künstler und Kulturinstitutionen kaum noch zu stemmen.
Was sollte nach der Wahl nicht passieren?
Wenn die neue Regierung keine gezielten Maßnahmen zur Förderung der Kultur und zur Sicherung der Arbeitsbedingungen ergreift, könnten wir eine Verarmung der Kulturlandschaft erleben.

Freiheit der Kunst ist hoher Wert
Thomas Baum ist erfolgreicher Drehbuchautor („Der Winzerkönig“), Schriftsteller und Supervisor. Er spricht konkrete Befürchtungen an.
„Krone“: Sehen Sie die Freiheit der Kunst, ein sehr hoher Wert in unserer Gesellschaft, in Gefahr?
Baum: Schauen wir in unser Nachbarland: Mit der regierungsfreundlichen Besetzung von kulturellen Führungspositionen wird in Ungarn direkt Einfluss auf die Freiheit der Kunst genommen. Sogar Inhalte von Büchern werden zensuriert. Wir dürfen uns in Österreich keine Illusionen machen: Die FPÖ wird jede Gelegenheit nützen, um auch im Kunst- und Kulturbereich den demokratiefeindlichen Rückschritt voranzutreiben.

 

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