Weil die Stadt Graz Fristen für Erstellung eines Bebauungsplans um Jahre verstreichen ließ, fordert erster Bauträger Schadenersatz – es geht um bis zu zehn Millionen Euro! Die Wirtschaftskammer will nun eine Gesetzesänderung.
Jetzt ist der Geduldsfaden gerissen. Man schrieb das Jahr 2017, als Hannes Schreiner (Techno Park Raaba) für sein Grundstück am Bahnhofgürtel um einen Bebauungsplan ansuchte. Mehr als sieben Jahre später hat er diesen noch immer nicht am Tisch – obwohl der Plan laut Gesetz binnen 18 Monaten verordnet werden muss. Wie berichtet, bekam er vom Verfassungsgerichtshof Recht, die Bebauungsplanpflicht wurde aufgehoben.
Nun zieht er neuerlich gegen die Stadt vor Gericht: „Wir sind am Finalisieren der Klage auf Schadenersatz, werden diese im Herbst einreichen“, stellt der Unternehmer klar. Laut Schreiner beträgt die Schadenssumme zwischen 7,5 und zehn Millionen Euro. „Ich kann nur hoffen, dass der Herr Finanzstadtrat schon dementsprechende Rücklagen gebildet hat.“ Bei fünf weiteren Projekten von ihm sei die Bebauungsplanfrist ebenfalls bereits überschritten.
Mindestens 80 Verfahren anhängig
Und damit steht Schreiner nicht alleine da. „Meines Wissens sind aktuell mindestens 80 Verfahren für Bebauungspläne beim Stadtplanungsamt anhängig“, sagt WKO-Fachgruppen-Obmann Gerald Gollenz. „Und wenn man bedenkt, dass pro Gemeinderatssitzung zwei Pläne behandelt werden, kann man sich ausrechnen, wie lange das dauern wird, diese Menge abzuarbeiten.“
„Die Grazer Politik hat in der Bauwirtschaft einen Feind gefunden – das ist einer Landeshauptstadt einfach nicht würdig.“
Josef Herk
Präsident WKO Steiermark
Bild: Christian Jauschowetz
Um die überlangen Bauverfahren in den Griff zu bekommen, fordert die Wirtschaftskammer jetzt eine Novelle des Raumordnungsgesetzes – zum einen geht’s um eine Festlegung des exakten Beginns des Fristenlaufs, außerdem um einen gesetzlichen Automatismus, wonach ein Verstreichen der Frist ein Auslaufen der Bebauungsplanpflicht bewirkt. „Und Gesetze gelten auch für die Stadt Graz. Aktuell scheint ja der politische Zugang zu sein, Arbeitsplätze zu verhindern“, schüttelt WKO-Präsident Josef Herk den Kopf.
„Nicht jeder Baukran ist böse. Hier geht’s schließlich um Wohnraum und nicht zuletzt um Tausende Arbeitsplätze.“
Gerald Gollenz
WKO-Fachgruppenobmann
Bild: WKO/Oliver Wolf
Wohnbau in Graz geht stark zurück
Der Regionalstellenobmann Bernhard Bauer verweist auch auf die insgesamt rund 18.000 Beschäftigten rund ums Baugewerbe allein in Graz – „und man darf nicht außer Acht lassen, dass Graz die am stärksten wachsende Stadt Österreichs ist und weiter wachsen wird.“ Deshalb werde es weiteren Wohnraum brauchen. „Allerdings werden in den nächsten zwei Jahren nur 500 Wohnungen in Graz gebaut“, sagt Gollenz.
Stadt „hochqualitativ weiterentwicklen“
Um die Verfahren zu beschleunigen, schlägt die WKO vor, auch auf externe Experten zurückzugreifen. Dies lehnt man seitens der Stadt ab. Die verantwortliche Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) plädierte beim Land sogar für eine Verlängerung der gesetzlichen Frist. „Wir wollen daran festhalten, die Stadt hochqualitativ weiterzuentwickeln.“
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